Rätselhafte Funde im Mauerwerk
Was sind Bauopfer?

Wandnische, in der sich wahrscheinlich einmal ein Bauopfer befunden hat.
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  • Wandnische, in der sich wahrscheinlich einmal ein Bauopfer befunden hat.
  • hochgeladen von Elisabeth Wintergerst

Bei Bauarbeiten im Felixe Minas Haus in Tannheim kommt plötzlich ein mumifizierter Tierkörper zu Tage. Anderswo findet man eine kleine, meist dreieckige Nische im Mauerwerk mit einem Tierbalg. Was steckt dahinter? Solche Funde sind oft Hinweise auf ein Bauopfer, das von unseren Vorfahren erbracht wurde. Ein Bauopfer ist ein vor oder während der Errichtung von Bauwerken dargebrachtes Opfer. Es soll den Bestand des Bauwerkes sichern bzw. den mit dem Bau verfolgten Zweck fördern. Selbst beim Bau von großen Kirchen wurden Bauopfer geleistet. So ist bekannt, dass in die Löcher, die für die Befestigung des Gerüstes benötigt wurden, Vogeleier hineingelegt wurden.

Theodor Storm beschreibt in seiner Novelle "Der Schimmelreiter" die alte Vorstellung, dass etwas Lebendes in den Deich müsse, damit dieser bei einer Sturmflut nicht breche. Tiere wurden nicht nur bis ins späte Mittelalter, sondern noch danach als Bauopfer dargebracht. Das Haus oder Bauwerk sollte dadurch geschützt werden, damit es nicht zusammenbricht.  Es sei auch an die Vorstellung der Römer erinnert, die ihre Verstorbenen entlang der Wege und Straßen bestatteten, damit die Toten diese Wege schützten.

Wer kennt nicht das Sprichwort: "Da liegt der Hund begraben" wenn man zum Kern der Sache vordringt. So wurden etwa Hunde auch als Schatzhüter bestattet. Denn unsere Vorfahren kannten keine starre Trennung zwischen Leben und Tod. Viele Märchen und Sagen berichten deswegen von Toten, die wieder ins Leben zurück kommen, um etwa noch eine Schuld zu begleichen. So hatte auch das "Ruhe in Frieden" nicht nur die Bedeutung, dass der Verstorbene sich ausruhen solle, sondern spiegelt auch die Angst der Lebenden, einem Verstorbenen real zu begegnen.

Zurück zu Bauopfern: Der Kopf einer spätbronzezeitlichen Frau, die am Fundort Domat/Ems im Graubündner Rheintal (Schweiz) in einer Grube lag, wurde nicht zufällig genau unter dem Herd platziert. Denn der Herd im Haus entspricht dem Altar in der Kirche. Die Übergänge von Bauopfer und Opfer zur Verehrung eines Hausgeistes oder gar zum Totenkult sind fließend. Als sicheres Identifizierungsmerkmal gilt, dass das Opfer unter dem Fußboden oder dem Herd oder unter der Wand so angebracht ist, dass es unsichtbar blieb. Bei den Wandnischen wurde oft eine dreieckige Form gewählt als Sinnbild der Dreieinigkeit. Bei Bestattungen unter dem Boden des Gebäudes, wurde der Körper manchmal mit Rötel bestreut, da rot die Farbe des Lebens und der Widergeburt ist.

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