Coriolanus
Ein kriegerisches Muttersöhnchen
Das Festival "Europa in Szene" bringt in diesem Herbst wieder hochkarätige inszenierungen und literarische Salongespräche in die Kasematten. Am Anfang des Festivals stand eine grandiose Inszenierung von Shakespeare's "Cariolanus".
WIENER NEUSTADT. "Darf ich Sie bitten, wenn Sie grad in Stimmung sind, mir Ihre Stimmen zu geben?" Shakespeare's Held, Coriolanus, der patrizische General Caius Marcius ist gefeierter Kämpfer Roms, ehrgeizig und zugleich im Zwiespalt und, eine Marionette seiner Mutter Volumnia (Judith Richter). Lukas Haas windet sich in den historischen Kasematten Wiener Neustadts, seine Mutter, elegant, marzialisch und kühl berechnend: Eine Entschuldigung bei den Plebejern versucht er, halbherzig. Ferngesteuert. Lukas Haas alias Coriolanus, der Hin- und Hergerissene, der alle Kämpfe gegen die Volsker und seinen Erzfeind Aufidius (Philipp Dornauer) gewonnen hat, lässt alles offen. Verfeindet sich, versöhnt sich, leistet Pionierarbeit, um den Link zum Populismus herzustellen. Oder zur Demokratie. Er fragt das Volk. Als Demokrat. Dennoch verbrüdert sich mit dem Erzfeind, und stirbt an der eigenen Mission. Bei den Besuchern zurück bleibt der Gedanke: Wie hätte ich entschieden? Tod oder Macht?
Krieg und Frieden
Die Regisseurin Azelia Opak (28) hat es sich nicht leicht gemacht. Das wenig gespielte, weil hoch komplexe Stück Shakespeare's hat die Reinhardt-Absolventin ausgewählt, um die Frage in den Raum zu stellen, ob und wie Frieden im Krieg oder Krieg im Frieden möglich ist, und ob Empathie für 'Opinion-Leader' in diesem Kontext überhaupt möglich ist und eine Bedeutung hat. Opak inszeniert geschickt und richtet unterschwellig Fragen an das Publikum, versteht es meisterhaft, den Figuren Shakespear's neue Konturen zu geben und das Stück somit mit allen Attributen einer Inszenierung mit top-aktueller Bedeutung zu adeln. Hervorragende Darsteller, wie Lukas Haas, Judith Richter, Philipp Dornauer, Paul Hüttinger, Jens Ole Schmieder und Uwe Reichwaldt, (der Regisseur der kommenden Aufführung "Totentanz") leben ihre Rollen mit Leidenschaft und schaffen mit Fingerspitzengefühl, auch Shakespear'schen Witz subtil einzubringen.
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