TLP: Gewalterfahrungen von Tiroler Frauen und ihre Auswirkungen

Dr. Verena Berger-Kold, Vorsitzende des TLP.
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Mehr als ein Drittel aller Frauen, die sich in Tirol in psychotherapeutischer Behandlung begeben, haben psychische oder körperliche bis hin zu sexueller Gewalt erlitten. Laut Weltgesundheitsorganisation ist die Gewalt in Paarbeziehungen die häufigste Form der Gewalt, denen Frauen ausgesetzt sind.
„Betroffene Frauen in Tirol sprechen selten von sich aus über die Gewalterfahrungen. Zum einen ist auch bei uns die Scham sehr groß. Zum anderen werden Frauen im Prozess der Offenlegung nicht selten zusätzlich stigmatisiert. Aus der psychotherapeutischen Praxis wissen wir, dass hinter sehr vielen Störungen und Erkrankungen, die Frauen zeigen, Gewalterfahrungen liegen. Das können Depressionen, Angststörungen, Essstörungen, posttraumatische Belastungsstörungen oder Schmerzstörungen sein“, berichtet Dr. Verena Berger-Kolb, Vorsitzende vom Tiroler Landesverband für Psychotherapie (TLP).
„Auch körperliche Erkrankungen der weiblichen Organe oder auch Störungen der Sexualität, können Ausdruck von Gewalterfahrungen sein. Viele Symptome und Erkrankungen können als Reaktion des Körpers auf eine unzumutbare Realität verstanden werden. Deshalb ist eine Behandlung auf einer rein medizinischen Ebene in vielen dieser Fällen unzureichend“, so Dr. Verena Berger-Kolb.
„Im Laufe der psychotherapeutischen Behandlung erfahren wir oft, dass hinter den Symptomen häufig verschiedenste Gewalterfahrungen liegen. Oftmals haben diese bereits in der Kindheit begonnen und setzen sich in späteren Beziehungen fort. Für viele Frauen ist es sehr schwierig, sich aus der Abhängigkeit zu befreien und aus den gewohnten Gewaltstrukturen auszubrechen“, berichtet die Tiroler Psychotherapeutin Mag. Monika Frenes.
Psychotherapie ermögliche einerseits eine Linderung der Symptome, anderseits die Auseinandersetzung mit krankmachenden Lebensbedingungen und Rollenanforderungen. „Psychotherapie kann helfen, frühere Gewalterfahrungen zu verarbeiten, sich diese in der ganzen Dimension bewusst zu machen“, so Mag. Monika Frenes.
„Teil einer geschlechtersensiblen Psychotherapie ist es, Frauen mit Gewalterfahrungen in ihrem Weg aus der Abhängigkeit in Paarbeziehungen zu begleiten, sie in der Förderung von mehr Autonomie zu unterstützen. Ziel der Psychotherapie ist es dann auch, die Frauen in der Umsetzung eines selbstbestimmten Lebens entsprechend den eigenen Bedürfnissen zu unterstützen“, so Verena Berger-Kolb und Monika Frenes.
„Nährboden für das hohe Ausmaß der Gewalt an Frauen sind gesellschaftliche Strukturen, die ein hierarchisches Geschlechterverhältnis stützen und traditionelle Rollenzuschreibungen festschreiben. Das Ausmaß an Gewalt an Frauen steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Vorherrschen an patriarchalen Gesellschaftsstrukturen“, so Verena Berger-Kolb und Monika Frenes abschließend.

Dr. Verena Berger-Kold, Vorsitzende des TLP.
Mag. Monika Frenes, Psychotherapeutin.
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