Episoden aus meinem Leben - Zölibat in Gefahr
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Zwischen meinem Philosophie- und Theologie-Studium in Italien werde ich als 24-Jähriger zum Urlaub in ein anderes Kloster geschickt. Mich, l’Austriaco, den Österreicher, versetzt man auf den Wallfahrtsort Mariahilferberg bei Gutenstein in Niederösterreich. Ich freue mich über die Berücksichtigung meiner Muttersprache.
Der Pater Prior überantwortet mir - einfühlsam wie er ist - Aufgaben, von denen einige leicht und dem geistlichem Beruf angemessen, andere herausfordernd und ungewöhnlich sind.
Der Mariahilferberg ist beliebt für Trauungen. Daher kommt der Pater Prior als alleiniger Priester beim schleunigen Ausstellen von Trauscheinen in Stress. Er beauftragt mich also, diese mit der Maschine zu tippen und gut leserlich zu stempeln, während er die Zeremonie durchführt. Das Unterschreiben obliegt dann ohnehin ihm persönlich.
Wenn es regnet, muss ich die Ablaufrinnen vor der Kirchenauffahrt frei buddeln. Ein Gewitterguss kann diese nämlich binnen kürzester Zeit verstopfen und den Kies davon schwemmen. Bewaffnet mit einer Spitzhacke stürze ich daher in voller Montur, sprich Ordensgewand, hinaus und verhindere das Schlimmste. Ein Seitenblick lässt mich erkennen, dass mir dabei einige Augen gefolgt sind: die einer Standel-Frau und die einer jungen Frau aus dem naheliegenden Wirtshaus.
Der Wald um die Wallfahrtskirche gehört dem Kloster. Trotz der Aufforderung des Forst-Aufsehers, diesen zu pflegen, geschah das bisher aufgrund des mangelnden Personals nicht. Jetzt aber bin ich da. Ich lasse mich beraten, welche Motorsäge ich kaufen soll und wie man sie bedient. Ich bin begeistert über diese Abwechslung zu dem besinnlichen Ordens-Leben. Der Förster kennzeichnet die Bäume, die gefällt werden sollen und ich mache mich mit Motorsäge, Spitzaxt und Eisen-Keilen ans Werk. Die Technik habe ich von meiner Vater abgeschaut und in meiner Gymnasialzeit angewandt. Also kein Problem, pures Vergnügen!
Da ich mit meiner Gilera aus Italien angereist bin, benütze ich sie, um zu den entlegenen Arbeitsplätzen zu gelangen. Die gefällten Bäume lasse ich mit einem Traktor zum Kloster-Areal bringen. Dort bearbeite ich sie mit der Motorsäge so weit, dass ich sie zu Holzscheitern spalten kann. Das mache ich dann auch mit viel Schwung.
Bei dieser schweißtreibenden Arbeit habe ich nicht nur meinen Habit, sondern auch mein Hemd und Unterhemd abgelegt. Aus dem für jedermann zugänglichen Klostergang späht eine attraktive Frau und fixiert mich, den sie erstmals ohne Ordenskleidung sieht. Ich fühle mich geschmeichelt. Eingedenk der von mir erwarteten Enthaltsamkeit lenke ich mich aber mit noch kräftigerem Zerhacken der Holzprügel und mit der allabendlichen geflissentlichen Reinigung der Motorsäge ab. Noch gelingt es mir, der Versuchung zu widerstehen.
Trotz dieser Bedenken entwickelt sich eine nähere Fühlungnahme mit dieser Person. Aber nicht nur sie interessiert sich für mich, sondern auch eine anderes junges Fräulein, das schon längere Zeit mit ihren Eltern im Kloster zu Gast ist. Eine weitere junge Frau die sich gerne in meiner Nähe aufhält, gefällt mir auch sehr. Sie ist besonders fesch, ob im Rauhleder-Rock oder im Dirndl. Die Standel-Frau von vorhin macht ein hübsches Foto von uns allen.
Das wirkt wie eine offizielle Anerkennung unserer gegenseitigen Bekanntschaften und veranlasst die Fotografin zu geruhsamen Waldspaziergängen mit netten, aber etwas befangenen Gesprächen zwischen uns beiden. Die Verehelichte bittet mich mit dem Vorwand, ihr schönes Haus anzusehen, sie hinunter in den Ort, nach Gutenstein zu begleiten. Offen und abenteuerlustig, wie ich bin, stimme ich zu. Das Bett steht bereit, aber mir wird alsbald der Ernst der Lage bewusst und ich verabschiede mich elegant und rechtzeitig.
Trotzdem lege ich mich gern mit ihr auf den weniger einsichtigen Teil einer Wiese. Wir küssen uns und mich überkommt sexuelle Erregung. Sie liegt da mit tiefem Ausschnitt, ich mit dem klerikalen Kollar, dem weißen Stehkragen: eine abstruse Situation. Zwei wallfahrende Nonnen kommen in unsere Nähe, erblicken uns und verschwinden wieder mit lautem Kichern.
Kurz darauf ist mein Urlaub zu Ende. Ich bepacke mein Motorrad, meine Gilera, mit meinen kleinen Koffern und düse, begleitet von aufgeregtem Winken, ab nach Italien, um endlich mein Theologiestudium zu beginnen.
Wallfahrtskirche
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