Altes Handwerk
Letzte Gravier- und Stempelwerkstatt der Brigittenau
Jägerstraße: Mit 86 Jahren betreibt Johannes Waismayer die letzte Gravier- und Stempelwerkstatt im 20. Bezirk.
BRIGITTENAU. "Eigentlich will ich keine Werbung mehr machen", sagt Johannes Waismayer lächelnd. Trotz seiner 86 Jahre arbeitet er noch immer täglich in seiner Gravier- und Stempelwerkstatt, wenn auch weniger als früher. In der Jägerstraße 26 fertigt der Brigittenauer etwa Schilder für Straßen, Türen und Geschäfte an, ebenso macht er Brennstempel zum Einbrennen in Kisten.
Johannes Waismayer ist im 20. Bezirk aufgewachsen, wo er auch das Handwerk von seinem Vater erlernt hat. Dieser eröffnete den Standort im Jahr 1933. "Nach mir wird das Geschäft sicher zusperren", sagt der 86-Jährige, der alleine den Laden hütet. Einst hatte er zwei Verkäuferinnen. "Aber das zahlt sich nicht mehr aus."
Viele Veränderungen
Früher hat der 86-Jährige auch Siegelringe oder Schmuckarmbänder mit Namensgravur gefertigt. Das Kreative daran habe ihm sehr gut gefallen, "Aber Siegelringe sind aus der Mode gekommen", so Waismayer. Generell habe sich vieles – auch der ganze Arbeitsprozess an sich – in den vergangenen Jahrzehnten geändert.
Das betrifft etwa die Herstellung von Stempeln. Diese werden heute – von Kollegen im 7. Bezirk – mit einer Lasermaschine gebrannt. "Das war früher ganz anders", erinnert sich Waismayer. So wurde der Stempel zuerst in Bleilettern zusammengesetzt. Diese wurden dann in eine Masse aus Porzellanerde gedrückt. Auf diese Weise entstand ein Negativ des Stempels, welches man in eine Rohgummimasse gab, presste und bei 180 Grad galvanisierte. Zuletzt wurde der fertige Stempel auf einen Holzgriffel geklebt.
Artefakte aus alten Zeiten
Einige Artefakte erinnern im Geschäft von Johannes Waismayer an die alten Zeiten. Darunter sind Fleischbeschaustempel für Tierärzte, Stahlschlagstempel, die als Bezeichnung für Bohrer eingeschlagen wurden oder Nummernstempel zum Durchnummerieren von Produkten. Eine besondere Rarität ist wohl der alte Eskimo-Eisstempel.
"Der Zwanzigste war früher ein Industriebezirk, jetzt gibt es in der Gegend kaum mehr Betriebe," erzählt Johannes Waismayer. Sein Gewerbe ist mittlerweile nicht mehr an den Standort gebunden. Seine Buchhaltung hat der 86-Jährige in die Steiermark ausgelagert. Auch der Großteil der Aufträge kommt online oder per E-Mail rein. Entworfen werden die Schilder, Stempel oder Gravuren von Waismayers Sohn, danach wird das Material in der Werkstatt direkt in der Brigittenau zugeschnitten.
Mehr Infos
Das Geschäft von Johannes Waismayer ist in der Jägerstraße 26. Geöffnet ist Montag bis Donnerstag, 9–16 Uhr, und Freitag, 9–12 Uhr. Mehr Infos erhalten Sie unter 01/330 33 79
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