Japanische Kultur in Simmering
Vom Bonsai zum Kampfsport
Tägliches Gießen und Pflegen der Bonsaibäumchen ist die Leidenschaft von Hans Günter Ebetshuber.
SIMMERING. Die Liebe zu den Pflanzen wurde ihm scheinbar in die Wiege gelegt, kein Wunder, denn schon 1910 gründete Hans Günter Ebetshubers Großmutter die „Grüne Hütte“. Ein Fachgeschäft für Blumen und Kränze in der Simmeringer Hauptstraße 93.
Als 1964 seine Mutter verstarb, arbeitete er als Gastronom im legendären Hotel Europa in der Wiener Innenstadt. Damals war es eine dringend anstehende Entscheidung, zwischen seinem erlernten Beruf oder der Weiterführung des Familienunternehmens zu wählen. Aber er brachte es einfach nicht übers Herz, den alten Laden zu schließen und seine Kindheitserinnerungen zu begraben. So absolvierte er kurzerhand eine Floristenausbildung und tat das, woran er kurz zuvor nicht im Entferntesten zu denken wagte. Fortan führte er das Geschäft nach dem alten Konzept, wie er es seit Jahren kannte, verkaufte Blumen, Kränze, Arrangements und dergleichen. Seiner Affinität zur asiatischen Kultur war es zu verdanken, dass er 1981 auf die kleinen, grünen Bäumchen – die Bonsais – aufmerksam wurde.
Japanische Kultur im Elften
Er war einer der Ersten, die es versuchen wollten. Ebetshuber feierte im indonesischen Kampfsport Pencak Silat als Vizeweltmeister große Erfolge und schenkt dem buddhistischen Glauben große Bedeutung. Er schöpft seine Kraft aus dem inneren Frieden und sieht asiatische Weisheiten als einen Teil seine Lebens. „Ich knüpfte Kontakte, erhielt per Container die ersten Pflanzen und dank eines japanischen Gärtners, der im Wiener Belvedere die Bonsais betreute, erhielt ich das nötige Know-how, um mit der Zucht und Pflege der edlen Bäumchen erfolgreich zu sein“, erzählt Ebetshuber.
Es war nicht einfach, mitten in Simmering, Anfang der 1980er, solch exotische Pflanzen anzubieten. „Ein wenig belächelt wurde ich schon, doch ich hielt daran fest." Und frei nach der alten Samurai-Philosophie 'Die Kraft des Baumes geht auf den Kämpfer über' zeichneten sich schon bald erste Erfolge ab. Davon inspiriert erhielt er den Antrieb, weiterzumachen: Immer mehr Bonsais fanden ihre Abnehmer oder auch Meister – um die alten Samurais zu zitieren.
Mittlerweile kann er sich als den wahrscheinlich kompetentesten Fachmann für Bonsais bezeichnen. „Täglich stehe ich in meinem Laden, schneide, gieße und pflege die unzähligen Sorten dieser Prachtexemplare, die ich aus dem gesamten asiatischen Raum geliefert bekomme und kann mir gar nicht mehr vorstellen, einer anderen Tätigkeit nachzugehen“, berichtet der mittlerweile 74-Jährige. Und wer Ebetshuber kennenlernt, kann sich von seiner Ruhe und Ausgeglichenheit persönlich überzeugen und überlegen, ob ein Bonsai vielleicht doch mehr als bloß ein Bäumchen ist.
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