KUG Institut Oberschützen
Martin Kerschbaum, der Orchestermusiker und Chefdirigent

Martin Kerschbaum begann seine Karriere als Dirigent im Jahr 2000 mit einem Konzert der Wiener Symphoniker im Wiener Konzerthaus. Am Institut Oberschützen lehrt er seit 1985 Schlagzeug.  | Foto: Elisabeth Kloiber
  • Martin Kerschbaum begann seine Karriere als Dirigent im Jahr 2000 mit einem Konzert der Wiener Symphoniker im Wiener Konzerthaus. Am Institut Oberschützen lehrt er seit 1985 Schlagzeug.
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Seit 1985 unterrichtet Professor Martin Kerschbaum am Institut Oberschützen klassisches Schlagzeug. Seine Erfahrungen, die er als Orchestermusiker bei den Wiener Symphonikern sammeln konnte, prägen bis heute seine Arbeit als Dirigent. Im Gespräch erzählt er über seine Liebe zum Schlagzeug  und seinem Wechsel an das Dirigentenpult. 

REGIONALMEDIEN BURGENLAND: Wie kam es zur Liebe zum Schlagzeug?
MARTIN KERSCHBAUM:  Mit 10 Jahren bin ich über die Pop- und Jazzmusik zum Schlagzeug gekommen. Nachdem ich in einer Schulband mitmachen wollte, habe ich begonnen autodidaktisch Schlagzeug zu lernen. Mit 14 Jahren war dann der Wunsch da, das Ganze professioneller zu machen. Auch weil man im Selbststudium irgendwann ansteht. Danach habe ich die Aufnahmeprüfung am Konservatorium der Stadt Wien gemacht und begonnen Klassik zu studieren. Ein Jahr später folgte parallel dazu das Studium für Jazzschlagzeug. Hängen geblieben bin ich schlussendlich aber in der Klassik, auch weil ich schon viel im Orchester gespielt habe. So durfte ich mit 16 Jahren das erste Mal bei den Wiener Symphonikern als Substitut spielen. Das war natürlich sehr schwierig für mich, aber auch wahnsinnig motivierend. Als Hobby spiele ich immer noch gerne Jazzschlagzeug in den verschiedensten Gruppen. Das ist ein guter Ausgleich zur klassischen Musik.

Seit wann unterrichten Sie am Institut Oberschützen?
Seit 1985 unterrichte ich am Institut klassisches Schlagzeug, dazu im "Freien Wahlfach" Jazzmusik. Muss aber dazu sagen, ich bin kein Jazzschlagzeuglehrer. In Graz gibt es ein eigenes Jazzinstitut dafür. Um heutzutage unter anderem auch Musicals und Operetten spielen zu können, muss aber ein klassischer Schlagzeuger auch ein gewisses Niveau am Jazzschlagzeug haben. Seit über 10 Jahren leite ich auch das Universitätsorchester. Auch deswegen, weil ich mir seit dem Jahr 2000 als Dirigent, und das mach ich wirklich autodidaktisch, eine zweite Schiene aufgebaut habe. Ich dirigiere sehr viel und bin in der ganzen Welt unterwegs. 

Was macht die Ausbildung am Institut Oberschützen aus?
Die Studierenden haben hier eine unglaubliche Intimität. Das heißt soviel wie die Studentinnen und Studenten sind extrem fokussiert. Es gibt wenig Ablenkung, man kann sich wirklich auf sein Studium konzentrieren. Man kann viel üben, hat die Räumlichkeiten und die Zeit. Und das finde ich einen sehr großen Vorteil. Auch für die Region ist das Institut eine große Wertschöpfung. 

Welche Ausbildung erhalten Studierende?
Nach dem Bachelor gibt es noch die Möglichkeit ein Masterstudium anzuhängen. Das Studium ist sehr umfangreich. Gerade beim Schlagwerk ist die Literatur in den letzten Jahren exponentiell explodiert. Früher war das Schlagzeug das Stiefmütterchen-Instrument. Durch die moderne zeitgenössische Musik überschlägt es sich und ist mittlerweile sehr herausfordernd geworden. Dazu kommt, dass man als Schlagzeuger viele Instrumente spielen muss. Das kostet viel Zeit und ist nicht immer einfach. Zur Prüfung muss man alles können, und das auf einem sehr hohen Niveau.  

Wie schaut es mit dem Nachwuchs aus?
In Österreich ist der Nachwuchs leider im Rückgang. Das ist natürlich sehr schade. Wo unbedingt mehr getan werden sollte, ist bei der Ausbildung an der Basis. Das fängt schon bei der musikalischen Früherziehung an. Die Kinder sollten dabei früh mit Musik in Kontakt kommen. Im Vergleich dazu funktioniert das in anderen Ländern, wie zum Beispiel Ungarn, viel besser. Um es etwas überspitzt zu formulieren: Man freut sich mittlerweile über jeden österreichischen Studenten, der die Aufnahmeprüfung schafft. 

Was waren Ihre Vorbilder?
Damals hat es noch wenig Schlagzeugsolisten wie Martin Grubinger gegeben. Meine Vorbilder waren daher eher die Schlagzeuger der Wiener Orchester. Weil ich oft die Chance bekam zu substituieren, habe ich versucht viel von ihnen zu lernen und davon zu profitieren. 

Man muss sehr neugierig sein. Oder?
Genau das ist das Wichtigste. Man muss sehr offen sein und probieren. Für mich essentiell in der Musik ist es, selbstkritisch zu sein. Wenn man nicht ehrlich zu sich selbst ist, kann man sich auch nicht verbessern. Man muss immer dran bleiben und sich nicht mit dem Level zufrieden geben. Ab einem gewissen Niveau ist die Relation des Aufwandes viel größer, zu dem was man noch dazu lernt. Um die letzten fünf Prozent zu erreichen, ist sehr viel mehr Aufwand nötig, als  zum Beispiel bei den ersten 20 Prozent.

Welches Konzert-Erlebnis ist Ihnen am meisten in Erinnerung geblieben?
Es gibt viele Highlights, aber wenn ich welche herausgreifen muss, fallen mir folgende ein: Als Dirigent war eines meiner schönsten Konzerte die 9. Sinfonie von Beethoven mit dem Tonkünstler-Orchester Niederösterreich oder vor kurzem, leider sehr tragisch, ein Konzert in Moskau mit dem Tschaikowsky-Symphonieorchester. Wo ich ein Strauß-Programm dirigieren konnte. Als Schlagzeuger waren für mich die Highlights, Konzerte mit den Dirigenten Georges Prêtre, Vladimir Fedoseyev und Nikolaus Harnoncourt. Von diesen Dirigenten habe ich den größten Input bekommen. 

Beim Dirigieren ist die Praxis wohl sehr wichtig?
Die große Schwierigkeit beim Dirigieren ist: Man kann es nicht üben, außer mit dem Orchester. Das klassische vor dem Spiegel dirigieren, bringt gar nichts. Als Instrumentalist kann ich üben und mich perfektionieren. Als Dirigent braucht man die "Kilometer am Dirigentenpult", um sich wohl und sicher zu fühlen. Das war für mich das Spannende daran, als ich im Jahr 2000 begonnen habe zu dirigieren. 

Was war damals der Beweggrund, um ans Dirigentenpult zu wechseln?
Ich wollte einfach meinen musikalischen Horizont erweitern. Ich bin seit 1983 bei den Wiener Symphonikern. Von der symphonischen Literatur habe ich mehr oder weniger alles gespielt, was es gibt. So gerne ich das mache, ich wollte aber auch einen anderen Blickwinkel bzw. Zugang erfahren. Als Dirigent erhält man nochmals eine ganz andere Perspektive. Man muss gestalten, auf das Orchester einwirken und versuchen seine Interpretation im positiven Sinne 'aufzuzwingen'. Beim Dirigieren geht es viel um Emotion, Motorik, Bewegung und logische Überzeugung. Das Wissen um jeden Akkord, ist nicht das, was der Musiker braucht. Er braucht einen Anstoß, dem er folgen kann und vor allem folgen will. Mein Ziel ist es, jedes Konzert zu etwas Besonderen zu machen. Auch wenn man zum hundertsten Mal die 5. Sinfonie von Beethoven spielt, sollte man beim Konzert immer das Gefühl haben, wir spielen sie jetzt für diesen Augenblick. Wenn man dies irgendwie nur ein bisschen schafft, sowohl als Dirigent als auch als Musiker, wird das Ganze viel sinnvoller. 

Dabei entwickelt man auch seine eigene Handschrift, oder?
Das Schlimmste was man als Dirigent machen kann, ist einen anderen Dirigenten zu imitieren. Sowohl in seiner Art, als auch in seiner Motorik. Jeder Mensch hat seine eigene Motorik. Die Handbewegung ist etwas total Persönliches. Es ist eine Sprache. 

Wie schwer war es als Musiker bzw. als Dirigent während der Corona-Pandemie? 
Als Dirigent war es eine Katastrophe. Mehr oder weniger wurden bis zu 100 Prozent der Konzerte abgesagt. Ein Konzert konnten wir hier in Oberschützen durchführen, mit zwei Metern Abstand voneinander. Im Zusammenspiel und akustisch war es sehr schwierig. Es war aber eine tolle Herausforderung und hatte auch einen gewissen pädagogischen Wert. Man war aber weit davon entfernt, ein normales Konzert-Erlebnis zu haben. Meine übrigen Konzerte wurden alle abgesagt. Bis auf eine CD-Aufnahme, die ich für die Österreichische Nationalbank aufgenommen habe. Mit den Wiener Symphonikern konnten wir, Gott sei Dank, viele Streaming-Konzerte geben und einige CD-Aufnahmen machen. Wir haben sozusagen das Beste aus der Situation gemacht. 

Als Musiker ist man oft unterwegs und lernt sehr viele Leute kennen. Ist das manchmal anstrengend oder macht gerade das den Reiz aus?
Natürlich empfinde ich das als sehr reizvoll. Das gehört einfach dazu. Wenn jemand das nicht will, sollte er den Beruf nicht ergreifen. 

Ein Leben ohne Musik ist ... für mich unvorstellbar. 
Nachdem ich damals fünf Jahre parallel auch Medizin studiert habe, habe ich mich entschieden mit der Musik weiterzumachen. Obwohl mich die Medizin nach wie vor sehr interessiert, habe ich meine Entscheidung nie bereut. Jeder Tag ist für mich wie eine Lebenstherapie, indem ich in der Probe sitze oder Konzerte gebe und es vollends genießen kann. Und das ist ein großes Privileg.

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