15 Prozent Wachstum für Bio-Metzger

"Der Trend geht hin zum Sonntagsbraten", weiß Bio-Metzger Anton Juffinger.
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  • hochgeladen von Sebastian Noggler

THIERSEE (nos). Anton Juffinger, Geschäftsführer und Eigentümer der Bio-Metzgerei Juffinger in Thiersee, hat guten Grund sich zu freuen: Entgegen den Branchentrends konnte sein Unternehmen im Vorjahr 15 Prozent Umsatzwachstum verbuchen – von 4,85 Millionen Euro im Jahr 2013 auf 5,7 Millionen im Jahr 2014.
Auch neue Märkte konnte Juffinger dabei erschließen, nicht nur im Ausland sondern auch in Tirol. Jufinger setzt dabei mit einem eigenen Betreuer auf die heimische Gastronomie und hat sich mit Eurogast Riedhart in Wörgl auch einne regionalen Partner für Logistik-Synergien an Bord geholt. Rund 52 Prozent der in Marbling produzierten oder veredelten Produkte exportiert die Metzgerei ins Ausland, besonders nach Deutschland, aber auch nach Italien, Skandinavien oder Osteuropa. "Wir hatten früher eine Exportquote von 80 Prozent, aber aufgrund einer gewissen Rohstoffknappheit wollen wir vorrangig die Kunden daheim bedienen", stellt Anton Juffinger fest. Er sieht einen "Trend zum Sonntagsbraten", Konsumenten würden einerseits zwar weniger Fleisch kaufen, dafür aber qualitativ hochwertigeres. Das kommt Juffinger zugute.
Neben dem Direktvertrieb über das "Gaumenwerk" in Kufstein-Zell bringt Juffinger einzelne Produkte auch über den Lebensmitteleinzelhandel an die Kunden. "Wir sind zum Beispiel 'Ja! Natürlich'-Partner (REWE) mit unserem Rindersaftschinken, sind bei "Bio vom Berg" (M-Preis) dabei und auch mit Spar läuft es immer weiter an", erklärt Juffinger. Ein spannender Wachstumsmarkt tut sich derzeit auch mit der Bio-Supermarktkette "Denn's" auf, die bereits 19 Filialen in Österreich betreibt, davon allein zehn in Wien.

Nur Bio-Rohstoffe im Vollsortiment

Edelteile vom Rind – Filet, Beiried, Keulen in unterschiedlichen Reifegraden – und Schwein, veredelte Fleisch- und Wurstprodukte, eine Lohnschlachterei und Selcherei sowie einen Eigenvertrieb über das "Gaumenwerk" in Zell bietet Juffinger seinen gewerblichen wie privaten Kunden. Die Metzgerei ist dabei das einzige Unternehmen mit Bio-Vollsortiment. Von diesem Weg ist Anton Juffinger überzeugt. 1992 startete man mit der Speck- und Wurstherstellung am heimatlichen Bauernhof, damals fiel auch die Entscheidung für die Bio-Produktion und gegen Fertigmischungen oder handelsübliche Zusätze. 1997 wurde die Bio-Metzgerei Juffinger in Kufstein gegründet, 2011 die moderne Produktionsstätte in Thiersee/Marbling um sieben Millionen Euro errichtet. Seitdem wird dort geschlachtet, verarbeitet, veredelt und verpackt, "durchgängig Bio zertifiziert", hält Juffinger stolz fest. Rund 200 Stammlieferanten – vorwiegend aus Tirol, der Steiermark, Kärnten und Oberösterreich – versorgen den Betrieb mit Rind- und Schweinefleisch. Lamm kommt beispielsweise aus Hinterthiersee, Scheffau und dem Zillertal. "Ein gesundes Miteinander", ist das für Juffinger und seine Lieferanten, "wir machen diese Bio-Fleischverarbeitung nun seit 20 Jahren. Von solchen Bauern hätten wir gerne mehr, wir wären ein verlässlicher Partner für Schlachtung und Vermarktung."

Regionale Märkte und andere Rassen als Chance für die Landwirte

"Wir müssen uns verstärkt auf regionale Märkte konzentrieren", hält Juffinger fest, "momentan ist die Landwirtschaft am Ende." Einen Grund dafür sieht der Metzger am Festhalten vieler Bauern an der Milchproduktion. "Man kann eine Kuh nicht zehn Jahre lang melken und dann noch 1000 Euro vom Metzger verlangen!", wirft der Thierseer ein. Die Bauern müssten sich mit Fleischrassen auseinandersetzen, als Fleischsommelier durfte er erst kürzlich feststellen, dass die "Tiroler Kalbin" in Blindverkostungen bei Geschmack und Qualität gegen die internationale Konkurrenz durchaus mithalten kann. Gemeinsam mit anderen Produzenten und der AMA werde derzeit an einer Qualitätsskala für die Fettdurchsetzung (Marmorierung, englisch: "Marbling") von Rindfleisch gearbeitet.
Auch bei Schweinen gäbe es Möglichkeiten zur Optimierung, Juffinger setzt auf die "Tiroler Landrasse" mit einer Einkreuzung vom Duroc-Schwein. Auch alte Rassen wie Mangalitza und Turopolje werden wieder stärker nachgefragt. Die "haben halt noch a Schmalzl", lächelt Juffinger.

Den Hype bedienen

Für den Bio-Metzger besonders interessant ist der aktuelle Trend hin zum hochwertigen Produkt, beflügelt durch alternative Kochmagazine und -sendungen. Besonders Männer trauen sich seit einiger Zeit verstärkt in die Küchen und zuvor in die Läden, kaufen gerne höherpreisig. Damit sie dort auch finden was sie suchen, braucht es hin und wieder einen kleinen Kniff, etwa beim Namen des gesuchten, zugeschnittenen Fleischstücks – oder hätten Sie gewusst, dass "Sirloin", "Picanha", "Roastbeef", "Rostbraten", "Entrecôte", "Porterhouse-", "Rump-" und "Rib-Eye-Steak" alles Schnitte aus dem Zwischenrippenstück, also dem "Beiried", und der Rinderlende sind?

Der Markt in Zahlen

66 Kilogramm Fleisch nehmen Durchschnittsösterreicher pro Jahr und Kopf zu sich. Dieser Wert stagniert seit einiger Zeit. 63 Prozent des konsumierten Fleischs kommt vom Schwein, 18 Prozent sind Rind und Kalb, 19 Prozent Geflügel. Rund drei Prozent des gesamten Fleischvolumens wird Bio produziert. Züchter und Metzger sprechen von einem Preisverfall, konventionelle Ware kostet rund 1,4 Euro pro Kilogramm, Bio-Ware rund 3,8 Euro. In Tirol gibt es zudem einen Engpass an Bio-Schweinemastbetrieben: 20 Produzenten liefern etwa 700 Tiere – "Ziel wäre eine Verdoppelung der Stückzahlen", erklärt Juffinger.
Bio-Lebensmittel erzielten im Jahr 2013 in Österreich einen zusammengerechneten Umsatz von 1,2 Milliarden Euro, der Fleisch- und Wurstanteil lag dabei bei rund drei Prozent.

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