Abschluss der Predigt-Reihe
„... wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt ...“

Anna Grabner, Dekanatsassistentin Wels-Stadt, hat sich für sie Gedanken gemacht – und auch die Predigtreihe der vergangenen Wochen ermöglicht. | Foto: Privat
  • Anna Grabner, Dekanatsassistentin Wels-Stadt, hat sich für sie Gedanken gemacht – und auch die Predigtreihe der vergangenen Wochen ermöglicht.
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Für alle, die corona-bedingt zuhause bleiben, gibt es hier die Sonntagspredigt zum (Vor)lesen – vorerst ein letztes Mal...

WELS. WELS. Zum 13. Sonntag im Jahreskreis hat sich Anna Grabner vom Dekanat Wels-Stadt für Sie Gedanken gemacht. Sie drehen sich rund um Mt 10,37-42. Das ist Teil einer Rede Jesu, mit der er den Kreis der ihm Nachfolgenden aussendet, damit sie wirken wie er selbst. Und Nachfolge bedeutet Kreuzesnachfolge. Im folgenden die Predigt:
"Eine alte Legende erzählt von einem Menschen, der eines Tages zu Gott kam und ihm Vorwürfe machte: „Du bist herzlos mit mir. Du hast mir ein Kreuz auferlegt, das ich nicht tragen kann. Auf alle anderen hast du mehr Rücksicht genommen. Ihre Kreuze sind leichter als das meine.“
Da führte Gott den Menschen in einen großen Saal, in dem die Kreuze der ganzen Menschheit aufgestellt waren. Und er sprach: „Mein Sohn, der du an meiner Liebe und Gerechtigkeit zweifelst, geh hinein und suche dir selbst ein Kreuz, das du tragen willst.“
Der Mensch machte sich auf die Suche. Da sah er ein ganz dünnes, aber dafür war es länger und größer. Er sah ein ganz kleines, aber als er es aufheben wollte, war es schwer wie Blei. Dann sah er eins, das gefiel ihm, und er legte es auf seine Schultern. Doch da merkte er, wie das Kreuz gerade an der Stelle, wo es auf der Schulter auflag, eine scharfe Spitze hatte, die ihm wie ein Dorn ins Fleisch drang. So hatte jedes Kreuz etwas Unangenehmes. Und als er alle Kreuze durchgesehen hatte und die Suche schon aufgeben wollte, sah er in einer Ecke ein Kreuz stehen, das von allen am ehesten für ihn zu passen schien. Das war nicht zu schwer, nicht zu leicht, das war so richtig handlich, wie geschaffen für ihn. Dieses Kreuz wollte er in Zukunft tragen. Aber als er näher hinschaute, da merkte er, dass es sein Kreuz war, das er bisher getragen hatte.

Ein Kreuz mit den Kreuzen

Es ist schon ein Kreuz mit den Kreuzen. Passend sind sie nie. Und offensichtlich steht für jeden eins bereit. Aber maßgeschneiderte Bequemlichkeit ist nicht zu erwarten. Es ist eben ein Kreuz.
Und das drückt nieder, das schmerzt, und man reibt sich daran wund.
Es ist schon ein Kreuz, was da vielen zugemutet wird.
Es ist schon ein Kreuz, krank zu sein, ohne zu wissen, ob und wann es damit ein Ende haben wird.
Es ist schon ein Kreuz, nicht verstanden zu werden.
Es ist schon ein Kreuz, keine Arbeit zu haben und vergeblich auf eine „offene Stelle“ zu warten.
Es ist schon ein Kreuz, wenn die Kinder sich so ganz anders entwickeln, als man es sich gewünscht hat.
Es ist schon ein Kreuz, mit der Untreue eines Menschen fertig werden zu müssen.
Kreuze, die in immer neuen Variationen im Leben des Menschen auftauchen. Und passend sind sie alle nicht. Komfort-Kreuze gibt es nicht. Sie alle sind hinderlich und drücken, ja, oft scheinen sie einen Menschen zu erdrücken. Deshalb möchte man sie abschütteln oder wenigstens eintauschen gegen bequemere. Denn solche Kreuze lassen das Leben oft sinnlos erscheinen, machen Menschen mutlos und nehmen ihnen die Kraft zum Leben. Ganz offensichtlich aber sind Kreuze „vom Umtausch ausgeschlossen“.
Hilft da der Rat Jesu weiter, sein Kreuz kurzerhand auf sich zu nehmen und ihm zu folgen?
So ein „Reiß-dich-doch-zusammen!“ hilft da genauso wenig weiter wie der Hinweis, dass andere ein viel schwereres Kreuz zu tragen haben - besonders dann nicht, wenn das von Leuten gesagt wird, denen es ganz passabel geht. Die kein Kreuz zu tragen haben, können gut darüber reden, wie andere es tragen sollen.
Ich glaube, so kann der Rat Jesu, das Kreuz auf sich zu nehmen, nicht gemeint sein. Wir müssten wohl herauszufinden versuchen, ob die Aufforderung Jesu nicht doch eine Hilfe für ein gelungenes Leben sein kann.

Gott als "Wasseroase"

Ich möchte dem mit einer Geschichte aus Afrika näherzukommen versuchen. Natürlich ist der böse Mann in dieser Geschichte nicht mit Gott gleichzusetzen; aber das Verhalten der Palme scheint mir hier wichtig. Die Geschichte erzählt:
Durch eine Oase ging ein finsterer Mann, Ben Sadock. Er war so gallig in seinem Charakter, dass er nichts Gesundes und Schönes sehen konnte, ohne es zu verderben. Am Rand der Oase stand ein junger Palmbaum im besten Wachstum. Das stach dem finsteren Mann in die Augen. Da nahm er einen schweren Stein und legte ihn der jungen Palme mitten in die Krone. Mit einem bösen Lachen ging er weiter.
Die junge Palme schüttelte sich, bog sich und versuchte, die Last abzuschütteln. Vergebens. Zu fest saß der Stein in ihrer Krone. Da krallte sich der junge Baum tiefer in den Boden und stemmte sich gegen die steinerne Last. Er senkte seine Wurzeln so tief, dass sie die verborgene Wasserader der Oase erreichten, und stemmte den Stein so hoch, dass die Krone über jeden Schatten hinaus reichte. Wasser aus der Tiefe und Sonne aus der Höhe machten eine königliche Palme aus dem jungen Baum.
So weit die Geschichte.
Weil der Palme eine widrige Last auferlegt wurde, musste sie Gegenkräfte entwickeln. Sie bekam tiefere Wurzeln und konnte so nicht nur überleben, sondern wurde auch stärker.
Das Kreuz im Leben kann auf der einen Seite einen Menschen in die Resignation treiben. Es kann ihn bitter, hart, böse und voller Hass machen.
Und wer wollte hier vorschnell einen Menschen verurteilen?
Aber offensichtlich gibt es auf der anderen Seite auch dies: dass im Kreuz eine positive, verwandelnde Kraft liegen kann. Da resignieren Menschen nicht einfach, werden im Selbstmitleid nicht kraftlos, werfen die Flinte nicht ins Korn, sondern setzen sich in oft hartem Ringen mit ihrem Kreuz positiv auseinander und entdecken mit der Zeit, dass ihr Leben tiefere Wurzeln bekommen hat; dass sie reifer wurden, widerstandsfähiger auch in anderen Schwierigkeiten, die uns in unserem Leben nichterspart bleiben, die aber nur allzu oft Menschen umknicken, weil sie nur an der Oberfläche geblieben sind.
Woher kommt diese Kraft oder woher kann sie kommen?
Man wird es nur ahnen können. Vielleicht ist Gott „die verborgene Wasserader der Oase“, die Quelle, die solche Menschen mit Kraft speist.

Das Kreuz tragen...

Sein Kreuz auf sich nehmen, das ist zwar nie ein Vergnügen, aber es kann offensichtlich auch neue Lebensmöglichkeiten aufschließen, die sonst verborgen blieben.
Teilhard de Chardin hat einmal gesagt: „Manchmal bedient sich Christus unseres Elends und unseres Unglücks, um uns auf höhere Wege zu lenken.“
Vielleicht ist auf diese Weise auch etwas von der Verheißung erfahrbar, die vom Kreuz Christi ausgeht. Sein Kreuz hat ihn das Leben gekostet, doch durch seine Annahme hat er das Leben in der Auferstehung neu und größer gewonnen. Deshalb mag sein Kreuz uns in unseren Kreuzen Verheißung sein: Kreuzesnachfolge führt nicht in die Sinnlosigkeit, in Gottver-lassenheit und Tod, sondern in die Befreiung, in das Leben in Fülle.

Ein Wort danach

Ein Kreuz in unserer Zeit ist die Coronakrise, die uns in den letzten Monaten ein gemeinsames Feiern der Gottesdienste verwehrt hat. Dank der guten Kooperation mit dem Redaktionsteam der Bezirksrundschau und den SeelsorgerInnen der christlichen Kirchen wurde es ermöglicht, dass jede Woche Gedanken zum Sonntagsevangelium veröffentlicht werden konnte.

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