100 Jahre Republik
Wegbereiter unserer Republik
Die Namen vieler Gassen- und Straßenzüge in unserem Bezirk erinnern an Protagonisten unserer Republik. Darunter befinden sich bekannte und auch weniger bekannte Namen. Durchwegs bekannt ist beispielsweise Dr. Karl Renner, nach dem in Baumgarten eine Gasse und in Mattersburg sogar ein ganzer Platz benannt ist.
Der sozialdemokratische Politiker und Jurist Dr. Karl Renner war nach dem Ersten Weltkrieg und dem Zusammenbruch der Monarchie von 1918 bis 1920 als Staatskanzler maßgeblich am Entstehen der Republik Österreich beteiligt und leitete auch die österreichische Delegation bei den Verhandlungen in Saint-Germain.
Seine Rolle im späteren Verlauf der Geschichte ist allerdings nicht unumstritten – er war im Jahr 1938 der bedeutendste sozialdemokratische Befürworter des "Anschlusses" Österreichs an das Nationalsozialistische Deutsche Reich. Das NS-Regime wurde von Renner allerdings dezidiert abgelehnt.
Sozialdemokrat Ludwig Leser
Auch der Name Ludwig Leser ist vielen Burgenländern ein Begriff. Der gebürtige Neufelder war bereits in der Monarchie politisch aktiv und hatte nach dem Anschluss des Burgenlandes an Österreich von 1922 - 1934 den Posten des LH-Stellvertreters inne. Mit Etablierung des austrofaschistischen Ständestaates floh der Sozialdemokrat in die Tschechoslowakei, wo er im August 1939 von der Gestapo verhaftet, nach sechs Wochen aber wieder entlassen wurde. Ab hier wird auch seine Rolle in der Geschichte fragwürdig: Ab 11. Oktober 1939 arbeitete Leser als V-Mann unter dem Decknamen "Lederer" mit der Gestapo zusammen. Ob dies freiwillig geschah oder unter Zwang, ist nicht bekannt.
Nach Kriegsende hatte Ludwig Leser wesentlichen Anteil an der Wiedererrichtung des Burgenlandes. Von 1. 10. 1945 bis 4. 1. 1946 war er erster, provisorischer Landeshauptmann des Burgenlandes in der Zweiten Republik und anschließend bis zu seinem Tod im Oktober 1946 wieder LH-Stellvertreter.
Nach Ludwig Leser ist sowohl in Schattendorf als auch in Mattersburg eine Gasse benannt.
Vergessener Held Ignaz Till
Nur den wenigsten dürfte bekannt sein, um wen es sich bei Ignaz Till handelt, nach dem eine kleine Gasse am Ortsrand von Baumgarten benannt ist. Der aus Frauenkirchen stammende Till war Gründungsmitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Burgenland und war von 1926 - 1934 LH-Stellvertreter.
Im Zuge der Niederschlagung der Februarkämpfe im Jahr 1934 und des Verbots der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei verlor Till seine Mandate. Zwischen 1934 und 1938 war Ignaz Till 13 Monate in Haft. Am 20. September 1944 wurde er in das KZ Dachau verschleppt, wo er bis zur Befreiung am 5. Mai 1945 inhaftiert war. Im Juli 1945 kehrte er nach längerem Spitalsaufenthalt ins Burgenland zurück und wurde provisorischer Landesparteiobmann der SPÖ, verstarb jedoch bereits im Oktober 1945
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