Küchlschrankgeflüster
„Was ist denn da draußen nur los? Halt stopp! Es reicht! Ich krieg keine Luft mehr.“ Ganz nach hinten gequetscht, an die Rückwand, da wo es noch kälter ist, schreit der Mozzarella.
Immer noch kommen Sachen dazu. Bratwürstel, Käse, Joghurt, Aufstriche, Schokolade, Marmelade, Butter, Pizza.
Was ist denn da draußen los? Hungersnot? Der Mozzarella ganz verzweifelt.
„Ahhh, die Zeit der Völlerei hat wieder begonnen. Juhuuu, wir haben wieder reichlich Gesellschaft.“ Die Oliven im Glas, die schon bald das zweijährige Dasein feiern, erfreuen sich des vielfältigen Zustroms. Lediglich die Gemüselade ist etwas armselig bestückt. Die Gurke runzelt vorsichtig vor sich hin, gemeinsam mit den Zwiebeln, die schon neue Triebe entwickeln.
„Man sollte dem Mozzarella wirklich helfen. Ist denn da niemand da. Es geht ihm ja wirklich schlecht“, bemerken die Oliven aus den Weiten des Kühlschranks.
„Ach du! Was du wieder hast! Du bist ja schon ewig da. Schau mal auf dein Ablaufdatum!“ Die Pizza, ist genervt. Hört sie dieses Gejammer doch den lieben langen Tag. Auch weil sie weiß, dass auch ihr Ablaufdatum näher rückt und schon wieder Pizzanachschub gekommen ist und wenn sie nicht bald dran kommt erleidet sie das Schicksal ihrer Vorgängerinnen. In ihr werden sich Bakterien entwickeln, die sich rasant vermehren, ihr wird die Energie ausgehen und somit dem sicheren Verfall ausgeliefert sein. Ohne je nützliche Energie für den Menschen bereit gestellt zu haben.
Plötzlich, die Kühlschranktür geht auf, ein großer Lichtschwall blendet. Und wieder Nachschub, dieses Mal für die Gemüselade. Gurken, Radieschen, Salat, Zwiebel, Karotten, Fenchel, Fisolen.
Die Oliven zur Pizza und zum Mozzarella: „Hey pssst – ich verrat euch was. Passt auf! Fastenzeit ist im Anmarsch. Schaut, dass ihr noch rasch Reserven anlegt, denn – und das weiß ich aus meinen langjährigen Beobachtungen – als nächstes wird noch eine große Portion Fleisch geliefert, mit Vorliebe: Hühnerfleisch. Warum nach dem Gemüse Fleisch geliefert wird, entzieht sich meiner Kenntnis und meinem Verständnis. Jedenfalls kurze Zeit später ist es um euch geschehen und ihr wandert in den Müll.“
„Häää, Reserven anlegen, wie denn, was denn? – Ja, beim Menschen geht´s, das ist ja auch meine Aufgabe. Gut für Energie sorgen, damit es dem Menschen gut geht und er sich auch glücklich fühlt. Ich bin also eigentlich eine Glücksbringerin.“ Die Pizza freut sich über die Erkenntnis und fühlt sich stark, denn sie weiß, sie hat richtig viel Energie, richtig viel Kalorien und das macht sie mächtig „Mir passiert das nicht, die Menschen wollen mich ja, sie essen mich mit viel Freude und Lust“ denkt sie im Geheimen.
Die Schokolade. Ganz in ihrer inneren Traumwelt verschwunden, in der sie einer heißen Schokolade begegnet und einen verliebten Blick zu ihr hinwirft: „Ahhhh, bei deinem Anblick könnt ich glatt dahinschmelzen.“
Menschenhände wühlen im inneren des Kühlschranks herum. Eine gewisse Neupositionierung der Lebensmittel findet statt. Die einen nach rechts oder nach unten. Eiweißhaltiges zu eiweißhaltigem und Gemüse zu Gemüse und ... „Ahhh da ist sie ja! Meine Pizza! Den ganzen Tag freu ich mich auf dich. Heute zu meinem Schlemmertag, verdrück ich euch. Noch frische Mozzarella drauf, kurz ins Backrohr und lecker Schmecker.“
Die Olive zu den Anderen: Ups, ich hab mich wohl geirrt. Mein Glaube, mein Denken, meine Interpretationen, meine Vorannahmen passen grad nicht mit denen des Menschen zusammen. Hätte doch besser Fragen sollen, ob ich richtig liege. So hätte ich den Anderen wohl einiges an Stress erspart. Beim nächsten Mal dann.“
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