Bodenverbrauch
Liste Fritz: Chaletdörfer "fressen" Grund und Boden auf

LA Markus Sint und Bezirkssprecher Hermann Fasser von der Liste Fritz. | Foto: Reichel
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AUSSERFERN (rei). Einen Ausverkauf unserer Grundflächen durch den Bau von Chaletdörfern sieht man bei der Liste Fritz - Bürgerforum Tirol.

Zahlen präsentiert

Deren Vertreter, LA Markus Sint und Bezirkssprecher Hermann Fasser aus Heiterwang, versuchen dies unter Vorlage von Zahlen zu untermauern.
Sint ließ sich eine Liste jener Unterkünfte von Landesseite ausfolgen, die offiziell als "Chaletdörfer" geführt werden. Bereits bezogene Projekte, ebenso aber solche, die genehmigt, aber nicht in Betrieb sind.

Chaletdörfer im Bezirk

Fünf Einheiten gibt es demnach. Das Chaletdorf in Schattwald ist mit 9000 Quadratmeter Gundverbrauch für 90 Betten das derzeit größte im Bezirk, das in Betrieb ist. Bestehende Chaledörfer gibt es weiters in Lermoos (3300 m2 Grund/18 Appartements) und in Gramais (2900 m2/5 Chalets). Dazu gesellen sich zwei genehmigte Projekte: eines in Ehrwald (5800 m2/18 Appartements, davon 60 Betten in Chalets) und - ganz an der Spitze - das Chaletdorf in Biberwier mit 43.000 m2 Grundfläche und 562 geplanten Betten. Letztere beiden Projekte sind genehmigt, aber nicht noch nicht gebaut, so Sint.

Großer Grundbedarf

Zusammen haben diese einen Grundverbrauch von 64.000 Quadratmetern. "Das entspricht dem Platz für ca. 160 Einfamilienhäuser á 400 Quadratmetern", stellt Sint kritisch fest.
Doch die Liste ist wohl nicht komplett. Touristische Anlagen in Form von Feriendörfern gibt es weit mehr. Sie finden sich inzwischen in mehreren Gemeinden. Viele sind aber nicht offiziell als Chaletdörfer ausgewiesen.

Markus Sint und Hermann Fasser kritisieren den großen Flächenbedarf für diese Anlagen. Sie sprechen vom Ausverkauf von Grund und Boden. Ein riesiges Problem, findet Sint. Nur zwölf Prozent der Tiroler Fläche sind besiedelbar. Verdichtete Bauweise müsse daher ein vordringliches Anliegen sein. Chaletdörfer hätten da wenig Platz. Sint spricht von "Käfighaltung für Einheimische und Freilandhaltung für Touristen."

Zu viele "Grundwirte"

Für Hermann Fasser sind unsere Bauern (mit)schuld an der Entwicklung. "Wir haben inzwischen zuviele 'Grundwirte' und zu wenige Landwirte", findet der Heiterwanger. Bäuerliche Flächen würden zunehmend zu Spekulationsflächen. In den Reihen der ÖVP ortet Fasser eine Gruppe, die sich auf das "Versilbern von Grund" konzentriere. Für Einheimische würden die Grundstücke hingegen langsam zu teuer.
LA Markus Sint sieht es ähnlich - es gehe den Bauern inzwischen häufig um Geldanlage: Mit "Tränen in den Augen" würden die ÖVP-Bauenrbündler über den hohen Grundverbrauch im Land klagen, dann aber selbst die Grundstücke teuer für Chaletdörfer verkaufen. "Es braucht Gesetze, um diesem Treiben ein Ende zu bereiten!", so die Forderung des Abgeordneten.

Stellungnahmen

Christian Angerer ist Obmann der Landwirtschaftskammer im Bezirk Reutte und Bezirksobmann des ÖVP-Bauernbundes. Für ihn sind die erhobenen Vorwürfe unberechtigt. Alle Flächen im Bezirk, die landwirtschaftlich nutzbar seien, werden auch landwirtschaftlich genützt, versichert Angerer. "Da wird nichts zurückgehalten!" Dass hier in irgendeiner Form Grundspekulation betrieben werde, könne er nicht sehen. Wenn den Breitenwanger Schafzüchter etwas stört, dann vielleicht der Umstand, dass der Pachtzins da und dort etwas hoch ist.
Von einer generellen Kritik an Chaletdörfern hält Angerer nichts. Das Projekt in Biberwier sei beispielsweise auf einem Grundstück geplant, das früher Wald war. "Und davon haben wir im Talbereich ausreichend." Das Projekt in Gramais stellt für den Landwirtschaftskammer-obmann wiederum einen "Glücksfall" dar. "Die Wertschöpfung bleibt in der Gemeinde. Neue Arbeitsplätze wurden geschaffen. Das hat nichts mit Bodenspekulation zu tun."
Die Qualität der Grundfläche des Chaletdorfs in Schattwald könne er nicht beurteilen. "Vielleicht waren es Magerwiesen, ich weiß es nicht."

Auch Schattwalds Bürgermeisterin Waltraud Zobl-Wiedmann nöchte die Qualität der 9000 m2 Großen Grundfläche für das Chaletdorf nahe des Skiliftes nicht bewerten, "aber die Einrichtung steht bewusst nicht auf der Sonnenseite des Ortes. Das war der Wunsch der Bevölkerung, die 2014 dazu eingeladen wurde, ihre Meinung zum Projekt abzugeben."
Das Chaletdorf sei bestens in die Dorfstruktur integriert, findet Zobl-Wiedemann. "Für uns ist das ein Glücksfall! Wir haben kein Gewerbe im Ort, ohne touristische Einrichtungen geht es nicht!" Und da gefalle ihr dann ein Feriendorf schon besser, als "ein 'Riesenbunker' mitten im Ort."

Das Chaletdorf bringe ihrer Gemeinde jedenfalls dringend benötigte Einnahmen. Dass das Feriendorf Bauland vernichtet habe, könne sie nicht bestätigen. "Ein Haus pro Jahr" werde im Druchschnitt in Schattwald neu gebaut. Und das seit vielen Jahren. Gemeindeeigene Baugründe sind wenig begehrt. "In zehn Jahren wurden gerade einmal zwei Plätze bebaut", berichtet die Bürgermeisterin. 
Auch das Interesse an landwirtschaftlichen Flächen sei gemäßigt. "Viele Felder werden von den Bauern aus Unterjoch (Allgäu, Anm.) bewirtschaftet. Mir ist nicht bekannt, dass unseren Landwirten diese Flächen abgehen."

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