Arbeiterkammer Burgenland
"Burgenländische Arbeitnehmer:innen sind am Limit"

- „Die Arbeitszufriedenheit im Burgenland ist seit Beginn der Pandemie im Sinkflug", erklärt AK-Präsident Gerhard Michalitsch
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Arbeitsklima-Index 2021 zeigt seit dem Beginn der Covid 19-Pandemie steigende Unzufriedenheit der burgenländischen Arbeitnehmer:innen
Verunsicherung, zunehmender Stress und ständiger Arbeitsdruck – die Umstände der Corona-Pandemie belasten die Arbeitnehmer:innen stark und zerren an der Psyche. War das Zufriedenheitsniveau der Burgenländer:innen laut Arbeitsklima-Index vor der Pandemie immer über jenem von Gesamt-Österreich, ist seit Beginn der Corona-Krise ein deutlicher Abwärtstrend erkennbar.
Arbeitszufriedenheit nähert sich einem Rekordtief
Konkret sank der Arbeitsklimaindex von 111 Punkten im Jahr 2019 um acht Punkte auf nur mehr 103 Punkten im Jahr 2021 stark. Dazu kommt auch ein enormer Anstieg bei den psychischen Belastungen: Die Werte für psychischen Stress haben sich seit 2019 verdreifacht, die Isolation am Arbeitsplatz hat sich verdoppelt und auch der Innovationsstress hat sich verdoppelt. „Der Abwärtstrend mit Einsetzen der Pandemie hat sich 2021 deutlich verstärkt. Der Arbeitsklima-Index liegt nur noch knapp über dem Tiefpunkt der 20-jährigen Messgeschichte“, erläutert IFES-Geschäftsführer und Arbeitsklima-Projektleiter Dr. Reinhard Raml und konkretisiert: „Die angespannte Situation für die Beschäftigten im Burgenland hat sich im zweiten Jahr der Pandemie stark zugespitzt, die emotionale Belastung hat sprunghaft zugenommen. Die Gründe dafür sind Konflikte rund um Home-Office und den Gesundheitsschutz vor Ort in den Betrieben sowie die ungleichmäßige Verteilung der Arbeitsauslastung. Zu Spitzenzeiten – z.B. nach einem Lockdown – fehlt dann plötzlich das Personal. Es ist wichtig, dass Unternehmen und ihre Belegschaft wieder zu gegenseitigem Vertrauen finden und gemeinsam an einem Strang ziehen.“

- Mag. Josef Burkhardt, kaufmännischer Leiter pro mente Reha Rust
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Schwierige Situation im Gesundheitswesen
Besonders unzufrieden zeigen sich Arbeitnehmer:innen im Gesundheitswesen und im Handel. Sie klagen über psychische und physische Belastung, Druck und Stress. Der Arbeitsklima-Index zeigt ihre schwierige Gesamtsituation. „Nur 55 Prozent der befragten Arbeitnehmer:innen im Gesundheitswesen können sich vorstellen in ihrem jetzigen Beruf in Pension zu gehen“, belegt Raml die Situation im Gesundheitswesen mit Zahlen.
Die Mitarbeiter:innen im Gesundheits- und Pflegewesen sind seit Beginn der Pandemie in einer Ausnahmesituation. Aus unserer Sicht bedarf es einer sofortigen Unterstützung. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, sofort Geld in die Hand zu nehmen. Der Personalschlüssel in den Einrichtungen gehört deutlich erhöht und damit die Mitarbeiter:innen zu entlasten sowie die Pflegereform endlich wirklich angegangen. Es ist unerträglich, dass die Kolleginnen und Kollegen im Gesundheits- und Pflegebereich so im Stich gelassen werden“, nimmt Michalitsch die Bundesregierung in die Pflicht.
Ausgleich notwendig
Die „Unzufriedenheit“ und die Belastungen der Arbeitnehmer:innen bekommt die psychiatrische Rehaklinik pro mente Reha Sonnenpark Neusiedlersee direkt zu spüren. Einerseits gilt es die bestmöglichen Behandlungen der Patient:innen zu gewährleisten, andererseits aber auch den Druck auf die Mitarbeiter zu minimieren. „Wenn der Arbeitsstress steigt - etwa durch Belastungen wie die Corona-Pandemie oder Personalreduktion - wachsen auch Phänomene wie Mobbing an und die Belastung wirkt sich in vermehrten Krankenständen und entsprechender Unzufriedenheit aus. Wir in der psychiatrischen Rehaklinik pro mente Reha Sonnenpark Neusiedlersee, haben zwei Aufgaben zu erfüllen. Als Arbeitgeber und für unsere Patient:innen. Wir müssen unserem Team möglichst gute Arbeitsbedingungen bieten, um die massiv belasteten Patienten, die zu uns kommen, gut behandeln und begleiten zu können. Wir konnten unser Personal zumindest in einigen Bereichen während Corona aufstocken. So ist es uns gelungen, Ausfälle in der Kollegenschaft aber auch die höhere Bedürftigkeit unserer Patient:innen ausgleichen zu können. Und da kann ich die Worte von AK-Präsident Gerhard Michalitsch nur unterstreichen. Die Leistung der Arbeitnehmer:innen im Gesundheitsbereich hat eine entsprechende Würdigung verdient. Die große, langandauernde Belastung sollte durch zusätzliche Erholungszeit – vielleicht mittels eines „Corona-Sonderurlaubs“ - neben dem aktuell diskutierten Corona-Bonus ausgeglichen werden. Langandauernde Mehrbelastung braucht Ausgleich um chronische, stressbedingte Erkrankungen zu vermeiden“, betont Mag. Josef Burkhardt, kaufmännischer Leiter pro mente Reha Rust.

- Mag. Josef Burkhardt, kaufmännischer Leiter pro mente Reha Rust
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Maßnahmenbündel für psychische Gesundheit am Arbeitsplatz
„Der Arbeitsklimaindex ist unser jährlicher Kompass, der uns anzeigt, wie es den burgenländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern geht. Doch wir nutzen ihn auch, um notwendige Maßnahmen abzuleiten. Schon in der Vollversammlung im November haben wir Forderungen wie mehr niederschwellige Beratung am Arbeitsplatz, mehr Einbindung des Arbeitsinspektorats bezüglich psychischer Belastungen, Entlastung von Familien bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen, aber auch mehr Betreuungsmodelle für betreuungsbedürftige Personen, wie Ältere, den Ausbau der Kinder- und Jugendhilfe, um Familien zu entlasten, und den Ausbau der betrieblichen Gesundheitsförderung mittels Infokampagne und zusätzlichen Förderungen durch das Ministerium formuliert. Die Umsetzung dieser Maßnahmen wäre ein erster Schritt zu einer Trendumkehr“, ist Michalitsch überzeugt, der damit auch für eine gelebte Sozialpartnerschaft in den Betrieben plädiert.
Zum Arbeitsklima-Index 2021
Die Datenbasis 2021 bilden insgesamt 538 burgenländische Befragte (unselbstständig Beschäftigte und Arbeitslose). Aufgrund der Corona-Krise wurden während der Lockdowns ausschließlich Online-Interviews durchgeführt.



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