Mit 92 Jahren
Arik Brauer ist verstorben
Arik Brauer ist am Sonntagabend im Beisein seiner Familie im Alter von 92 Jahren verstorben. 1929 in Ottakring geboren, hat er im 16. Bezirk auch seine Kinderjahre verbracht. Der Maler, Liedermacher, Grafiker und Bühnenbildner hat als jüdisches Kind die NS-Dikatur überlebt.
OTTAKRING. "Ein Künstler, wie unser Land - an kreativen Menschen so reich - nur wenige hervorgebracht hat. Maler, Musiker, Lehrer – kaum lassen sich seine Begabungen, kaum lässt sich sein Können angemessen aufzählen", sagt Bundespräsident Alexander Van der Bellen zum Ableben von Arik Brauer.
Brauer war Maler, Grafiker, Bühnenbildner sowie Sänger und gehört zu den Hauptvertretern der Wiener Schule des Phantastischen Realismus. Seine letzten Worte waren laut seiner Familie: "Ich war so glücklich mit meiner Frau, mit meiner Familie, mit meiner Kunst und meinem Wienerwald. Aber es gibt eine Zeit, da lebt man, und es gibt zwei Ewigkeiten da existiert man nicht."
Brauer wurde am 4. Jänner 1929 in Wien als Erich Brauer in eine russisch-jüdische Handwerkerfamilie geboren. Der Nationalsozialismus beendete seine Kindheit im Wien der 30er-Jahre, über die er in seinem auch vom Fernsehen ausgestrahlten Soloprogramm „A Gaude war’s in Ottakring” berichtet hat. Brauers Vater starb in einem Konzentrationslager, er selbst überlebte in einem Versteck.
Akademie der bildenden Künste
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges inskribierte der damals 16-Jährige an der Akademie der bildenden Künste in Wien (1945 bis 1951). Dort waren unter anderen Albert Paris Gütersloh und Herbert Boeckl seine Lehrer. Nach Abschluss seines Studiums unternahm Brauer ausgedehnte Reisen, besonders Eindrücke aus dem Orient sollten sein späteres Werk prägen. Mit seiner Frau Naomi ließ er sich in Paris nieder, wo das Paar mit Singen seinen Lebensunterhalt verdiente. Wenig später stellten sich auch erste Ausstellungserfolge ein. Als Brauer 1964 die Pariser Boheme verließ und wieder nach Wien zurückkehrte, genossen die Protagonisten der „Wiener Schule des Phantastischen Realismus” bereits große Popularität.
Mitbegründer des Austropops
Brauers Gesangskarriere erreichte in den 70er-Jahren ihren Höhepunkt: Mit Dialektliedern wie „Sie ham a Haus baut” und „Hinter meiner, vorder meiner” war er an der Geburt des Austropops maßgeblich beteiligt. „Ich habe mich nie als Austropopper gesehen, obwohl ich da wirklich am Anfang dabei war”, sagte Brauer einmal in einem Interview. Er habe kritische Texte singen wollen. „Diese Liedtexte sind teilweise zu unserem großen Leidwesen aktuell geblieben. Einige davon wurden richtige Volkslieder, die man beim Heurigen oder auf einer Schutzhütte singen hört. Darauf bin ich stolz.”
Grafiker, Bühnen- und Kostümbildner
Zudem war Brauer an Fernsehspielen beteiligt und als Grafiker, Bühnen- und Kostümbildner tätig. 1975 stattete er etwa „Die Zauberflöte” (Kostüme und Bühnenbild) an der Pariser Oper aus. Anfang der 90er-Jahre beschäftigte sich der Künstler – wie seine Kollegen Ernst Fuchs und Friedensreich Hundertwasser – mit Architektur. 1993 entstand auf der Wiener Gumpendorfer Straße ein „Brauer-Haus”, 1996 gestaltete Brauer die Fassade einer katholischen Kirche in Wien-Leopoldstadt. Im September 1997 zog er sich nach zwölfjähriger Lehrtätigkeit als Professor an der Wiener Akademie der bildenden Künste zurück.
Anlässlich seines 85. Geburtstag widmete ihm das Leopold Museum in Wien unter dem Titel „Gesamt.Kunst.Werk” eine Werkschau aus, im selben Jahr präsentierte er im Wiener Jüdischen Museum eine von ihm gestaltete Pessach-Haggada. Brauer hatte das Buch, das am Sederabend, der den Beginn des jüdischen Pessach-Festes markiert, gelesen wird, schon 1979 einmal illustriert.
Brauers Lebenswerk
Brauer erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen, darunter das Österreichischen Ehrenkreuz 1. Klasse, den Preis der Stadt Wien für Malerei und die Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold. 2015 wurde er mit einem „Amadeus Award” für sein Lebenswerk geehrt. 2018 erhielt er im Rahmen des Antisemitismus- und Antizionismus-Kongress in Wien das Goldene Ehrenzeichen der Republik Österreich.
Das Wiener Jüdische Museum widmete Brauer im Jahr 2019 anlässlich seines 90. Geburtstages eine umfassende Werkschau. Mit rund 54.000 Besuchern war es die bisher zweiterfolgreichste Schau des Museums. (APA, 25.01.2021)
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