Ein Zeitzeuge gegen das Vergessen

Die Geschichtsstunde mit Pepi Wurzer wird den 120 SchülerInnen im Gedächtnis bleiben. | Foto: Angelika Salcher
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Die Schülerinnen der vierten Klassen des Gymnasiums Lienz erlebten vergangenen Donnerstag den Geschichteunterricht einmal ganz anders – nämlich hautnah. Grund dafür war der Besuch von Pepi Wurzer. Der 90-Jährige Lienzer war erbitterter Gegner des NS-Regimes und ist heute einer der wenigen Zeitzeugen, die über die damaligen Ereignisse berichten können. „Ich möchte den jungen Leuten erzählen wie es damals war und ihnen vor Augen führen, dass wir mittlerweile seit über 70 Jahren in Frieden leben können und viele daran gearbeitet haben, dass das so möglich ist“, erklärt Wurzer seine Beweggründe, wenngleich es ihm auch etwas Sorge bereitet, dass sein Angebot der Zeitzeugengespräche verhältnismäßig von wenigen Schulen in Anspruch genommen wird. "Das Lienzer Gymnasium hat hier Vorbildwirkung", meint Wurzer.

Einschneidende Erlebnisse

In den zwei Unterrichtsstunden schilderte er der gespannten Zuhörerschaft einige seiner Erfahrungen aus einem düsteren Kapitel in der Geschichte.
Einschneidende Erlebnisse machten Pepi Wurzer bereits in jungen Jahren zum überzeugten Gegner des NS-Regimes. Etwa als er als 11-Jähriger miterlebte, wie der Weg, auf dem die Fronleichnamsprozession stattfinden sollte, mit Hakenkreuzen besudelt war und seine Mutter die Schmierereien in der Nacht vor der Prozession zu beseitigten versuchte. "Das hat mich furchtbar erschüttert", so Wurzer. Wenige Monate später wurde sein Vater, ein Gendarm, außer Dienst gestellt.

kurze Beschreibung des Bildes
Als Zeitzeuge spricht Pepi Wurzer über seine Erlebnisse während der NS-Zeit. (Foto: Claudia Scheiber)

Schikane und Erniedrigung

Mit 12 Jahren, im Jahr 1938, kam Pepi Wurzer auf die neu gegründete „Oberschule für Jungen“. "Ich hatte in der ersten Klasse sehr gute Zeugnisnoten und der Direktor, ein SS Mann, wollte, dass ich in die Nationalpolitische Erziehungsanstalt nach Stuttgart, eine NS-Kaderschmiede, wechsle", erinnert sich der 90-Jährige. Da er sich aber weigerte, erlebte er fortan Schikane und Erniedrigung im Unterrichtsalltag. So musste er bei einem Lehrausflug einen 6 Kilogramm schweren Stein von den Lavanter Wiesen in etwa vier Stunden Wegmarsch in die Stadt tragen. "Unten angekommen, wurde der Stein aus meinem Rucksack genommen und in einen Bach geworfen. Von diesem Zeitpunkt an hat der Nationalsozialismus in meinem Leben keine Chance mehr gehabt", schildert Wurzer.

Enorme physische und psychische Belastungen

Seinen Widerstand gegen das Regime bekam er während seiner Ausbildungszeit in Innsbruck zu spüren. Von der GESTAPO abgeführt, wurde er auf brutale Weise verhört und geschlagen und trug einen offenen Kieferbruch davon. "Es waren enorme physische und psychische Belastungen", erinnert sich Wurzer.
Ausführungen über den späteren Wehrdienst mit Einsatz an der Front, die Gefangenschaft und schließlich die Heimkehr am Heiligen Abend 1945 bildeten den Abschluss des bewegenden Vortrages, der den Jugendlichen sicher im Gedächtnis bleiben wird.

Seinen jungen Zuhörern gab der rüstige 90-Jährige auch noch eine Botschaft mit auf den Weg: "Ihr seid unsere Zukunft. Seid hellhörig, werdet nicht radikal und tut alles dafür, den Frieden zu bewahren".

Die Geschichtsstunde mit Pepi Wurzer wird den 120 SchülerInnen im Gedächtnis bleiben. | Foto: Angelika Salcher
Als Zeitzeuge spricht Pepi Wurzer über seine Erlebnisse während der NS-Zeit.
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