Schokoladenfabrik Hauswirth
Von "der großen Stadt" zurück nach Kittsee

Bereits in dritter Generation führt Roman Hauswirth (rechts im Bild) mit seinem Bruder Peter den Familienbetrieb – derzeit liegt das Interesse seines jüngsten Sohnes noch in der Archäologie. | Foto: Kathrin Haider
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  • Bereits in dritter Generation führt Roman Hauswirth (rechts im Bild) mit seinem Bruder Peter den Familienbetrieb – derzeit liegt das Interesse seines jüngsten Sohnes noch in der Archäologie.
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KITTSEE. Roman und Peter Hauswirth erzählen im Interview von den drei Phasen der familiären Schokoladenfabrik und was für die Zukunft in Kittsee geplant ist.

BEZIRKSBLÄTTER: Ursprünglich war ja eine Konditorei in Wien das Herzstück der Familie, wie kam es zu der Entscheidung für die Produktion von Schokofiguren und Konfekten, und damit zur Spezialisierung vom Handel hin zur Produktion?
ROMAN HAUSWIRTH: Fangen wir mal wirklich von vorne an: Angefangen wurde mit der Konditorei in Wien, aber irgendwie doch in Kittsee. Der Urgroßvater hatte drei Söhne – alle drei hatten das Glück, den Krieg zu überleben, obwohl sie alle an der Front waren. Der Leopold, der älteste Bruder, hat das Wirtshaus übernommen. Und mein Großvater war dann ein sogenannter „weichender Wirtensohn“: Er musste dem älteren Bruder weichen und das Wirtshaus verlassen.
Er wollte ursprünglich kochen, aber in der Zwischenkriegszeit war das nicht so einfach. Dann hat er eine Stelle als Konditor angenommen, um vielleicht später eine Stelle als Koch zu bekommen. Nur ist ihm der Krieg dazwischen gekommen. Als Schwerstverwundeter hat er das Kriegsende im Lazarett überlebt und dann im Badner Raum, wo das Lazarett war, auch meine Großmutter kennengelernt.
Mit ihr hat er sich anschließend in Wien mit einer Konditorei selbstständig gemacht. Dort haben sie Schokoformen gefunden. 1949 haben wir begonnen. Als die erste Schokolade nach Österreich importiert wurde, hat sich mein Großvater natürlich auch für die heißbegehrte Ware angestellt und hat Figuren draus gemacht. Die fanden natürlich heißen Absatz, denn jahrelang hatte man keine Schokolade mehr. Und 1951 war das ja das Ostergeschenk schlechthin fürs Enkerl.
Diese Art der Produktion hat sich ständig besser entwickelt. Damals hat der Großvater das Schokoladegeschäft von Montag bis Samstag, das Konditoreigeschäft von Dienstag bis Sonntag gehabt, über etliche Jahre ohne einen freien Tag in der Woche. Das schlug sich aufs Gemüt und man fiel die Entscheidung, nur einen Teil zu behalten. Und man hat sich für die Schokoladeproduktion entschieden.
Auch wurden Mitarbeiter in Wien immer knapper und bei uns am Land hat es viele arbeitswillige Leute gegeben, aber nicht wirklich Transportmöglichkeiten in „die große Stadt“. Damals gab es noch einen Dorftrommler in den späten 50er Jahren und der hat in Kittsee rausgetrommelt: „die Firma Hauswirth sucht 40 Mitarbeiter“. Darauf haben sich etwa 240 gemeldet. Eine Traumzahl zu heute. Wenn man heute Mitarbeiter und vor Allem Lehrlinge sucht, ist es schwierig, geeignete Kandidaten zu finden.
Der Großvater hat dann in Kittsee begonnen und sukzessive die Produktion – das hat sich durch den Eisernen Vorhang usw. doch lange gezogen – hierher verlegt. Damals hat sich jeder über diese Entscheidung gewundert. Man musste alles Material von „der großen Stadt“ zu uns karren, technische Fachkräfte waren am Land rar gesät, weil auch die Ausbildungsmöglichkeiten hier am Land in weiten Strecken nicht so gegeben waren. Und plötzlich ging die Grenze auf und wir befanden uns inmitten von Europa, mit einem der Top-Standorte schlechthin.
PETER HAUSWIRTH: Der Großvater hat damals 8.000 qm Grund von der Gemeinde genommen – am jetzigen Betriebsstandort – und war der Meinung, das reiche bis in alle Ewigkeit, aber heute haben wir 50.000 qm. Er hätte vielleicht ein bisschen frecher sein sollen damals.


Also lag damals noch das Hauptaugenmerk des Verkaufs auf Österreich?

ROMAN: Es war ja damals eine wundervolle Aufbruchsstimmung in den 60er und 70er Jahren.
PETER: Ich mache gerne eine Dreiteilung, weil wir ja auch in der dritten Generation sind. Die erste Generation war der Großvater, der war der Gründer, der hat quasi die Schokoladenproduktion angefangen, der Vater war dann derjenige, der sie maschinell auf Vordermann gebracht hat, quasi industrialisiert hat, und der Roman und ich, wir haben es internationalisiert.
Wir haben mit sehr jungen Jahren bereits angefangen, die internationalen Messen zu besuchen, im Prinzip sind das eh nur zwei, die sind in Köln, das ist gut für uns. Der Roman war 17 Jahre alt bei seiner ersten Messebeteiligung. Damals hatten wir null Export, also es gab es, aber ganz exotisch und vernachlässigbar.
ROMAN: Paul Landauer, ein österreich-stämmiger Australier hat immer ein paar Produkte aus der alten Heimat mitgenommen, darunter unsere Ostereier.
PETER: Aber vernachlässigbar, nichts eigentlich. Also wir haben das damals begonnen. Vom Vater war es früher als „rausgeschmissenes Geld“ abgetan. Der Export war nicht wichtig. Wir hatten zu Beginn einen 6 qm Stand auf der Messe und keiner hat uns wirklich wahrgenommen. Irgendwann haben wir eine größere Menge verkauft und dann kam unser Vater mit und hat den Messeauftritt vergrößert.
ROMAN: Gleich mit der Grenzöffnung war der Handel noch nicht so weit. Mittlerweile machen wir 2/3 des Umsatzes im Export. Die Hauptabnehmer sind die Europäische Union – vor Allem die Gebiete der ehemaligem Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Außerhalb der EU sind es hauptsächlich Länder mit christlichem Hintergrund.
PETER: Die Messe ist dabei natürlich toll, weil man mit wenig Aufwand alle persönlich treffen kann. Deshalb ist das eigentlich keine Mehrbelastung sondern eine Entlastung für uns, man hat ja auch alle Muster mit. Jetzt sind alle Messetage bei uns fest durchgebucht für die Kunden.

Bilden Sie auch Lehrlinge aus?
ROMAN: Wir würden gerne Lehrlinge aufnehmen. Wir warten noch auf die endgültige Verlautbarung der Wirtschaftskammer, aber es wird der Beruf „Chocolatiere“ eingeführt und wir würden gerne Nachwuchs ausbilden. Es wird der „Bonbon- und Konfektmacher“ mit durchaus leicht veränderten Schwerpunkten zum „Chocolatier“. Wir haben gemerkt, dass viele Lehrlinge eher eine Schokoladeseite haben als eine Hartkanditenseite, jetzt wird die Schokoladenseite deshalb in den Vordergrund gelegt.

Im Logo findet sich weiterhin „Wien“ – war eine Änderung hin zur Einbindung der „Heimat Kittsee“ schon einmal Thema?
ROMAN: Das ist der Gründungshinweis. Kittsee ist zu wenig bekannt und Wien ist – vor Allem im Bundesdeutschen Markt – sehr positiv besetzt. Das zielt vor Allem auf die Internationalität ab, wir haben, wie gesagt, 2/3 Export und wenn dann im Logo Kittsee steht, kennen das die meisten schlicht und ergreifend nicht. Wien hat dann doch einen positiven Bezug. Kittsee ist unser Standort und daher auch extrem wichtig, aber im Sinne der Internationalisierung ist Wien ein nicht zu unterschätzender Werbeträger, speziell in der Bundesrepublik.
PETER: Speziell für Süßwaren ist Österreich schon als kompetent angesehen.

Sie und Ihre Kinder wachsen quasi mit Schokolade auf – ist sie trotzdem die Lieblings-Süßigkeit oder greift man zur Abwechslung dann doch lieber zu salzigen Knabbereien?
PETER: Man isst sich nicht ab davon. Das hat einen ganz einfachen Grund, weil man sich auch nicht vollstopft damit. Man bekommt einen anderen Zugang dazu. Man sieht das als Produkt und nicht als Nascherei. Ich esse sie sehr gerne, dann auch mit Genuss, aber ich esse mich nicht an damit. Ich nehme es einfach anders war. Die Kinder würden allerdings wesentlich mehr davon essen.

Aber auch zwischen den Schoko-Hasen und anderen Köstlichkeiten fühlt sich der potentielle Nachfolger sichtlich wohl. | Foto: Kathrin Haider
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Hat Ihnen die Produktion und der Verkauf an Einzelhändler statt einem direkten Verkauf gut über die letzten Monate geholfen? Wie war das letzte Jahr allgemein für die Firma Hauswirth?
ROMAN UND PETER:
Im Gegenteil, das hat uns auch sehr getroffen. Wo uns Corona echt das Bein stellt, ist im Gassenverkauf hier. Vor den Feiertagen kommen normalerweise Reisegruppen in Massen in unseren Werksverkauf. Das Supermarkt-Geschäft läuft eigentlich relativ normal, ein bisschen weniger, aber nicht sehr. Das federt bei uns die Corona-Krise schon ab. Der gesamte nicht traditionelle Lebensmittelhandel, der mitunter auch Süßes führt, z. B. Möbelhändler, die sind schon verhaltener, weil sie nicht wissen, wie viel sie offen haben.

Führen Sie auch Zertifizierungen?
PETER:
Wir haben jetzt auch eine Bio-Zertifizierung. Ist allerdings schwierig da in die Gänge zu kommen, weil die Mengen noch sehr gering sind. Man braucht Kunden dafür, man muss die Absatzwege erschließen. Das ist alles nicht so leicht. Für die Bio-Produktion müssen alle Linien gereinigt werden. Das ist mit hohen Kosten verbunden, wenn man immer nur ein bisschen Bio macht. Würden wir nur Bio machen, hätten wir keine Umstellkosten. Der Konsument entscheidet im Endeffekt, es muss für den Markt produziert werden. Wenn der Markt mehr Bio nachfragt, wird auch mehr Bio produziert.
ROMAN: Wir machen gelegentlich für Kunden Bio. Der Konsument ist bei seiner Entscheidung oft sehr preissensibel. Wir müssen uns an der Nachfrage orientieren. Wir geben dem Markt die Chance, so der Konsument in die Richtung gehen möchte, dass wir danach produzieren. Wir machen im Eigenmarken-Bereich sehr viel im FairTrade oder Rainforest UTZ – da kann man einzelne Produkte auch zertifiziert anbieten. Das Gemüseregal und die Milchprodukte laufen im Bio-Bereich schon sehr gut, im Süßwaren-Bereich gibt es noch sehr wenig Angebot. Das hängt alles davon ab, wie sich die Wirtschaft entwickelt.

Sie führen ein breites Sortiment an verschiedenen süßen Köstlichkeiten, können Sie vielleicht bereits einen Vorgeschmack auf neue Kreationen geben?
ROMAN:
Im Herbst, mit Schulanfang, sollen Malz-Dragees kommen.
PETER: Wir sind auch gerade am Installieren einer eigenen Rösterei.

Was ist der persönliche Osterbrauch der Familie Hauswirth?
ROMAN:
Meine Kinder bekommen, genauso wie ich früher, die verschiedenen Osterprodukte im Garten versteckt.
PETER: Das muss versteckt werden, nur so „da hast du das Ostergeschenk“, das geht nicht. Der Osterhase ist bei uns noch sehr Thema, die Kinder sind drei und vier, da muss man schon aufpassen, dass man ihn sogar vielleicht irgendwo sieht oder so.
ROMAN: Ich hab das von meinem Onkel übernommen, der hat zu seinen Kindern immer gesagt, der Franzi-Onkel – also mein Vater – der hilft dem Osterhasen. Der Osterhase kauft das dann beim Franzi-Opa.

Wie sieht die Zukunft der Firma Hauswirth aus – ist die Familiennachfolge gesichert?
ROMAN:
Derzeit sieht unser Garten aus wie eine Ausgrabungsstätte, also Archäologie ist aktuell sehr interessant für unseren Sohn. Aber wir werden sehen.

Bereits in dritter Generation führt Roman Hauswirth (rechts im Bild) mit seinem Bruder Peter den Familienbetrieb – derzeit liegt das Interesse seines jüngsten Sohnes noch in der Archäologie. | Foto: Kathrin Haider
Aber auch zwischen den Schoko-Hasen und anderen Köstlichkeiten fühlt sich der potentielle Nachfolger sichtlich wohl. | Foto: Kathrin Haider

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