Pilotprojekt
Geflüchtete Ukrainerinnen warten, Erleichterung für ausländische Hochschulabschlüsse geplant
Erst diese Woche wurde sie nach einem Bombenangriff von der Nachricht und Fotos zersplitterter Fenster in ihrem Haus aufgeschreckt. Die anhaltenden schlimmen Meldungen aus ihrer ukrainischen Heimat belasten Katerina J. (Name geändert, Anm.) jedes Mal aufs Neue stark. Verglichen mit der Situation daheim nach dem von Russland vor gut zwei Jahren gestarteten Krieg in der Ukraine sind die Verzögerungen bei der Anerkennung des Universitätsabschlusses für die nun in Ottakring untergekommene, vor dem Krieg geflohene Frau eine wirkliche Lappalie und nicht der Rede wert. Rund acht Monate musste sie auf den entsprechenden Bescheid ihres Hochschulabschlusses in Österreich warten.
500 Verfahren im Schnitt pro Jahr
Dieses lange Warten der vorerst im 16. Bezirk lebenden Frau ist kein Einzelfall. Solche Verzögerungen betreffen auch keineswegs nur Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, sondern alle Nicht-EU-Bürger mit ausländischem Bildungsabschluss. 500 Nostrifizierungsverfahren gibt es in Österreich im Schnitt pro Jahr. Für die Nostrifizierung, das ist die Anerkennung von ausländischen Studienabschlüssen als völlig gleichwertig einem österreichischen Studium, sind grundsätzlich die für die jeweilige Ausbildung zuständigen Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen verantwortlich.
Wissenschaftsminister Martin Polaschek nimmt jetzt einen Anlauf, um akademische Abschlüsse von Menschen aus Drittstaaten außerhalb der EU im Zuge der sogenannten Nostrifizierung unbürokratischer und damit leichter zu machen. In einem ersten Schritt ist das bei Pflegepersonal mit hochrangigen Abschlüssen vorgesehen, weil der Personalmangel im Pflegebereich in Österreich besonders groß ist. Entsprechende Pläne kündigte Polaschek am Freitag mit Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher an. Dieser ist interessiert ist, dass auch Berufsanerkennungen schneller erfolgen. Denn damit können auch die Rot-Weiß-Rot-Karten für Ausländer außerhalb der EU für den Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt für dringend benötigte Fachkräfte rascher ausgestellt werden.
Ungewissheit nach monatelanger Wartezeit
Im Fall der vor dem Krieg nach Österreich geflüchteten Frau J. hat das nervenraubende Warten inzwischen ein Ende. Weil es nur mehr um ein Minimalerfordernis ging, wurde die Anerkennung schließlich innerhalb weniger Tage erledigt. Das ist auch für die Suche nach einem qualifizierten Job in Wien wichtig, Deutschkurse hat die Betroffene längst absolviert.
Im Fall einer weiteren Ukrainerin ist das Nostrifizierungsverfahren nach Monaten immer noch nicht abgeschlossen. Es ist auch unklar, wie lange es noch dauern wird. Das ist Realität für rund 500 Menschen aus Drittstaaten außerhalb der EU, auch wenn die in ihrer Heimat Ausgebildeten dringend in öffentlichen Einrichtungen und in Firmen gebraucht würden.
Der Wissenschaftsminister strebt an, dass die Nostrifizierung für jene Länder entfällt, die grundsätzlich die gleichwertigen Abschlüsse anbieten. Statt dem jetzigen Einzelverfahren sollen dann "Schablonen" für die jeweiligen Herkunftsländer zum Einsatz kommen. Das bedeutet, dass akademische Abschlüsse in bestimmten Herkunftsländern damit praktisch generell auch in Österreich gelten sollen. An der Regelung für EU-Bürger ändert sich ohnehin nichts. Nach einem "Nostrifizierungsgipfel" mit beteiligten Institutionen bald nach Ostern soll es noch vor dem Ende der Legislaturperiode im Herbst dieses Jahres Vorschläge für die Neuregelung der Nostrifizierung geben. Mit der Neuregelung der Anerkennung ausländischer Hochschulabschlüssen soll diese künftig außerdem von einer zentralen Stelle durchgeführt werden.
Auftakt erfolgt beim Pflegepersonal
"Das ist angesichts des Fachkräftemangels richtig und wichtig", sagte der Wissenschaftsminister zu einer Neuregelung. Polaschek und Kocher betonten, dass die Qualität der anerkannten Ausbildung im EU-Ausland dennoch gesichert bleiben müsse. "Wir waren einig, dass das rascher gehen kann", meinte der Wirtschaftsminister.
Der Start wird mit einem Politprojekt bei der rascheren Anerkennung bei qualifiziertem Pflegepersonal erfolgen. Hintergrund dafür ist, dass laut Prognosen bis 2050 rund 70.000 Pflegekräfte zusätzlich in Österreich benötigt werden. Diskutiert wird im Zuge der angestrebten Neuregelung auch, die Höhe beziehungsweise ein Entfall der derzeit fällig Gebühr von 150 Euro bei einer Nostrifizierung.
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