Für viele ist der Schulanfang nicht mehr leistbar
Schulstart kostet weit über 200 Euro. 200 Welser Familien haben letztes Jahr um Förderung angesucht.
Für 565 Kinder aus der Stadt Wels beginnt am kommenden Montag ein neuer Lebensabschnitt. Sie werden in den elf Welser Volksschulen ihren ersten Schultag erleben. "Die Zahl der Taferlklassler ist in den letzten Jahren gleichbleibend. Wir hätten noch Platz für 15 weitere Schulanfänger gehabt", erklärt Bezirksschulinspektorin Karin Lang. 40 Prozent der Erstklassler haben Migrationshintergrund.
Sprachtests für Migranten
"Heuer wird es erstmals einen Sprachstandstest für Kinder, deren Erstsprache nicht Deutsch ist, geben. Dieser ist bis Anfang Oktober für alle Schulen verpflichtend, um das Sprachniveau jedes einzelnen Schulanfängers zu ermitteln und Lehrern eine wichtige Orientierung zu geben. Geprüft wird der Wortschatz, das Sprechen, das Verständnis beim Zuhören, das Lesen, das Schreiben und die Grammatik", so Lang.
Eine Neuigkeit gibt es auch in der VS 3 in der Schauerstraße. Schüler der ersten, zweiten und dritten Klassen werden in einer "jahrgangsgemischten Klasse" unterrichtet. "Dieses Konzept wird schon seit einigen Jahren in der VS 9 angewendet. Die Erfahrungen sind äußerst positiv. Es gibt viel mehr Anmeldungen als Plätze", meint Lang.
Für viele kaum leistbar
Während die Vorfreude auf den ersten Schultag bei den Kleinen groß ist, plagen viele Eltern erhebliche Sorgen. 203 Personen haben im vergangenen Jahr bei der Stadt um finanzielle Unterstützung angesucht. Rund 600 Kinder waren 2012 Taferlklassler. "Der Schulstart bringt vor allem für einkommensschwache Familien eine hohe finanzielle Belastung mit sich. Mit der Schulbeginnunterstützung wird zumindest ein Teil der anfallenden Kosten ersetzt“, erklärt Sozialreferentin Silvia Huber.
"Mit über 200 Euro zum Schulstart muss man rechnen. Eine halbwegs gute Schultasche kostet 100 Euro, dazu kommen Ausgaben für einen Werkkoffer, ein Patschensackerl, Malsachen, eine Federschachtel und Hefte", rechnet Verena Wiesinger vor. Sie unterrichtet eine erste Klasse der VS 6 in der Neustadt.
"Bei einer Familie mit mehr als einem Kind dürfen im September keine weiteren Ausgaben dazukommen. Vor allem das Markendenken ist enorm. Grund dafür sind Gruppenzwang und Einfluss der Werbung", berichtet Lang.
Stadt Wels unterstützt Schulanfänger
Für alle Mädchen und Buben aus Wels, die heuer in eine Volksschule eintreten, stellt die Stadt Wels wieder eine Schulbeginnunterstützung zur Verfügung. Anspruchsberechtigt sind dabei Schülerinnen und Schüler, die in Wels ihren Wohnsitz haben und die 1. Schulstufe der Volksschule besuchen. Vorschülerinnen und Vorschüler können ebenfalls die Unterstützung beanspruchen, damit entfällt aber die Beihilfe bei Eintritt in die 1. Schulstufe der Volksschule. Die entsprechenden Formulare werden am Schulanfang in den Schulen an die Kinder ausgeteilt und liegen darüber hinaus beim Bürgercenter im Rathaus, Stadtplatz 1, Erdgeschoss, Zimmer 7 auf. Die Höhe der Unterstützung beträgt 78 Euro für Vollfamilien (zwei Erziehungsberechtigte) mit lohnsteuerpflichtigem Einkommen bis zu 2094,08 Euro beziehungsweise für Teilfamilien (ein Erziehungsberechtigter) bis 1675,26 Euro.
Bei weiteren unterhaltspflichtigen Personen im Haushalt erhöht sich das oben angegebene lohnsteuerpflichtige Einkommen um den Richtsatz für versicherte Kinder nach den Bestimmungen des ASVG. Derzeit sind das 129,24 Euro.
Als Familieneinkommen gilt der Gesamtbetrag des lohnsteuerpflichtigen Einkommens (einschließlich Steuerbefreiungen) sowie alle Unterhaltsleistungen der Eltern beziehungsweise des Elternteiles und dessen Lebensgefährten. Einkommensnachweise wie Gehalts- oder Lohnzettel, Bezugsbestätigung des Arbeitslosengeldes, Notstandshilfe, Kinderbetreuungsgeld etc. sind in Kopie aus den letzten drei Monaten vor der Antragstellung vorzulegen. Werden keine, nur unvollständige (mangelhafte) oder nicht die geforderten Nachweise vorgelegt, erfolgt keine Auszahlung.
Gutscheinaktion der Volkshilfe
„Eltern die von Armut gefährdet sind, bekommen in allen Volkshilfe Regionalbüros rasch und unbürokratisch pro schulpflichtigen Kind, egal in welchem Alter, einen 30 Euro Gutschein von Libro“, erklärt Volkshilfe Geschäftsführer Karl Osterberger. Benötigt werden lediglich ein Einkommensnachweis und der Bescheid über die Familienbeihilfe.
Auch das neue Schuloutfit, die Turnschuhe oder die Schultasche können günstig bei der Volkshilfe erworben werden. In den 16 oberösterreichischen Volkshilfe Shops warten neuwertige Kindertextilien oder auch der erste eigene Schreibtisch auf die Schüler. Rückfragehinweis: Christiane Seufferlein, Tel. 0732/3405-155.
Kostenfalle Schulananfang
Wer sich hier die Mühe macht und Preise vergleicht, kann viel sparen. Der Preis sollte dabei aber nicht das einzige Argument sein. Auch Qualität und Langlebigkeit von Produkten sollten in die Überlegungen einbezogen werden. Mit dem Kauf von Heften, Stiften & Co. am Beginn des Schuljahres ist es aber nicht getan: Kopierkosten, Milchgeld, Projekt- und Wandertag und vieles mehr kommen im Laufe das Schuljahres dazu. Wenn dann auch noch ein neuer Computer angeschafft werden muss oder eventuell Nachhilfestunden zu bezahlen sind, dann ist ein knappes Familienbudget schnell überstrapaziert.
Die OÖ Schuldnerhilfe hat einige Tipps gesammelt, die helfen sollen, die finanziellen Belastungen am Schulanfang und während des Schuljahres so gut wie möglich meistern zu können:
Förderungen: Von Bundesland zu Bundesland gibt es unterschiedliche schulbezogene Unterstützungen für Familien. In Oberösterreich finden Sie eine gute Übersicht auf der Homepage www.familienkarte.at unter der Rubrik „Förderungen“.
Verpflegung: Geben Sie Ihrem Kind eine Jause von daheim mit in die Schule. Im Vergleich zum Schulbüffet sparen Sie einiges. Für die Mittagspause kann die Schulausspeisung eine günstige und abwechslungsreiche Verpflegungsmöglichkeit sein.
Hefte & Co: Materialien aus dem vergangenen Schuljahr lassen sich oft weiterverwenden, soweit dies möglich und von den Lehrkräften erwünscht ist. Wenn mehrere Schulkinder in der Familie sind, lassen sich manche Schulsachen an jüngere Geschwister weitergeben.
Ausflüge: Überlegen Sie, wie viel Geld Ihr Kind auf einem Ausflug oder einer Schulsportwoche realistisch für die Verpflegung brauchen wird. Tauschen Sie sich hier mit anderen Eltern und der Lehrkraft aus. Sonderausgaben sind vom Taschengeld zu bezahlen.
Schulweg: Nutzen Sie die Möglichkeiten der Schülerfreifahrt oder erkundigen Sie sich, ob eine abwechselnde Fahrgemeinschaft von Eltern möglich ist. Das spart Zeit und Geld. Kürzere Distanzen können auch mit Fahrrad oder zu Fuß zurückgelegt werden.
Nachhilfe: Wenn Ihr Kind Nachhilfe benötigt, informieren Sie sich über die verschiedenen Anbieter auf dem Markt. Dabei geht es aber nicht nur um die Kostenfrage. Auch Gruppengröße, Intensität und Erfahrungen anderer sind wichtige Faktoren.
Markensachen und Gruppendruck: Muss z.B. das neue teure Smartphone wirklich sein, nur weil es alle anderen auch haben? Hier gilt: Reden Sie mit Ihrem Kind darüber! Fragen Sie, wozu es ein Handy braucht. Für den Anfang reicht meist ein Standardhandy mit Wertkartentarif. Ihr Kind ist für Sie erreichbar, es muss mit einem vorgegebenen Budget auskommen und lernt so, verantwortungsvoll mit Guthaben und Geld umzugehen.
Familienfinanzen: Reden Sie mit Ihrem Kind über die finanziellen Möglichkeiten und Grenzen der Familie. Binden Sie es in Diskussionen und Entscheidungen mit ein. So fördern Sie auch das Verständnis Ihres Kindes für die familiären Finanzen. Versuchen Sie gleichzeitig Wertschätzung für die gekauften Schulsachen zu vermitteln. Manches davon soll mehrere Schuljahre halten, um nicht wieder teuer angeschafft werden zu müssen.
Auf dem Schulweg lauern viele Gefahren
101 Kinder waren im Vorjahr am Schulweg Opfer eines Verkehrsunfalls. Die Stadt Wels hat den Folder „Tipps für den sicheren Schulweg“ verfasst. Die wichtigsten Punkte:
Kinder sollen helle Kleidung sowie Rückstrahler bzw. reflektierende Aufkleber auf der Schultasche tragen.
Beim Fahren mit dem Bus ist es wichtig, nicht direkt vor oder hinter dem Bus die Fahrbahn zu überqueren.
Der Ein- und Ausstieg aus dem Auto sollten immer auf dem Gehsteig an der Schule zugewandten Seite erfolgen. Der gesamt Folder steht im Internet: www.wels.gv.at.
In Wels sichern Polizisten und Zivildiener den Schulweg. Bei den Volksschulen Neustadt, Lichtenegg und Pernau ist eine ehrenamtliche Schulwegpolizei im Einsatz, für die dringend Freiwillige gesucht werden: Auskünfte unter Tel. 0676/928 92 94, Ernst Plamberger.
Das rät die Psychologin
„Den Kindern am ersten Schultag mit dem Ernst des Lebens zu drohen, ist falsch“, sagt Psychologin Michaela Köck. Sie leitet die Beratungsstelle des Landeschulrates in Wels. Werden negative Veränderungen wie Schlafstörungen oder depressive Stimmung bemerkt, muss so rasch wie möglich mit den Lehrern gesprochen werden“, betont Köck. Daheim gilt es, vertraute Rituale zu schaffen: „Wenn ein Kind von der Schule nach Hause kommt, sollte man es zunächst ankommen lassen. Nach dem gemeinsamen Essen braucht es Zeit zum Verdauen und Spielen, bevor es sich wieder mit der Hausübung beschäftigt“, sagt Köck. Das freie Spiel sei besonders wichtig: „Bei Spiel und Bewegung entwickelt sich das Kind. Daher darf man Kinder nicht mit zu vielen fix geplanten Freizeitaktivitäten überfordern", sagt die Psychologin. Info-Tel. 07242/44135.
Regionale Schultüte mit vielen gesunden Hits für „kuhle“ Kids
Traditioneller Weise darf zum Schulstart auch eine Schultüte nicht fehlen.
Die oberösterreichischen Bäuerinnen bieten in diesem Fall die ideale Lösung an. Es wurde eine „kuhle“ Schultüte entwickelt, die individuell – nach Lust und Laune – mit speziellem Geistesblitzfutter gefüllt werden kann. Die buntbedruckte Schultüte kann zum Preis von 1,50 Euro gekauft werden.
„Den Bäuerinnen ist es ein Anliegen, den Schulanfängern zu zeigen, dass Gesundes ausgezeichnet schmeckt. Wir wollen vermitteln, dass eine bewusst ausgewählte Jause die Lern- und Konzentrationsfähigkeit der Schüler äußerst positiv beeinflusst“, so die Vorsitzende der Bäuerinnen Anita Straßmayr.
Die regionalen Leckereien, wie zum Beispiel knusprige Apfelchips, oder frischer Fruchtsaft aus heimischen Früchten, können direkt am Bauernmarkt in Wels oder bei Direktvermarktern der Region gekauft werden. Für Eltern wird es damit leicht, die Schultüte vernünftig zu befüllen. Weitere Informationen, sowie eine Broschüre über bäuerliche Direktvermarkter erhalten sie auch in der Bezirksbauernkammer Wels, Karin Hangweyrer, Tel. 050/6902-4814.
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