Mit dem Baby ins Büro: Was die Arbeitswelt von Familien hat
Familienministerin Sophie Karmasin spricht über Geld, Rabenmütter und Regenbogenfamilien.
ORTH. "Musst du schon wieder arbeiten?" Diesen Vorwurf musste sich auch Familienministerin Sophie Karmasin anhören, als sie nach der Geburt ihrer beiden Söhne ins Arbeitsleben zurückkehren wollte: "Wir sind noch weit von skandinavischen Modellen entfernt. Gutausgebildete junge Frauen müssen sich noch immer zwischen Kind und Karriere entscheiden, der Arbeitsmarkt ist unflexibel und daher familienunfreundlich", stellte Karmasin bei der "B.equal B.family"-Diskussion in der Betriebsstätte von Baxalta fest. Das Rezept dagegen liegt bei den Unternehmen selbst. Familienfreundlichkeit rechne sich für den Betrieb, die Mitarbeiter seien motivierter, weniger krank und leistungsbereiter, wenn ihnen in kritischen Phasen geholfen wird: "Wenn ein Kind krank wird, die Betreuer ausfallen, ist das Unternehmen gefordert, Lösungen zu finden", so Karmasin. Da könne es schon einmal passieren, dass das Baby kurzerhand ins Büro mitgenommen werden muss.
"Das Geld ist da"
Auch die Angebote und Schließzeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen sei verbesserungswürdig. Vor allem die Kluft zwischen dem städtischen und ländlichen Raum ist eklatant. Während in Wien laut Arbeiterkammer 44,7 Prozent der Einjährigen einen Betreuungsplatz haben, sind es in Niederösterreich gerade einmal 1,7 Prozent. Zehn Bezirke in NÖ haben keinen Krippenplatz, im Bezirk Gänserndorf nur zwei Gemeinden, nämlich Strasshof und Gänserndorf. "Die Kinderbetreuung der unter Dreijährigen ist Ländersache, aber das Argument, es gäbe kein Geld, gilt nicht", untermauert die Familienministerin mit Zahlen: "305 Millionen Euro sind bis ins Jahr 2017 für das Familienressort bereitgestellt, so viel wie in keinem anderen Ressort. Es muss nur abgeholt werden." Sie empfiehlt, aktiv zu werden und die Bürgermeister in die Pflicht zu nehmen. Auch Tagesmütter gehören gefördert: "Sonst wird argumentiert, es sei kein Bedarf und die Familien wandern ab", weiß Karmasin.
Familie: mehr als Vater, Mutter, Kind
"Ich fasse den Familienbegriff über biologische oder rechtliche Grundlagen hinaus. Familie bedingt keine genetische Verbindung", sagt Karmasin. Das Recht auf Ehe bleibt homosexuellen Paaren jedoch weiterhin verwehrt: "Österreich ist das einzige Land, das Homosexuelle bei der Familiengründung gleichstellt, aber bei der Ehe nicht. Das gehört angeglichen", kritisiert Helmut Graupner von "ehe-gleich".
Bei den Karenzzeiten sollen Väter gleichfalls anpacken. Karmasin hat dafür ein Finanzpaket von 830 Millionen Euro geschnürt, das die Erhöhung und monatliche Auszahlung der Familienbeihilfe, einen Partnerschaftsbonus von 1000 Euro, wenn beide Elternteile in Karenz gehen, und das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld beinhaltet: "Es geht auch um Wertschätzung. Vätern muss es etwas wert sein, sich bei der Kinderbetreuung zu engagieren."
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