Frauen pflegen goldenen Brauch

Auch die älteren Goldhaubenfrauen geben richtig Gas, wie hier Angela Schutti und Erika Steiner. | Foto: Ernecker Photography
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BEZIRK. Sie sind kein Verein, bewegen allerdings trotzdem einiges. Mit ihrem auffälligen Kopfschmuck sind die Goldhaubenfrauen nicht zu übersehen. Aber: „Wir laufen nicht nur mit unserem schönen Gewand durch die Gegend, sondern helfen auch vielen Menschen“, so Gertrud Fröschl, die Bezirksobfrau der Goldhauben.
Die Tätigkeiten entsprechen ganz dem Motto, das die oberösterreichischen Obfrauen der Goldhauben heuer festgelegt haben: "Wir leben Gemeinschaft, bewahren Altes, wagen Neues und wir geben mit Liebe." Fröschl erklärt: „Wir spenden nicht nur zu bestimmten Anlässen, sondern oft spontan, wenn jemand in eine Notsituation kommt“. Diese Aktionen werden nicht unbedingt an die große Glocke gehängt – was den Betroffenen meist auch lieber ist.

Wertvolle Unikate

Die goldenen oder schwarzen Hauben sind meist das Wertvollste am „Outfit“ der Frauen. Um die 1.000 Euro kosten die einzigartigen Kopfbedeckungen. Oft werden sie innerhalb der Familie weitergegeben oder gebraucht auf Tauschbörsen erstanden. Manche fertigen sogar ihr eigenes Unikat. Mindestens 200 Arbeitsstunden müsse man dafür schon rechnen, spricht Fröschl aus eigener Erfahrung. Mit Trauer hat eine schwarze Goldhaube übrigens nichts zu tun. Die Farbe ist ganz einfach persönliche Vorliebe, ebenso wie beim Kleid. Manche tragen statt der Haube auch ein Kopftuch.

Das Mädchenband

Das jüngste Haubenmädchen ist gerade einmal zwei Jahre alt. Die jungen Damen möchten ab einem gewissen Alter nicht mehr die Mädchenhaube tragen, sind aber auch noch zu jung für die Frauenhaube. Für diese „Übergangszeit“ haben die Goldhaubenfrauen eine Lösung gefunden: Das sogenannte Mädchenband ist ein Anreiz, um die Jugendlichen zu halten. Auch wenn viele die Gruppe in diesem Alter verlassen: „Manche kommen später zurück“, so Fröschl. Etwa 100 unterstützende Mitglieder im Bezirk helfen ohne Tracht aus.

Biedermeier-Mode

25 Gruppen gibt es im Bezirk. Rund 800 Mitglieder fasst der Bezirk Perg insgesamt. Die meisten Gruppen haben sich in den Jahren von 1975 bis 1980 formiert. Anneliese Ratzenböck, die Frau des ehemaligen Landeshauptmannes, engagierte sich damals stark für die landesweite Organisation der Goldhaubenfrauen und machte den Brauch wieder modern.

Brauchtum lebt weiter

In fast jeder Gemeinde gibt es dank der Goldhaubenfrauen eigene Ortstrachten, die regionale Besonderheiten aufgreifen. Teilweise ist die Tracht so beliebt bei den Ansässigen, dass schon Hunderte Stück verkauft wurden. Die Goldhauben bewahren mehr als einen Modetrend. Nähen, Backen, Adventkranz binden: Was früher fast jede Frau konnte, praktizieren heute nur Wenige. Die Goldhaubenfrauen retten Bräuche und Fertigkeiten vor dem Aussterben. In lokalen Schaukästen wird altes Wissen vermittelt. Wer nicht geschickt beim Handarbeiten ist, ist trotzdem willkommen: "Wir haben ein breites Betätigungsfeld, da ist für jede was dabei", so Fröschl.

Rund um die Haube

Die Herstellung und Verwendung der Linzer Goldhaube wurde 2016 als traditionelles Handwerk in das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Österreich aufgenommen: Die Linzer Goldhaube ist eine goldbestickte Haube, die den wertvollsten Teil der oberösterreichischen Festtracht bildet und seit Beginn des 19. Jahrhunderts getragen wird. Der Begriff Goldhaube umfasst allerdings auch die Perlhaube, die Florhaube, die Halbgoldhaube, das goldene oder schwarze Mächenhäubchen und das schwarze Kopftuch. Was eine erwachsene Frau tragen möchte und welche Farbe ihr Kopfschmuck hat, entscheidet sie selbst.
Es gibt online einen Marktplatz, um gebrauchte Goldhauben zu kaufen und verkaufen. Auf goldhauben-bezirk-perg.at werden neben Hauben auch Kleider und Accessoires wie Taschen und Schirme gesucht und geboten.

Meinung

Sie sehen entzückend aus: Die kleinen Mädchen mit ihren goldenen Hauben und den bunten Trachtenkleidern bilden einen optischen Kontrast zu den durchschnittlich älteren Goldhaubenfrauen. In der Jugendzeit verlassen viele Mädchen die Gemeinschaft. Andere Vereine – womöglich gemischt mit Burschen – sind für weibliche Teenager wahrscheinlich interessanter. Das bringt die Goldhaubenfrauen nicht ins Schwitzen, denn: Es gibt eine hohe Rücklaufquote. Bewusst entscheiden sich viele Frauen, wenn die Kinder aus dem Gröbsten heraus sind, zur Rückkehr unter die Haube. Sie nehmen sich dann die Zeit, um Traditionen zu pflegen und anderen zu helfen. Für die schöne Tracht kommt jede Frau selbst auf. Insofern sind die Goldhauben eine Gemeinschaft selbstständiger Frauen, die reif genug sind, um sich für andere zu engagieren.

Auch die älteren Goldhaubenfrauen geben richtig Gas, wie hier Angela Schutti und Erika Steiner. | Foto: Ernecker Photography
Pauline und Anna mit wunderschönem Kopfschmuck. | Foto: Ernecker Photography
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