Mein Bezirk 2020: Arbeit hat sich stark gewandelt
Das Ende der Textilindustrie brachte hohe Arbeitslosigkeit im Bezirk Gmünd, daran laboriert man immer noch.
BEZIRK (eju). War der Bezirk Gmünd in den 1960er und 70er-Jahren noch eine Industriehochburg, besonders im Textilsektor, so änderte sich dies mit dem Niedergang des Letzteren. Die Arbeitslosigkeit hielt in überdurchschnittlicher Höhe Einzug. AMS-Vize-Leiter Manfred Haumer analysiert die Veränderungen am Arbeitsmarkt im Bezirk Gmünd.
BB: Hat sich Arbeit gewandelt?
HAUMER: "Ja. Der extreme industrielle Wandel setzte Mitte der 1980er-Jahre ein. Die Textilarbeitsplätze haben sich fast komplett reduziert. Die typischen einfachen Fabriksarbeiten, wie es sie in der Textilindustrie im Gegensatz zur Metallindustrie gab, existieren beinahe nicht mehr. Betriebe fragen heute eher nach qualifizierten Mitarbeitern, selbst im Hilfskräftebereich sind verschiedene Zusatzqualifikationen gefragt."
BB: Aber kann man jede Person endlos schulen, bis sie einen geforderten Level erreicht hat?
HAUMER: "Die Chance, dass Menschen, die es mit dem Lernen schwerer haben, sich in einer einfachen Arbeit entwickeln dürfen, wird geringer. Derartige Arbeitsplätze werden weniger, ob das nur mit der Gewinnmaximierung zu tun hat, wage ich zu bezweifeln. Viele Tätigkeiten, wie etwa Reinigungstätigkeiten, werden auch ausgelagert."
BB: Wo haben dann Absolventen einer Sonderschule eine Chance, wenn es für die einer Regelschule schon schwer ist?
HAUMER: "Es liegt immer daran, ob Betriebe auch bereit sind, Schwächeren eine Chance zu geben. Es gibt niemanden, der für gar nichts geeignet ist, jeder hat Talente, man muss sie nur finden!"
BB: Welche Gründe katapultieren Menschen sonst noch aus dem Erwerbsleben?
HAUMER: "Viele durch Stress oder psychische Erkrankungen. Diese Personen sind sehr schwer zu integrieren, auch wenn sie hochqualifiziert sind. Diese Krankheiten wieder weg zu bekommen, ist oft ein langwieriger Prozess."
BB: Wo gibt es noch arbeitsmarkttechnische Problemfelder?
HAUMER: "Im Behindertenbereich ist die Zahl der Vorgemerkten extrem im Steigen. Barrieren für körperbehinderte Menschen sind im Vergleich relativ einfach zu beseitigen. Jemand, der ein anderes Leiden hat, hat es schwerer. Hier sind wir darauf angewiesen, dass Betriebe Personen, die nicht 100-prozentig einsetzbar sind, eine Chance geben. Dafür haben wir relativ gute Förderungen."
BB: Was erwartet uns am Arbeitsmarkt im Jahr 2020?
HAUMER: "Der Pensionsantritt wurde erschwert, Invaliditätspensionen gibt es fast nicht mehr. 2020 ist die Babyboomer-Generation etwa 60, dann werden viele Personen gleichzeitig in die Pension streben. Aktuell sind die älteren Arbeitnehmer in der Statistik um über 20 Prozent gestiegen, das wird sich noch verschärfen."
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