Der Mythos Cobra: ein Beamter aus Würmla berichtet

- Der Alltag der Cobra-Beamten?
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Die schwarze Schlange arbeitet verdeckt, kommt überraschend aus dem Hintergrund und schlägt zu. Der Ruf des Einsatzkommandos Cobra ist sagenumwoben. Was ist dran am Mythos? Ein junger Cobra-Beamter aus Würmla erzählt.
WÜRMLA/TIROL (cog). Die Cobra-Beamten sitzen in ihren 30-Kilo-Schutzausrüstungen in ihren Fahrzeugen, die sie nahe der Talstation in einem Tiroler Skigebiet platziert haben – und warten. Stundenlang. Heute Nacht soll eine gesuchte Tätergruppe hier zuschlagen und die Kassen leeren.
Gegen drei Uhr Früh dann der Funkspruch: „Zugriff freigegeben“. Alles geht blitzschnell: Annäherung, Stürmung, Festnahme. Binnen weniger Minuten werden die Bandenmitglieder von den Cobra-Beamten in Handschellen abgeführt. Unter den Einsatzspezialisten ist auch der gebürtige Würmlaer Günther P. (sein Name bleibt auf eigenen Wunsch geheim). Seit 13 Jahren ist er bei der Polizei und heute dort, wo er seit Beginn der Ausbildung hinwollte: beim Einsatzkommando Cobra.
Es ist genau dieser Mythos, der die Spezialeinheit umgibt, der den 31-Jährigen schon seit der Polizeischule fesselte: „Man weiß nicht viel darüber, alles ist irgendwie schleierhaft. Ich wollte einfach Teil einer so hoch ausgebildeten Truppe sein. Das war und ist für mich der Polizeiolymp.“
Aus über 180 Bewerbern schaffte Günther P. es in die Gruppe der 36 Auserwählten, die die herausfordernde Ausbildung antreten durften: „Der erlösende Anruf war so ein Glücksgefühl.“ Das war 2007.
„Kameradschaftlich, ohne Drill“
Dann startete eine vor allem körperlich anstrengende Grundausbildung: Sport, von Hubschraubern abseilen, schießen, Nahkampf, Taktik. Günther P.: „Die Ausbildung kommt ohne den Drill aus, den es beim Bundesheer gibt. Wie waren alle sofort mit den Ausbildnern per Du, es herrschte eine kameradschaftliche Atmosphäre.“ Und es schweißt zusammen. Diese Kameradschaft ist es auch, die die Cobra-Einheit auszeichnet: Selbst in den heikelsten Situationen weiß jeder, dass er sich auf die anderen verlassen kann – ohne Wenn und Aber. Nach der Ausbildung, das begehrte rote Barett in der Tasche, wurde Günther P. zu seinem künftigen Dienststandort in Westösterreich berufen.
Seither ist sein Alltag ein permanentes Training, das nur von Einsätzen unterbrochen wird. Ein Anruf genügt und die Cobra-Beamten lassen alles liegen und stehen, um ihr Können unter Beweis zu stellen – sei es bei einem Gewaltverbrechen, einer Geiselnahme oder einer Luftfahrzeugsentführung.
„Wir erhalten über Funk eine Lagebeschreibung, bekommen Pläne, Hintergrundinfos und und und“, beschreibt Günther P. „Das alles fügt sich zu einem Bild zusammen und darauf aufbauend planen wir die Taktik. Dann läuft alles automatisiert ab. Jeder weiß, was der andere in welchem Moment macht.“
„Das Risiko wird minimiert“
Ist das Cobra-Team mit einer veränderten Situation konfrontiert, gibt es immer einen Plan B und einen Plan C und auch einen Plan D. Das bedeutet viel Kopfarbeit. Günther P. winkt ab: „Das ist bei uns in Fleisch und Blut übergegangen wie bei anderen Leuten das Blinken beim Autofahren.“ Platz für Unsicherheit oder gar Angst ist da keiner. Bringt ihn der gefährliche Job nicht doch manchmal zum Nachdenken? „Nein, eigentlich nicht. Es ist ja nicht wirklich gefährlich, weil wir das Risiko durch unsere Ausbildung extrem minimieren.“
„Mit einer Prinzessin geplaudert“
Das klingt ein bisschen nach unverwundbaren Superhelden. Günther P. lacht. „Wir sind gut ausgebildet und gut geschützt. Leichtsinnig darf man bei der Cobra nicht sein.“ Für selbst ernannte Helden ist in der Spezialeinheit ebenso wenig Platz wie für Rambos. Und so klingt es auch ganz und gar nicht nach „Rambo“, wenn Günther P. von seinen schönsten Momenten als Cobra-Beamter spricht. Etwa von jenem, als er – abgestellt als Personenschützer für den Skiurlaub einer königlichen Familie – mit einer Prinzessin im Zweier-Sessellift saß: „Wir haben über Alltägliches geplaudert, das war schon beeindruckend.“ Anders als bei offiziellen Staatsbesuchen von Präsidenten und gekrönten Häuptern, bei denen jedes Detail minutiös geplant ist und sich die Cobra-Beamten dezent im Hintergrund halten, gibt es in solchen Situationen kein strenges Protokoll.
„Das ist mein Traumberuf“
„Es ist wirklich mein Traumberuf“, schließt Günther P., der nicht nur „normaler“ Cobra-Beamter ist, sondern als „Air Marshal“ auch Flugzeuge in gefährdete Regionen begleitet.
Die Ausbildung ist streng, die körperlichen Anforderungen enorm, Alltag wie Einsätze fordernd. Nicht umsonst sind bei der Cobra die besten Polizisten des Landes vereint, die schnell und gefährlich wie ihre Namensgeberin zuschlagen. Aber auch die Cobra-Beamten sind keine Maschinen. Umso mehr genießt Günther P. die knappe Freizeit, die ihm bleibt. Am liebsten am elterlichen Hof zu Hause in Würmla.
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ZUR SACHE
• Beim Einsatzkommando Cobra gibt es rund 450 Cobra-Beamte, darunter nur eine Frau.
• 2009 trug die Spezialeinheit Verantwortung für u. a. 468 Festnahmen, 163 Hausdurchsuchungen und 1.047 Personenschutzeinsätze.
• Präzisionsschützen, Fallschirmspringer, Taucher – innerhalb der Cobra gibt es viele Sonderausbildungen. Günther P. ist einer der Cobra-„Air Marshals“, die heikle Flüge österreichischer Airlines begleiten. Die diskreten Spezialisten, die von Mitreisenden in der Regel nicht als solche wahrgenommen werden, verhinderten etwa 1996 die Entführung einer Aeroflot-Maschine, indem ein Air Marshal, 9.000 Meter über Afrika, den bewaffneten Hijacker überwältigte.


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