Simmeringer Betriebe
Vom Restaurant bis zur Gärtnerei müssen alle kämpfen
Das Coronavirus trifft die Wirtschaft stark. Das ist auch im elften Bezirk zu spüren. Gleichzeitig steigt der Zusammenhalt und die Nachbarschaftshilfe. Die bz hat sich umgehört.
SIMMERING. Die letzten Tage und Wochen haben das Leben der Simmeringer massiv verändert. Die Corona-Pandemie stellt den Alltag aller auf den Kopf. Die Maßnahmen der Bundesregierung betreffen Ausgangsbeschränkungen, Gebote Abstand zu halten und möglichst zu Hause zu bleiben, aber auch die Schließung sämtlicher Restaurants, Cafés und Geschäfte, die nicht für den dringenden täglichen Bedarf notwendig sind – wie etwa Supermärkte, Apotheken oder Drogerien.
"Wir versuchen gerade, die Wirte zu animieren, sich zusammenzuschließen und Lieferservices anzubieten", erzählt Thekla Hochmayr, Obfrau des Vereins der Simmeringer Wirtschaftstreibenden. "Ich weiß nicht, wie es weiter geht, aber wir können einiges in Bewegung setzen", ist sie zuversichtlich.
Sehr ruhig sei es derzeit in Simmering, sagt WK Wien Bezirksobmann Josef Witke. "Größere Betriebe hatten immer schon Onlineshops, für die Kleineren wird es schwierig. Aber das Positive ist: Jeder hält zusammen." Er ist sich sicher: "Wir werden es schaffen".
Massive Einbußen
Helga Fuchs betreibt ihren Friseursalon in der Kaiserebersdorfer Straße. Seit Kurzem hat auch sie geschlossen - ein harter Schlag für die Selbstständige. "Ich habe bereits bei Wiener Wohnen um Zahlungsaufschub gebeten. Ich habe keine Einnahmen und es geht mir nicht gut", sagt sie. Fuchs hat eine Angestellte, deren Gehalt sie weiterhin bezahlt. "Ich bin jetzt schon im Minus, ich weiß nicht wie lange das noch weitergeht."
Auch die selbstständigen Physiotherapeuten klagen derzeit über massive Einbußen. Eine von ihnen ist die Simmeringerin Doris Piwonka. Sie hat ihre Praxis in der Simmeringer Hauptstraße 116. Derzeit ist sie natürlich geschlossen. "Wir können bei unserer Arbeit die geforderte Distanz nicht wahren und auch keine Hausbesuche machen", erklärt sie.
Beim Gärtner bestellen
Barbara Rzihauschek beitreibt die Verkaufsgärtnerei Rizi in der Kaiserebersdorfer Straße 228. Die Verkaufsräume sind derzeit geschlossen, im Hintergrund wird jedoch fleißig gearbeitet. "Wir sind ein landwirtschaftlicher Betrieb, haben hier alles voll mit Pflanzen und die Hoffnung, dass wir es noch vor Ende der Sommersaison verkaufen können", so die Inhaberin. Aus der Not wurde eine Tugend – auf ihrer Homepage bietet das Team einen Lieferservice an.
"Wir liefern ab einem Bestellwert von 20 Euro gratis in Simmering und Schwechat. Andere Bezirke wären grundsätzlich auch möglich, das muss man sich anschauen", so Rzihauschek. Ihre Mitarbeiter sind bereits in Kurzarbeit, Umsatzverlust ist spürbar. Doch am Tagesablauf ändert sich für die Gärtnerin nichts. "Ich stehe immer noch morgens auf und mach mich an die Arbeit. Hinten warten 140.000 Belagonien", lächelt sie. Wer bestellen mag, kann das auch telefonisch unter 01 7680430 tun.
Auch die Gastronomie in Simmering hat mit der aktuellen Situation zu kämpfen. "Wir wissen nicht, wie es weiter geht, vor allem finanziell", sagt die Inhaberin der Hasenleitenstube, Beata Stram. "Wir haben ja auch noch einen Stand im Schloss Neugebäude, das ist momentan eine Doppelbelastung". Um das auszugleichen, hat die Hasenleitenstube nun einen Lieferservice eingerichtet. Mehr Infos dazu finden Sie auf der Homepage. Dem gleich taten es in Simmering auch das Restaurant Samran Thai in der Lorystraße 61 oder die Pizzeria Al Capone am Münnichplatz. "Keiner weiß, wie es weiter geht", heißt es auch vom beliebten Simmeringer Gasthaus Harrys Augustin. "Rauchergesetze und die Pandemie sind für kleine und mittlere Betriebe nicht zu bewältigen.
Ansturm auf Apotheken
Die Apotheken im Bezirk hingegen bleiben weiterhin geöffnet. "Wir halten uns mit allen Kräften über Wasser", sagt Dominik Kaiser von der Ludwigs-Apotheke in der Simmeringer Hauptstraße 128. "Die Kunden sind teilweise aggressiv, die Lieferdienste sind oft verzögert und der Frust wird an uns ausgelassen. Vor der Apotheke bilden sich Schlangen von 20 Metern". Abhängig sei man derzeit natürlich vom Großhandel. "Wir geben auch nur mehr ein bis zwei Stück Desinfektionsmittel pro Person und pro Einkauf raus", so Kaiser. "Ich bitte die Kunden: seien Sie besonnen und rechnen Sie mit längeren Wartezeiten."
Ähnlich geht es Hannes Hrovat, Inhaber der Adler Apotheke auf der Simmeringer Hauptstraße 44. "Momentan geht es wild zu", erzählt er. Auch Hamsterkäufe in der Apotheke fänden statt. "Wir lassen immer nur drei Leute auf einmal rein, sie stehen Schlange." Sein Appell: "Bitte Ruhe bewahren, wenn möglich zuhause bleiben und Abstand halten."
Simmeringer halten zusammen
Bereits nach dem Großbrand am Enkplatz im vergangenen Jahr zeigte sich klar: Die Simmeringer halten zusammen. Auch in Zeiten der Corona-Pandemie ist das ersichtlich. Auf Facebook wurde nun eine Gruppe zur gegenseitigen Unterstützung, Nachbarschaftshilfe und zu Zwecken der Information gegründet. Unter "Simmering. Gemeinsam sind wir stark" können Anrainer sich austauschen.
Sie wollen kleine Unternehmen unterstützen? Eine Liste von zahlreichen Wiener Betrieben, die derzeit einen Lieferservice anbieten finden Sie hier.
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.