Theater an der Gumpendorfer Straße
"Heinrich 5" landet in der Gegenwart
Das Theater an der Gumpendorfer Straße beleuchtet in einer Neufassung von "Heinrich V." wie Kriege starten. Dabei darf der dunkle Humor natürlich nicht fehlen.
WIEN/MARIAHILF. Seit jeher wirft Krieg als ständiger Wegbegleiter menschlicher Zivilisationen die immer gleichen Fragen auf: Was treibt jemanden dazu, ein anderes Land zu überfallen und dessen Bewohnerinnen und Bewohner abzuschlachten? Wie hätte das verhindert werden können? Wie schafft man dauerhaft Frieden?
Diese Fragen trieben schon William Shakespeare um, als er seinen Königsklassiker "Heinrich V." schrieb. Mehr als 400 Jahre später haben sich die politischen Verhältnisse in Europa stark verändert. Doch wie Gernot Plass’ Neuadaptierung "Heinrich 5" im Theater an der Gumpendorfer Straße (TAG) zeigt, hat Shakespeares Werk in der Zwischenzeit nichts von seiner Relevanz eingebüßt.
Lektion in Selbstdarstellung
Die Entscheidung für den Krieg wird im Stück schon früh getroffen. Das Publikum wird zu Beginn mit einer wichtigen Besprechung der Regierung begrüßt. In dieser beraten der britische Monarch (Raphael Nicholas) und seine engsten Vertrauten, wie man den Krieg beginnt und wie man das Volk darauf vorbereitet.
Die wichtigen Männer sind immer noch Adelige, wenn sie auch in identischen Firmenanzügen gekleidet und mit moderner Sprache ausgestattet sind. Der eigentliche Grund für dieses Vorhaben – Heinrichs zeitweise gekränktes Ego und die Geldgier seiner Vertrauten – rückt dabei relativ schnell in den Hintergrund.
Komödie in der Propaganda
Dementsprechend nimmt nicht die brutale Realität der Kriegshandlungen den Fokus der Neuadaptierung ein, sondern die Frage, wie man den Krieg als eine noble Sache an die britische Bevölkerung verkaufen kann. Denn nur so lassen sich dieser legitimieren, Soldaten rekrutieren und die eigenen Gräueltaten herunterspielen.
Zwecks Propaganda inszeniert die britische Regierung einen französischen Terroranschlag an der eigenen Bevölkerung. Der PR-Chef (Andreas Giada) macht anschließend Selfies mit den Leichen der "Verräter", denen man die Tat zugeschoben hatte. Die Handyfotos, mit denen die heldenhaften Taten von Heinrich festgehalten werden, sind ohnehin zentraler Teil der Inszenierung.
Begleitet wird die Darstellung der grimmigen Biegung der Realität durch selbstgefälliges höfisches Gebaren und freche Witze, die verstohlene Lacher aus dem Publikum kitzeln. Dabei schaffen es Plass und sein kleines Ensemble, den limitierten Bühnenplatz effektiv durch mehrere Fernseher sowie den atmosphärischen Einsatz von Licht und Hintergrundmusik zu nutzen.
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