Ziesel und andere Kleinsäuger
"Am gefährlichsten ist Bodenversiegelung"
Das Ziesel ist unser heimisches Pendant zum Murmeltier in der Alpenregion.
ST. ANDRÄ AM ZICKSEE. Die RegionalMedien Burgenland trafen Elke Schmelzer, Biologin in der St. Martins Therme & Lodge, deren Steckenpferd seit jeher die Kleinsäuger sind, zum Interview über Ziesel und andere heimische Vertreter am Campingplatz der Gemeinde St. Andrä am Zicksee.
Gritsch, Zeisel und Alpenmurmeltier
Sowohl Murmeltier als auch Ziesel sind Nagetiere und gehören zur Familie der Hörnchen. Bis auf den Größenunterschied zum "Cousin aus den Alpen" weisen Ziesel, Murmeltier und Feldhamster die gleichen Merkmale auf: Die Augen liegen fast an der Schädeldecke auf, um sich vom Bau heraus gut zu orientieren, die Ohren sind klein und hinten, damit sie gut unter der Erde damit zurecht kommen und ganz wichtig sind die ausgebildeten Krallen für die grabende Tätigkeit. Mit dem Feldhamster teilt sich das Ziesel die östliche Region Österreichs, also Wien, Niederösterreich und das Burgenland. Die geringste Individuendichte an Zieseln habe mittlerweile das Burgenland – derzeit seien im gesamten Bundesland nur mehr zwischen 2.000 und 2.500 Individuen zu finden, so Schmelzer.
Auch im Nahrungsplan ähneln sich die drei Nager und sind wie der lateinische Name des Ziesels "Spermophilus Citellus" Samenfreunde, verschmähen bei Eiweiß-Bedarf manchmal auch Raupen oder Schnecken nicht.
"Interessant ist, dass man in heimischen Ried- oder Straßennamen die alte bzw. Mundart-Bezeichnung von Ziesel (Zeisel) – Zeiselberg in Weiden am See – und Feldhamster (Gritsch) – die Gritschmühle – findet", erklärte Schmelzer amüsiert.
Eine echte Steppenart
Schmelzer beschreibt die Ziesel als eine sehr sensible Art. Sie bekommen nur einmal pro Saison Jungtiere – im Gegensatz zum Feldhamster, der bis zu viermal im Jahr trächtig sein kann – und sind echte obligate Winterschläfer. Das heißt, sie müssen mit ihrer Energie sehr gut haushalten und sich über die Wintermonate genügend Fettreserven anfressen. Auch hier liegt ein Unterschied zum Feldhamster, der während dem Winter auch manchmal erwacht um sich zu stärken bzw. in seinen bekannten Hamsterbacken viel Nahrung in den Bau einträgt und lagert. Eine kleine Form dieser Backen nutzt auch das Ziesel, um Nestmaterial in den Bau zu tragen. Allgemein haben Ziesel sehr genaue Lebensraumansprüche. Sie brauchen tiefgründige Böden ohne zu hohe Feuchtigkeit oder Felsen im Erdreich. Weiters halten sie sich nur in ebenen Flächen mit sehr kurz gehaltenem Gras auf. Das Ziesel ist somit also eine echte Steppenart und kommt auch in der heimischen Steppe vor, etwa in der Hutweide rund um die Lange Lacke bei Apetlon. Dort herrsche lt. der Biologin jedoch Unverständnis über die geringe Population, denn die Trockenheit der letzten Jahre würde den Bereich als Ziesel-Habitat begünstigen.
Von der Vieh- hin zur Landwirtschaft
Auf den riesigen Hutweidengebieten der Viehbetriebe fühlt sich das Ziesel sehr wohl. In der Zwischenkriegszeit wechselte man im Burgenland jedoch von der Vieh- vermehrt hin zur Landwirtschaft, so Schmelzer. Dadurch habe sich der Lebensraum vom Ziesel dahingehend verändert, dass es heute sehr auf den Menschen angewiesen ist. Zu beobachten ist dies am Spielplatz beim Campingplatz in St. Andrä am Zicksee oder auf Flugplätzen. Diese Sekundärlebensräume vom Ziesel werden von Menschen gepflegt. Im Burgenland gebe es aber eigene Schutzgebiete, wie etwa die Parndorfer Heide. Aber selbst dort kämen die Tiere oft in Konflikt mit uns Menschen, da beide gerne die gleichen Lebensräume besiedeln, erklärte Schmelzer. Der Feldhamster hingegen war durch den Wechsel zur Landwirtschaft kurzfristig der Gewinner, und fand die wahrliche "Kornkammer" vor, was sich in einem extremen Populationszuwachs deutlich machte. Ganz besonders am Feldhamster sei seine tiefschwarze Färbung am Bauch, so Schmelzer.
"Dass der Bauch dünkler ist als der Rücken gibt es bei den Säugetieren weltweit nur beim Feldhamster. Den Grund dafür hat man auch erst spät, in den 50er Jahren, herausgefunden. Wenn Gefahr droht ist der Feldhamster sehr wehrhaft, hilft aber sonst nichts mehr kann er sich ohnmächtig stellen und legt sich dabei auf den Rücken. Seine schwarze Fellzeichnung samt weißer Flecken am Bauch erinnert dabei an ein Maul mit Fangzähnen und soll so den Jäger abschrecken."
Entfernte und für sich lebende Kolonien
Sieht man sich das Burgenland an, gebe es aktuell nur mehr einzelne Punkte, wo sich Ziesel aufhalten. Diese reichen vom Bezirk Neusiedl bis in die Gegend von Deutschkreutz und Neckenmarkt. Aber die Verbindung der einzelnen Kolonien sei heute leider nicht mehr gegeben, so Schmelzer. Gemeinsam mit Barbara Herzig-Straschil, die bereits in den 1970er Jahren ihre Dissertation über das Ziesel schrieb, beobachte Schmelzer, dass die Kolonien mittlerweile sehr weit voneinander entfernt und gleichzeitig sehr für sich leben.
Gefahren für die Kleinsäuger
Außerdem ergehe es einigen schlecht, was an fehlenden Pflegemaßnahmen, wie Verbuschung, Aufforstung und daraus resultierendem Lebensraumverlust liege. Ein Thema seien dabei Flächen, die von Zieseln bevölkert sind, auf welchen aber schon seit langem Widmungen für Bauplätze herrschen, die nun genutzt werden wollen. So wird oft über Nacht der Lebensraum der dortigen Ziesel zerstört, denn die Besitzer wüssten meist nicht einmal über die dortige Kolonie Bescheid, so die Biologin. In den aktuellen Starkregen-Ereignissen sieht Schmelzer ein weiteres Problem für die heimischen Kleinsäuger. Kann sich das Ziesel an die Trockenheit zwar sehr gut anpassen und stellen gemäßigte Wassermengen kein Problem für die unterirdischen Gänge dar, überfluten akute Starkregen-Ereignisse diese unerwartet. Dabei spielen Hunde eine gefährliche Rolle, denn sie graben trichterähnliche Löcher bei den Bauten, was das Wasser noch schneller eintreten lasse.
"Alle Kleinsäuger – Murmeltier, Ziesel, Hamster – haben durch den Lebensraumverlust mit dem Überleben zu kämpfen", fasste Schmelzer zusammen.
Mensch und Tier können miteinander auskommen
Sie wünsche sich mehr punktuelle Schutzgebiete, wie etwa auf der Parndorfer Platte, für die Zieselpopulationen etwa in der Trausdorfer Heide oder dem Gebiet um den Darscho bei Apetlon. Hierbei spielen aber erneut Besitz-Rechte eine Rolle. Die Pflege sei jedoch auf allen Flächen, auf denen sich Ziesel aufhalten, ausschlaggebend. So werden etwa am Truppenübungsplatz in Bruckneudorf Stellen temporär und kontrolliert abgebrannt, um trockene Flächen zu generieren.
"Es wird für das Ziesel stellenweise viel getan, aber wo viel Leben ist, wo viel Erholungssuchende sind, wird es für sie immer schwieriger und sie werden vermehrt zurückgedrängt", zeigte sich Schmelzer einerseits hoffnungsvoll aber auch pragmatisch.
Das schlimmste seien natürlich versiegelte Flächen. Dahingehend würde die Biologin statt Beton-Parkplätze Wiesenflächen empfehlen, wie es etwa in St. Margarethen bereits erfolgreich gemanagt werde.
"Unter Einhaltung bestimmter Regeln können Ziesel und Mensch durchaus gut nebeneinander herleben", so Schmelzer abschließend.
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