Wiener Verein
"Queer Dance im Gemeindebau" für Sichtbarkeit von LGBTIQ+
Der Simmeringer Verein "Queer Dance im Gemeindebau" setzt sich seit 2018 für die Sichtbarkeit von LGBTIQ+-Personen im Randbezirk ein. Eine Vereinsgeschichte, die noch lange nicht zu Ende geschrieben ist.
WIEN/SIMMERING. Ortrun Gauper ist Teil des Vorstands des gemeinnützigen Vereins. Dieser hat sich durch die Organisation von queeren Tanzveranstaltungen in Simmeringer Gemeindebauten überregional einen Namen gemacht hat.
"Queer Dance im Gemeindebau" wurde als Tanzveranstaltung konzipiert, die das Thema LGBTIQ+ in die Außenbezirke und damit neues Leben in den Gemeindebau bringen soll, wo sonst oft wenig Raum für solche Veranstaltungen ist. Sichtbarkeit steht im Zentrum der Arbeit. Beim ersten Tanzabend sind rund 60 Leute gekommen. Das war "eine Mischung zwischen Mundl und Queer", erklärt Gauper lachend. Aufgrund des Erfolgs hat der Verein seit dem eine Fotoausstellung und den Queer Ball ins Leben gerufen.
Anfangs ging es nur um eine Fahne
Ursprünglich war das einzige Anliegen, dass eine Regenbogenfahne vor dem Amtshaus aufgehängt wird. Doch als sie hier auf zunächst unüberwindbarem Widerstand der Bezirksvertretung gestoßen sind, werden die Tanzveranstaltungen für mehr Sichtbarkeit und Miteinander im Bezirk ins Leben gerufen.
Mit Erfolg, denn drei Jahre später, zum Auftakt der Vienna Pride 2021, zog Bezirksvorsteher Thomas Steinhart (SPÖ) die Regenbogenfahne am Amtshaus auf. „Wien ist Regenbogen-Hauptstadt und steht für sozialen Zusammenhalt und ein respektvolles Miteinander. Auch Simmering wird bunt!“, erklärte Steinhart, als er später gemeinsam mit der Drag Künstlerin Candy Licious zusätzlich einen Regenbogen-Zebrastreifen am Simmeringer Platz einweiht.
"Queer Moments in lost places"
Der Verein setzte sich jedoch weiterhin für LGBTIQ+-Menschen im Bezirk ein. Im November 2021 entsteht im Zuge des Bezirksthemas "130 Jahre Simmering" die Fotoserie "Queer moments in lost places" mit Fotografin Barbara Essl. Es ist erst rund 50 Jahre her, dass das absolute Verbot von gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten in Österreich aufgehoben wurde.
Im europaweiten Vergleich war Österreich damit eines der letzten Länder, das das Totalverbot abschaffte. Die Ausstellung zeigt deshalb historische und verlassene Plätze, wie den Albernen Hafen, den Zentralfriedhof und das Schloss Neugebäude in Simmering, mit queeren Menschen aus dem Bezirk. Bezirksvorsteher Steinhart unterstützte das Projekt mit einer Kulturförderung und stellte es drei Wochen im Bezirksamt aus.
Das Shopping-Center Huma Eleven, die VHS Simmering und das Bezirksmuseum baten anschließend aus Eigeninitiative darum, die Kunstwerke zeigen zu dürfen. Besucher und Besucherinnen können die Fotos momentan gratis zu den Öffnungszeiten in der VHS Simmering betrachten. Von Oktober bis Weihnachten sind sie im Bezirksmuseum ausgestellt. Eröffnet wird der Umzug der Kunstwerke bei der langen Nacht der Museen (7. Oktober) bei musikalischem Auftakt von "Drag goes Wienerlied".
Aus Gemeindebau mach Schloss
Die Arbeit an mehr Sichtbarkeit für LGBTIQ+-Personen, die sich ursprünglich auf Tanzveranstaltungen im Gemeindebau beschränkte, führt schließlich zum ersten großen Queer Ball. Dieser fand Anfang Juni im Schloss Neugebäude mit mehr als 400 Gästen statt.
"Ein Ball der bunten Gesellschaft, wo alle gleich sind. Es geht vor allem um Sichtbarkeit", so Gauper. Der Wunsch nach mehr Sichtbarkeit macht sich auch in Gaupers privatem Leben bemerkbar. "Ich musste 25 Jahre versteckt leben", erklärt sie. Ihre Mutter hat sie lange von ihrer Familie getrennt. Mittlerweile gab es eine Wiedervereinigung und ihre Familie hat mit ihr gemeinsam am Ball gefeiert. Ihre Cousine sieht sie als Vorbild, da ihr eigener Sohn homosexuell ist. Dieser konnte gemeinsam mit seinem Freund und der Akrobatik Rock’n’Roll-Truppe "New Rock Generation" die Mitternachtseinlage beim Ball tanzen.
Queer Ball auch 2024 geplant
Personen der LGBTIQ+-Community müssen noch heute mit Diskriminierung leben. Gauper kennt das aus ihrer eigenen Erfahrung: "Wir waren ein absolutes Vorbildmodell, wie wir unser Leben gelebt haben." Sie hat mit ihrer damaligen Partnerin ein Kind adoptiert und gezeigt, dass das Leben voll gepackt mit Liebe, Trennung und Familie für queere Paare genauso wie in jeder anderen Beziehung.
Nach wie vor können sich nicht alle queeren Menschen frei in der Öffentlichkeit zeigen, weshalb sich der Verein weiterhin für Sichtbarkeit einsetzt. Am 1. Juni 2024 wird wieder ein Queer Ball im Schloss Neugebäude stattfinden. Trotz der Möglichkeit auf eine große Bühne im Zentrum Wiens ist es Gauper ein Anliegen weiterhin in den Randbezirken präsent zu sein.
Besonders betont sie die wichtige Zusammenarbeit mit der lokalen Politik, sowie mit ihren Sponsoren, denn als, wie sie es nennt, kleiner "zwutschkerl Verein", ist sie ihren Unterstützern und Unterstützerinnen dankbar und selbst erstaunt über den motivierten Einsatz. "Wir sind der einzige Außenbezirk, der so aktiv ist", sagt die zugereiste Gauper stolz über Simmering.
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