Seltsames Verständnis von Integration
Wie liberal und tolerant die FPÖ sich verhält, zeigt jüngst die Anregung des blauen Klubs auf der Sitzung der Bezirksvertretung am 24. Februar 2014.
Hier wurde gefordert, die Bezirksvorstehung möge sich dafür einsetzen, daß die Pausensprache an Simmeringer Schulen Deutsch ist. Begründet wurde dies mit der Förderung im Sinne besserer Integration.
Diese Partei gibt sich gerne als letzten Verteidiger der Bürgerrechte und Hüterin der deutschen Sprache aus, obwohl gerade ihre Anhänger in sozialen Netzwerken gravierende Lücken in Sprach- und Schreibkompetenz offenbaren. 20 und mehr Rechtschreib- oder Grammatikfehler auf zwölf Zeilen sind da leider keine Seltenheit.
Sicher ist richtig, das Verständnis der hiesigen Amtsprache ist die Grundvoraussetzung einer erfolgreichen Integration. Aus eigener Erfahrung weiß ich wie schwierig es ist, jemanden etwas zu verkaufen, der mich nicht versteht. Das Verständnis der Amtsprache gilt für jung und alt, es erleichtert das Zusammenleben ungemein. Doch kann man von Kindern mit Migrationshintergrund, wenn sie unter gleichaltrigen Kindern mit demselben Hintergrund sind, verlangen auf dem Pausenhof nur deutsch zu sprechen?
Ich beneide viele Menschen, die zweisprachig aufgewachsen sind, sprechen sie doch zwei Sprachen perfekt. Das richtige Verständnis einer Sprache wird nicht auf dem Pausenhof, sondern im Unterricht unter Begleitung einer dafür ausgebildeten Lehrkraft erlernt. Mit Hilfe der Lehrerinnen und Lehrer sollen die Kinder voneinander lernen. Oder sollen Kinder etwa die Arbeit von Lehrkräften ersetzen? Oder will die FPÖ den Kindern auch verbieten in den Pausen wienerischen Dialekt zu sprechen?
Selbst viele deutsche Muttersprachler weisen oft erschreckende gravierende Schwächen in Rechtschreibung, Grammatik und Satzbau auf. Das liegt aber nicht daran, daß sie zum Beispiel nur Dialekt in den Schulpausen untereinander geredet haben, sondern daran, daß sie sich in ihrer Schulzeit nicht um ein vernünftiges Deutsch bemüht haben. Sind diese Leute deshalb schlechtere Österreicher als diejenigen, die ein nahezu fehlerfreies Deutsch haben? Nach der FPÖ bemisst sich der Wert eines Menschen danach, ob er ein fehlerfreies Deutsch hat. Hier zeigt sich wieder einmal, wie sehr diese Partei weniger perfekte Menschen ausgrenzt, anstatt sie zu respektieren und mit ihnen gemeinsam an der Behebung von deren Schwächen zu arbeiten.
Ein solches Verständnis entspricht eher dem einer Diktatur, als die der FPÖ-Abgeordnete Mölzer neulich die EU bezeichnet hat, als dem einer freien und toleranten Gesellschaft. Dieser bezeichnet die EU als Diktatur und meinte das Dritte Reich sei dagegen formlos und liberal gewesen. "Lernen Sie Geschichte, Herr Mölzer" würde man ihm am liebsten zurufen.
Zum Beispiel wurden im Dritten Reich Todesurteile für folgende Verbrechen verhängt: Diebstahl, Hehlerei, Hitlerwitze-Erzähler, Hören ausländischer Sender in deutscher Sprache oder die Verteilung von regierungskritischen Flugblättern (u.a. die Geschwister Scholl). Soviel zur von Herrn Mölzer angepriesenen Liberalität des NS-Regimes. Herr Mölzer mag das noch gut finden, andere sicher nicht.
Herr Mölzer mag zurücktreten oder nicht. Es ist am Wähler ein Zeichen dafür zu setzen, daß die Menschen ein friedliches, tolerantes Zusammenleben aller Menschen in diesem Bezirk, in dieser Stadt und in diesem Land wollen.
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