70 Jahre Sgraffito-Fassade in Scheibbs
Sepp Mayrhuber: Ein Künstler hinterlässt Spuren
SCHEIBBS. "Ich glaub', es ist das meistfotografierte Haus in Scheibbs", erzählt Helga Fischill (82) über ihr Elternhaus in der Hauptstraße, dem sogenannten Sgraffito-Haus. Dieses ziert auch die Titelseite der "Scheibbser Stadtbegleiter"-Broschüre. Doch warum ist es so ein beliebtes Fotomotiv? Das liegt wohl am einzigartigen Sgraffito, das der akademische Maler Sepp Mayrhuber 1952 (dem Jahr der 600-Jahr-Feier der Stadterhebung) an der ehemaligen Eisen- und Provianthandlung von Wilhelm und Erika Löwenstein geschaffen hat. Das Fassadenbild in Kratzputztechnik trägt den Titel "400 Jahre Handelsumschlagplatz in der Eisenwurzen", wo Scheibbs nach einer alten Ansicht von 1681 getreu abgebildet ist und weiters das bunte Marktleben anno dazumal zeigt.
Aber dieses beeindruckende Werk ist nicht die einzige Kunst-Spur, die Sepp Mayrhuber in der Bezirkshauptstadt im öffentlichen Raum hinterlassen hat: Auch das Steinmosaik "Motive aus Scheibbs" (1957) im Stadtcafé "scibbess", die Sgraffiti (1956) bei der Konditorei Reschinsky, die "Regionskarte" (1959) an der Pfarrhofmauer sowie das Mosaik/Steingutrelief (1970) am Geburtshaus von Abt Berthold Dietmayr tragen seine Handschrift.
Sepp Mayrhuber, der am 16. Mai 1904 in Obeltsham (OÖ) das Licht der Welt erblickte, kam im Alter von zwei Jahren zu seinem Onkel nach Golling an der Erlauf, wo er seine Kindheit verbrachte. Nach der Ausbildung an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt und dem Studium an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Ferdinand Andri (Schwerpunkt Freskomalerei) entdeckte er bei einem Romaufenthalt die Stuccolustrotechnik für sich. Im "Sepp Mayrhuber Dokumentationszentrum" in Golling sind eine Reihe von Ölbildern, Aquarellen, Zeichnungen und Stuccolustro des stets bescheidenen Künstlers ausgestellt. "Er war ein sehr einfacher Mensch, aber ein ganz feiner Kerl", erinnert sich Helga Fischill an persönliche Begegnungen.
Am 20. November 1989 verstarb der vielseitige Maler in Laakirchen. Auf seiner Parte sind von seinem Scheibbser Freund und Heimatdichter Ferdinand Panzinger diese Zeilen zu lesen: "Wo sind die Hände, liebend aufzunehmen sein Werkzeug, das der Tod ihm weggelegt?" Aber in seinen herrlichen Kunstwerken, wie eben auch in der Scheibbser Altstadt keinesfalls zu übersehen ist, lebt Sepp Mayrhuber weiter.
"Sepp Mayrhuber Dokumentationszentrum" in Golling an der Erlauf
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