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Minutiös geplant

Nach dem Tod der Queen ist alles bis zur Beerdigung minutiös geplant.
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Vielleicht ist Ihnen in den letzten Tagen, ähnlich wie mir, etwas aufgefallen, das für manche Reporter und Nachrichtensprecher in diversen Medien oft zur verbalen Stolperfalle wurde: minutiös geplant. Minutiös ist aber auch ein Teufelswort. Im Zuge der Berichterstattung über den Tod der Queen wurde und wird über jeden Schritt des Protokolls nach deren Ableben berichtet. Übrigens, falls Sie es bisher noch nicht mitbekommen haben: Queen Elisabeth II. ist tot. Ja, zugegeben, es ist immer bedauerlich, wenn ein Mensch stirbt und mit 96 Lenzen hat auch eine Königin das Recht, „Goodbye“ zu sagen. Wahrscheinlich spürte das Känguru aus dem Doppelmayr Zoo schon Tage zuvor, dass das Oberhaupt des Commonwealth ihr baldiges Ende sieht. Rudi, das Rotnackenwallaby hat als Australier in Austria eben Antennen dafür. Queens Nachfolger ist ihr ältester Sohn Prince Charles. Mit 73 Jahren am Höhepunkt der blaublütigen Karriereleiter. Long live the King! Und schon wieder eine Stolperfalle für alle nicht Englisch sprechenden Menschen: King Charles III. oder ausgesprochen: King Charles the third. Dieses „th“ und dann gleich doppelt und hintereinander ist aber auch ein phonologisches Knotenspiel für die Zunge.

Was war ich dann froh, dass unser Landeshauptmann am Sonntag seine Rückkehr aus dem Ur... nein Krankenstand bekannt gab. Endlich eine andere Meldung, als minütlich und minutiös über den Tod der Queen informiert zu werden. Eigentlich hätte ich mir bei Wallners Rückkehr etwas mehr an Inszenierung gewünscht. Menschenmassen an der gesamten A14 von Frastanz bis nach Bregenz und alle Schüler mit wedelnden Vorarlberg-Fähnchen. Nach der kurzen Schuleinführung am Montag wäre ja genügend Zeit gewesen. Solche Bilder entstehen bei mir im Kopf, wenn ich so manchen Vorbericht zur Rückkehr unseres Landeshauptmannes mitverfolge. Der Politologe Peter Filzmaier meinte in einem ORF-Interview (ok – wo sonst?), dass Wallners Rückkehr theoretisch nur eine Rückkehr an seinen Arbeitsplatz sei. Praktisch würde dies etwas differenzierter aussehen, denn es ist eben eine Rückkehr in das höchste politische Amt in Vorarlberg, ein Amt mit sehr viel öffentlicher Aufmerksamkeit. Wir werden sehen, wie minutiös über Wallners Rückkehr berichtet wird. Auch was die oppositionelle Berichterstattung anbelangt. Markus Wallner und König Charles III. haben übrigens eines gemeinsam - es sind nicht die Ohren. Sie stehen sofort im Rampenlicht der Öffentlichkeit, mit all der Verantwortung für ihre Aufgaben. Der einzige Unterschied: Für Wallner eine überschaubare Zeit und für Charles sein restliches Leben. Mit 73 vielleicht auch etwas überschaubarer als damals bei Elisabeth mit 26 Jahren.

Würde man beide Meldungen nüchtern herunterbrechen, dann wäre nicht mehr als folgende Nachricht übrig: Engländerin im Alter von 96 Jahren im Kreise der Familie verstorben und Landesbediensteter aus Vorarlberg tritt nach längerer Auszeit seinen Dienst wieder an. Sind wir ehrlich: Beide Meldungen hätten in keinem Medium einen Platz gefunden.

Damit bleibt mir nur der Wunsch, dass alle Lehrer, Schüler und der Vorarlberger Landeshauptmann einen guten Start diese Woche hatten. Und Herrn Charles wünsche ich eine gute Reise durch „seine“ Commonwealth-Länder. Elisabeth wird jetzt mit Freddie Mercury eine himmlische Band gründen. Wie die wohl heißen mag?

Christian Marold
RZ-Chefredakteur | Foto: RZ
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