Nachbarn werden zur Community
Mit der Online-Plattform FragNebenan können sich Grätzelbewohner in ganz Wien vernetzen.
Das Problem ist weit verbreitet: Man lebt Tür an Tür, aber bis auf einen kurzen Gruß am Gang weiß man kaum etwas von den Nachbarn. Genau diese Beobachtung stimmte Stefan Theißbacher, der aus einer kleinen Kärntner Gemeinde nach Wien zog, um hier zu studieren, nachdenklich: „Ich bin in Kärnten ganz anders aufgewachsen. Wenn man Unterstützung gebraucht hat, war es klar, an wen man sich wendet. Anfangs habe ich die Anonymität der Großstadt genossen. Aber in dem Moment, an dem ich mich dazu entschieden habe, in Wien zu leben, habe ich diese Situation als Mangel empfunden. Denn man fühlt sich viel eher zu Hause, wenn man die Menschen kennt, die um einen herum leben.“
Kontakt zwischen den Bewohnern eines Hauses erleichtert
In einem fünfköpfigen Team erarbeitete Theißbacher die Online-Plattform „FragNebenan“, die den Kontakt zwischen den Bewohnern eines Hauses und der in einem Radius von 750 Metern lebenden Anrainer erleichtern soll.
Die zuvor nur in einzelnen Bezirken verfügbare Plattform ist seit 21. Jänner in ganz Wien freigeschaltet.
Die Anmeldung in das virtuelle Netzwerk ist gratis und erfolgt über die Registrierung mit der Adresse, die über das Hochladen eines Meldezettels belegt werden muss. Wenn der nicht zur Hand ist, kann eine Postkarte angefordert werden, die einen Code enthält, um die eigene Adresse auf der Plattform zu bestätigen.
Austausch über das Grätzel
Auf der Plattform können die Bewohner untereinander Privatnachrichten verschicken, Fragen wie nach einem guten Hausarzt oder einem Handwerker posten, oder Empfehlungen abgeben.
„Das kann besonders Neuzugezogenen helfen, sich in der Gegend besser zurechtzufinden. Aber auch das Thema Verleihen spielt eine große Rolle“, sagt Theißbacher. „Empfehlungen sind wichtig für Menschen, die umgezogen sind und neu in der Gegend sind. Wenn ich ausmalen will, kann ich zum Beispiel an alle Bewohner des Hauses die Frage stellen, ob jemand eine Leiter hat. Dann beginnt das Ganze zwar online, aber es kommt schnell zu einem echten Kontakt. Das Thema Verleihen spielt eine große Rolle, und wir glauben, dass solche Anfragen später noch stärker werden, wenn die Leute mehr Vertrauen zueinander entwickelt haben.“
Anders als Facebook
Das Prinzip von „FragNebenan“ funktioniert daher anders als gängige soziale Netzwerke. Theißbacher: „Bei Facebook ist es so, dass echte soziale Kontakte in den Online-Bereich übertragen werden. Man kennt sich zuerst im echten Leben, und vernetzt sich dann auf Facebook. Bei uns ist es der entgegengesetzte Weg. Wir vernetzen Leute, die sich noch nicht kennen, auf der Basis ihres Wohnortes. Durch die Überprüfung der Adresse garantieren wir, dass dann nur Leute mitlesen, die auch wirklich dort wohnen. Danach kann jeder einen User-Namen wählen, da wir das Feedback bekommen haben, dass nicht jeder mit seinem vollen Namen erscheinen will.“
Damit sich auch ältere Menschen, die keinen Internetzugang haben, an dem Austausch im Haus beteiligen können, denkt das „FragNebenan“-Team an das Aufkleben von Stickern an der Wohnungstür oder auf dem Postkasten, um damit zu erkennen zu geben, dass man an Kontakt mit den Nachbarn interessiert ist.
Kooperationen mit Hausverwaltungen
Laut Theißbacher will man das Netzwerk nicht durch klassische Werbung finanzieren. Es sollen Kooperationen mit Hausverwaltungen erfolgen, die zwar für die Bereitstellung von Informationen nichts zahlen, aber nur kostenpflichtig mit den Hausbewohnern kommunizieren können. Als zweite Erlösquelle wird an gemeinschaftliches Einkaufen gedacht, wodurch die Hausbewohner durch Mengenrabatte Kosten sparen, und „FragNebenan“ eine Provision an den Dienstleister verrechnet.
Link: fragnebenan.com
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