„Jeder Untergang ist ein neuer Anfang“
Jeder spricht vom Weltuntergang. Doch was verbirgt sich hinter diesem Wort?
Franjo Vidovic, Rektor des Marianums Tanzenberg, lud am Wochenende Theologen ein, um über das Thema „Weltuntergang jetzt!?“ zu diskutieren. Die WOCHE bat ihn zum Interview.
WOCHE: Jeder spricht vom Weltuntergang. Wann geht denn jetzt die Welt wirklich unter?
FRANJO VIDOVIC: In Wahrheit ist die Welt schon mehrmals untergegangen. Als das Römische Reich endete zum Beispiel. Jeder Krieg, der ausbricht, ist ein Weltuntergang. Und auch die Finanzkrise derzeit ist so etwas wie ein Weltuntergang.
Aber das Ende des Römischen Reiches war doch für mehrere Völker in Europa alles andere als ein Untergang.
Das stimmt, es kommt bei einem Weltuntergang immer auf den Standpunkt an. Wenn etwas zu Ende geht, dann müssen wir uns vor Augen halten, dass das auch gleichzeitig der Beginn von etwas Neuem ist.
Nehmen wir an, eines der beliebtesten Weltuntergangsszenarien tritt ein: Ein Asteroid schlägt ein. Das kann man doch kaum als einen Neuanfang bezeichnen?
Nicht von heute auf morgen, nein. Nach so einem Ereignis wird es wahrscheinlich Jahrtausende bis zu einem Neuanfang dauern, aber Zeit spielt hier ja keine Rolle.
Warum ist diese Weltuntergangsstimmung gerade so präsent?
Als Mensch kann man sich ein Ende viel besser vorstellen als den angesprochenen Neuanfang. Natürlich wird die sprichwörtliche Weltuntergangsstimmung auch durch viele Medien transportiert.
Sind die Menschen heute empfänglicher für Untergangsbotschaften als bisher?
Ich glaube ja. Das liegt vor allem daran, dass wir viele unangenehme Bereiche ausblenden – vor allem das Älterwerden und den Tod. Es kommt kaum noch vor, dass alte Menschen im Kreise der Familie sterben. Der Tod ist für viele Menschen etwas Abstraktes geworden. Und tritt er trotzdem ein, dann sind die Menschen, die das ausgeblendet haben, viel mehr schockiert. Das ist dann auch der Grund, warum sie viel öfter an das eigene Ende denken – oder eben an den Weltuntergang.
Ist ein Untergang immer unausweichlich?
Das kommt darauf an. Die Wissenschaft sagt, die Welt wird in ein paar Milliarden Jahren von der Sonne zerstört werden. Die Bibel sagt, dass es für den Menschen nie ein Ende gibt.
Was kann man tun, wenn man Angst vor einem Untergang hat?
Angst hat man vor unerklärlichen Dingen. Also sollte man zuerst einmal prüfen, ob die verbreitete Bedrohung überhaupt real ist oder ob die Angst unbegründet ist. Meist hat man jedoch Angst vor dem Tod, der jedem bevorsteht.
Wäre der Tod für Sie ein Untergang?
Kein Untergang im eigentlichen Sinn. Natürlich weiß ich nicht, wie ich in meinem späteren Leben darüber denke. Aber derzeit habe ich keine Angst davor. Ich vertraue darauf, dass ich nach dem Tod nicht in ein Loch falle, sondern aufgefangen werde.
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