Geigenbaumeisterin
Die Kunst der perfekten Klangkörper
Julia Maria Pasch ist Geigenbaumeisterin. In ihrer Penzinger Werkstatt schwingt sie auch selbst den Bogen.
WIEN/PENZING. Denkt man an Geigen, die von internationalen Spitzenmusikern bespielt werden, fallen Namen wie Amati, Stradivari, oder Guarneri. Instrumente mit Geschichte und einem durch die Jahrhunderte "gewachsenen" Klang. Diese viele Millionen teuren Geigen sind auch für die Stars am Musikerhimmel kaum erschwinglich und werden meist von superreichen Sponsoren an Musiker nur "ausgeliehen". Doch immer öfter tauschen Gegenvirtuosen beispielsweise ihre Stradivari gegen eine moderne Geige der Geigenbaumeisterin Julia Maria Pasch aus Wien-Penzing. So auch der erste Konzertmeister der Wiener Symphoniker, Dalibor Karvay.
Warum? "Ich strebe bei meinen Geigen nach einer neuen Qualität des Klangverständnisses. Es geht mir nicht darum, das Alte zu kopieren, sondern beim Bau alle Voraussetzungen zu schaffen, dass sich das Instrument gemeinsam mit dem Musiker, der sie dann spielt, zur individuellen Höchstform entwickeln kann", erklärt Pasch. Denn mit dem Bau der Geige sei es nicht getan: "In den ersten beiden Jahren danach definiert der Musiker die Qualität des Instrumentes mit, und ich begleite ihn dabei, justiere nach, optimiere die Spannung." Durch das Spielen, den Saitendruck durch Finger, oder Bogen verändere sich das Instrument. Musiker und Geige wachsen also zusammen. Das sei bei einer historischen Geige so nicht möglich, abgesehen davon, dass eine moderne Pasch-Geige zwar auch ihren Preis hat, der aber nur einen Bruchteil dessen ausmacht, was eine Stradivari kosten würde.
Holz und Handwerk
"Holz ist ein lebendiges, flexibles Material. Decke und Corpus einer Geige brauchen spezielle Hölzer, die extrem dünn und präzise verarbeitet werden“, erklärt Pasch. Für die Decke, verwendet sie Fichte, für Corpus und Schnecke Ahorn. „Dafür muss das Holz ganz gerade gewachsen sein, auch das beeinflusst den Klang.“ Eigentlich besteht eine Geige neben Holz nur aus Leim und Lack, daran hat sich seit dem 16. Jahrhundert nichts geändert. Dass bis heute alles am Instrument Geige zerlegt, vermessen, durchleuchtet und analysiert wurde, sei als Hintergrundinfo für den Geigenbauer zwar interessant, aber ohne Hingabe, Erfahrung, Fingerspitzengefühl und Geduld könne kein Meisterwerk entstehen.
Gelernt hat die gebürtige Aachnerin in der berühmten Geigenbauschule im bayrischen Mittenwald, wo sie auch ihre Gesellenprüfung machte. Perfektioniert hat sie ihr Können in der Werkstatt von Stefan Peter Greiner in Bonn, Spezialist für Geigen-Neubau - „Das war damals in Europa noch ein Orchideenfach, aber genau meines!“ - sagt die heute 35jährige. Dort lernte sie auch Lüder Machold, einen Experten für historische Geigen, kennen- und lieben und übersiedelte 2013 mit ihm nach Wien, wo sie 2014 die Meisterprüfung machte. Die beiden haben zwei Söhne, den vierjährigen Telemann und Ottokar, zwei Jahre alt.
Daheim bei Richard Wagner
Die junge Familie lebt seit 2016 in jener Villa und Wohnung im 14. Bezirk, in der Richard Wagner von 1863 bis 1864 wohnte und an seinem Werk „Meistersinger von Nürnberg“ arbeitete. „In unserem Salon, der mir bis letzten Sommer als Werkstatt diente, haben schon Richard Wagner und Johannes Brahms gemeinsam musiziert, man stelle sich das einmal vor, was für eine Inspiration“, erzählt Julia Maria Pasch. Nach der Renovierung des ehemaligen Kutschenhäuschens im Garten der Villa, fertigt sie jetzt in der dortigen Dachgalerie ihre Instrumente.
Im Erdgeschoß können die Musiker ihre neuen Geigen (in jeder klebt innen übrigens ein Zettel mit der Aufschrift: Julia Maria Pasch fecit Viennae anno 20) anspielen. Dort überprüft Pasch, die selbst als Siebenjährige mit dem Geigenspielen begann, den Klang, justiert mit dem Stimmstock nach, optimiert die Spannung des Instruments. „Ich bin glücklich über die große Akzeptanz, die meiner Arbeit von den Musikern entgegengebracht wird“, sagt sie. Und stellt sich schon wieder neuen Herausforderungen: „Aktuell möchte ich die Bratsche erforschen, um ihren Klang neu zu entdecken und zu definieren.“
Mehr Infos finden Sie unter
www.paschviolins.com
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