Lebensmittel sind nichts mehr wert
Jahr für Jahr landen mehr gute Lebensmittel im Abfall. Im Bezirk gibt es Menschen, die diesem Wahnsinn nicht tatenlos zusehen wollen.
BEZIRK. „Mit dem, was Tag für Tag an guten Lebensmitteln weggeschmissen wird, könnten die Flüchtlinge in Traiskirchen gut ernährt werden“, sagt Karin. Sie muss es wissen, hat sie doch in einem Autobahnrestaurant gearbeitet, das ganz auf modische und viel beworbene Frische-Philosophie setzt. Alle paar Stunden müssen dort - unter Androhung von Kündigung! - Brot, Salat, Fleisch & Co aus optischen Gründen ausgetauscht und entsorgt werden. So landen in dieser Raststätte pro Woche geschätzte 6 bis 10 Tonnen tadelloses Essen in der Biotonne, um geschreddert zu werden.
Auch in Supermärkten fallen regelmäßig viele gute Lebensmittel in den Müll. Denn im Markt selbst animiert ja nur tadellos aussehende „Ware“ zum Einkaufen. Elmar war lange Zeit „Lebensmittel-Dumpsterer“, er tauchte während seiner Studienzeit in den Mülltonnen des Bezirks nach Bananen, frisch verpacktem Obst und Brot und ernährte sich fast ausschließlich davon. Heute ist das schwierig, die meisten Märkte haben ihre Mülltonnen weggesperrt.
Auch Kathi Koca aus Enzesfeld rettet Lebensmittel aus dem Müll – etwa aus Transportwägen. Sie verschenkt sie an Familien im Triestingtal, die sich die tägliche Mahlzeit nicht leisten können. „Wenn Sie Lebensmittel brauchen, dann schreiben Sie an giveme_abanana@outlook.com. Ich behandle alle Anfragen vertraulich“, so die 25-Jährige, die damit auch selbst kocht. "Weggeschmissen wird nichts!"
Auch in privaten Haushalten im Bezirk werden immer öfter gute Lebensmittel einfach weggeschmissen. „Sicher verleitet das Überangebot dazu, zu viel zu kaufen. Das wird noch gefördert durch Aktionen wie Nimm drei, zahl zwei“, weiß Manfred Kowatschek, Abfallberater beim Gemeindeverband für Abfallbeseitigung (GVA).
Er rät dazu, nicht ohne Einkaufszettel einkaufen zu gehen (siehe Zur Sache nebenan). Denn 2014 landeten immerhin pro Einwohner im Bezirk durchschnittlich 40 Kilo gute Lebensmittel im Abfall – 60.000 Tonnen in ganz Niederösterreich.
"Die Leute werden immer heikler: Viele schmeißen abgelaufene Waren fast panisch weg. Dabei sind sie oft noch genießbar, man müsste sie nur prüfen." sagt Kowatschek.
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