Mysterium um "Rote Kreuze": Der Geschichte auf den Grund gehen
In Oberösterreich sind etwa 60 "Rote Kreuze" bekannt. Eine Kapelle, die diesen Namen trägt, steht in Edt.
EDT. In ganz Mitteleuropa finden sich Kleindenkmäler, die "Rotes Kreuz" genannt werden. Diese Bezeichnung und ihre Standorte an alten Wegen, Straßenkreuzungen oder früheren Landgerichtsgrenzen lassen ein System vermuten, dessen Bedeutung mit der Zeit verloren ging. Es scheint aber eine Art Geheimnis über diesen Gedenkstätten zu schweben. Häufig entstanden aus den Roten Kreuzen über die Jahre Kapellen. Eines dieser Kleindenkmäler befindet sich auch in der Ortschaft Unterroithen in Edt bei Lambach. Die unmittelbar neben der heutigen B1 gelegene Kapelle wird urkundlich erstmals 1785 im sogenannten Fassionsbuch, einem im Absolutismus eingeführten Verzeichnis über Haus und Grund, erwähnt. Das die Kapelle umgebende Gebiet gehörte demnach zum Grund von Leopold Fischer-Edtbauer und befindet sich auch heute noch im Besitz des gleichnamigen Hofes. Während über das genaue Alter nur gemutmaßt werden kann, steht fest, dass die "Rote Kapelle" im Jahr 1937 renoviert wurde und zwischenzeitlich den Namen Dollfuß-Kapelle trug.
Früher eine Richtstätte
Für Friedrich Ilk, den Lambacher Bürgermeister a.D., hat der Name "Rote Kapelle" nichts mit dem äußerlichen Anstrich zu tun. "Ich habe mich immer schon für Zeitgeschichte und für Kulturdenkmäler interessiert und deswegen eine Ausbildung zum Heimatforscher gemacht. Im Zuge meiner Arbeiten kam ich auch mit der Roten Kapelle in Kontakt", erzählt Ilk. Er deutet Rot mit dem altgermanischen Wort "ruot", das für Recht steht. Daher sei die Kapelle ein Ort gewesen, an dem Recht gesprochen wurde. "Das Wort "ruot" ging mit der Zeit im Sprachgebrauch verloren, was blieb war die Farbe", so der Heimatforscher.
Zahlreiche Sagen bekannt
Abseits des geschichtlich fundierten Hintergrundes ranken sich um die "Rote Kapelle" in Edt zahlreiche Sagen. Heute von vier Linden umgeben, soll die Kapelle früher nur im Schatten einer alten Linde gestanden sein. Als der Stamm schon hohl war, entzündeten ein paar Burschen der Sage nach ein Feuer in seinem Inneren. Der Baum erholte sich nie von den Schäden und fiel schließlich einem Sturm zum Opfer. Im zersplitterten Holz fand man eine Menge Bleikugeln und damit den Beweis, dass bei der Kapelle nicht nur gerichtet, sondern auch hingerichtet wurde. Eine weitere Sage erzählt von einem Schatz, den ein Franzose im Krieg unter dem Baum vergraben haben soll. Auf dem Totenbett weihte er einen Kameraden in sein Geheimnis ein. Dieser soll nach dem Friedensschluss nach Edt gekommen sein, um den Schatz zu bergen. Dafür lieh er sich von einem örtlichen Bauern Schaufel und Krampen. Als der Bauer am folgenden Morgen nachsehen wollte, fand er nur ein tiefes Loch. Ein weiterer Franzose soll einst das hölzerne Kapellenbild zerstört und der Jesusfigur die Füße abgehackt haben. Zur Strafe, so die Sage, wurden auch ihm wenig später die Füße abgeschossen.
Erhebung
Einige Rote Kreuze sind in den Wanderkarten eingezeichnet. Mit der Erfassung aller – auch der abgekommenen Kreuze – besteht die Möglichkeit, etwa durch Wanderwege oder Fahrrad-Routen Gäste mit der Geschichte der Region auf eine besondere Weise vertraut zu machen.
Die Roten Kreuze sollen in einer Karte eingetragen werden. Auch mündliche Überlieferungen können dafür von Bedeutung sein. Diese könnten lauten: "Der Ort galt immer schon als enterisch" oder "Das ist eine alte Hinrichtungsstätte".
Kennen Sie weitere Denkmäler, die auf Rote Kreuze hinweisen könnten? Sollten Sie einen Zusammenhang vermuten, informieren Sie bitte den Verein "Kultur Plus/Eurojournal", Elisabeth Schiffkorn, Tel. 0650 7004292, oder per Mail an kultur.plus@liwest.at
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