Aktenzeichen XY ungelöst konnte nicht helfen
"Cold-Case" Kein Opfer ist je vergessen - Die Geschichte einer brutalen Gelegenheit

Symboldbild | Foto: Bill Oxford
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Gelegenheit macht Diebe,  dieses Sprichwort bewahrheitete sich vor mehr als 17 Jahren. Zu viel Geld, zu viel Gelegenheit. Brutaler Überfall jetzt geklärt.

Die Geschichte eines Cold-Case

„Cold-Case“-Ermittlungen des Landeskriminalamtes Vorarlberg und des Bundeskriminalamtes Wien führten zur Klärung eines brutalen Raubüberfalles, der vor mehr als 17 Jahren in Gaißau verübt wurde. Trotz damaliger massiver Fahndungsmaßnahmen und einer Ausstrahlung des Falles in der Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ blieb der Täter über viele Jahre unerkannt. Im Juni 2020 konnte ein jetzt 62 Jahre alter Mann aus Oberösterreich ausgemittelt und im Dezember 2020 festgenommen werden.

19. Juni 2003/Vorarlberg: Der Inhaber einer Verputzerfirma aus Höchst war Gast in einem Lokal. Er hatte zunächst am Tresen für sich und einen ihm gut bekannten Lokalgast ein Bier bestellt und wollte dann die Zeche bezahlen, als er bemerkte, dass ihm seine Geldtasche abging, und er diese offensichtlich bei einer Kundschaft liegen gelassen hatte. Der Geschäftsmann hatte an diesem Abend jedoch Firmengeld in der Höhe von 3.000 Euro bei sich. Er bezahlte deshalb mit einer 200-Euro Banknote, stammend aus einem Bündel von 15 Stück 200-Euro Scheinen.
Neben dem Geschäftsmann und dem einheimischen Gast hielten sich noch weitere Gäste im Lokal auf, darunter ein unbekannter Mann, der spätere Täter. Diesem blieb der Umstand, dass der Inhaber der Verputzerfirma einen größeren Geldbetrag bei sich hatte, nicht verborgen. Der Geschäftsmann verließ vorzeitig das Lokal. Als der Gastwirt Sperrstunde machte, entließ er den Unbekannten und späteren Täter durch die Nebentüre in den Gastgarten, mit der Aufforderung, dort sein Bier auszutrinken. Der Gastwirt und ein letzter einheimischer Lokalgast blieben derweil noch bis zum Schluss der Aufräumarbeiten im Lokal. Nachdem der unbekannte Mann sein Bier ausgetrunken und den Gastgarten verlassen hatte, wurde er auf den im Fahrzeug sitzenden Inhaber der Verputzerfirma aufmerksam. Der unbekannte Täter entschloss sich, ob des größeren Geldbetrages, den er bei dem im Fahrzeug sitzenden Geschäftsmann vermutete, die günstige Gelegenheit wahrzunehmen und diesen auszurauben.

Brutal am Kopf verletzt

Unter Verwendung einer vollen Bierflasche, die der Täter dem Geschäftsinhaber im Fahrzeug auf den Kopf schlug sowie eines am Tatort aufgefundenen, Holzbrettes und eines Kantholzes, mit dem der Täter noch auf das Opfer eindrosch, gelang es dem Täter vom Opfer 3.000 Euro zu erbeuten. Der Wirt der Imbissstube und der noch im Lokal verbliebene letzte Gast fanden kurz darauf den neben dem Fahrzeug am Boden liegenden Inhaber der Verputzerfirma in bewusstlosem und stark blutenden Zustand vor. Der Firmeninhaber wurde durch die massive Gewalteinwirkung des Täters auf Kopf und Gliedmaßen schwerst verletzt.

Aktenzeichen XY ungelöst konnte damals nicht weiterhelfen

Alle Ermittlungsschritte und Überprüfungen von Hinweisen aus der Bevölkerung nach Ausstrahlung der Sendung Aktenzeichen XY führten zu keinem Erfolg. Anfang 2020 wurden die Ermittlungen zum „Cold-Case-Fall“ vom Landeskriminalamt Vorarlberg mit Unterstützung der Beamten des Bundeskriminalamtes abermals aufgenommen. Das damalige Fahndungsblatt wurde für ein neuerliches internationales Fahndungsersuchen aktuell aufbereitet und im Juni 2020 an sämtliche europäische Interpol-Stellen übermittelt. Von den seinerzeit am Tatort gesicherten biologischen Spuren konnte DNA extrahiert werden. Der Täter war aus der angrenzenden Schweiz von Rheineck kommend mit einem Fahrrad und persönlichen Gegenständen über die Holzbrücke nach Gaißau eingereist und hatte diese Gegenstände letztlich auf der Flucht in der Nähe des Tatortes zurückgelassen. Aufgrund der Umstände konnte geschlossen werden, dass das an mehreren Spurenträgern gewonnene DNA-Profil mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vom Täter stammte.

DNA-Profil und Interpol

Dieses DNA-Profil wurde deshalb nochmals an die umliegenden europäischen Staaten zum Abgleich mit Profilen in den jeweiligen nationalen DNA-Datenbanken übermittelt. Am 25. Juni 2020 teilte Interpol Bern mit, dass das DNA-Profil mit einer Person übereinstimmt, die polizeilich erfasst worden war. Es handle sich dabei um einen 62-jährigen Österreicher. Weitere Abklärungen ergaben, dass der Gesuchte in verschiedenen europäischen Staaten, wie Deutschland, Norwegen, Schweiz, Luxemburg, Holland und Italien, als Wander- und Gelegenheitsarbeiter, Obdachloser und Bettler unterwegs war. Aufgrund der internationalen Kontakte im Rahmen der kriminalpolizeilichen Amtshilfe konnte Mitte Dezember 2020 der Aufenthaltsort des Österreichers an einem französischen Ort südlich des Genfer Sees festgestellt werden. Am 22. Dezember 2020 kam es zur Festnahme des Mannes. Der 62-Jährige wurde am 15. Jänner 2021 von Frankreich über die Schweiz nach Österreich ausgeliefert. Der Beschuldigte zeigte sich bei der Vernehmung durch Beamte des Landeskriminalamtes Vorarlberg größtenteils geständig und wurde in die Jusitzanstalt Feldkirch eingeliefert.

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