„Die Mitarbeiter sind das höchste Gut einer Firma“

- Wirtschaftskammer-Präsident Peter Nemeth fordert eine steuerliche Entlastung für Unternehmer.
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Wirtschaftskammer-Präsident Peter Nemeth über EU-Förderungen, das neue Arbeitszeitgesetz und die Zukunft der Sozialpartnerschaft.
BB: Anfang Mai präsentierten Sie gemeinsam mit LH Niessl die Ergebnisse der ersten Phase des „Standortdialogs 2021“. Dabei wurde das Ziel formuliert, das wirtschaftsfreundlichste Bundesland zu werden. Wie kann das gelingen bzw. welche Themen stehen auf der Prioritätenliste ganz oben?
PETER NEMETH: Sicher das Thema Lehre. Es müssen mehr Jugendliche einen Lehrberuf ergreifen.
Ganz wichtig ist auch die Entbürokratisierung. Hier ist schon viel gemacht worden im Land.
Eine Vereinfachung bei Betriebsanlagengenehmigungen oder -überprüfungen wäre eine Verlängerung der Fristen: anstatt jährlich alle zwei oder drei Jahre.
Als Beispiel nehme ich immer das Auto. Früher musste man bei einem Neuwagen jedes Jahr zur Überprüfung. Das wurde auf zwei und drei Jahre geändert.
Warum gelingt es nicht, das Image der Lehre zu heben?
Es geht nicht so sehr um das Image der Lehre. Es geht bei uns im Burgenland darum, dass wir sehr gute Schulen haben und diese Schulen auch um Jugendliche werben. Und das machen sie besser als wir.
Aber vielleicht gelingt es uns, auch Maturanten zu überzeugen, in einer verkürzten Lehrzeit einen Lehrberuf zu erlernen.
„Wenn eine Branche nur von Förderungen abhängt, dann stimmt sowieso etwas nicht.“
In den nächsten Monaten wird die neue EU-Förderperiode verhandelt. Dazu eine grundsätzlich Frage: Kann die burgenländische Wirtschaft ohne diesen Förderungen überleben?
Wenn man in die Vergangenheit zurückblickt, dann gab es im Burgenland keine bedeutenden Industrien und keine großen Gewerbebetriebe. Erst durch den Beitritt zur Europäischen Union und als wir Ziel 1-Gebiet geworden sind, haben wir uns vom letzten Platz nach vor gearbeitet.
Wir haben aber – und das sieht man gerade jetzt – doch nicht das Wirtschaftswachstum wie die traditionell guten Regionen wie Steiermark oder Oberösterreich.
Aus dem Grund würde ich es gerechtfertigt sehen, dass wir in gewissen Bereichen EU-Fördermittel bekommen, die zur Stabilisierung der Wirtschaft in unserem Land dienlich sind.
Die Frage war aber, können die Betriebe ohne EU-Förderungen überleben?
Wenn eine Branche nur von Förderungen abhängt, dann stimmt sowieso etwas nicht.
„Wir verwehren uns auch nicht gegen Unternehmer, die bei uns tätig sind – solange sie sich an die Spielregeln halten.“
LH Hans Niessl hat vor kurzem die Arbeitnehmerfreizügigkeit in Frage gestellt. Wie stehen Sie dazu?
Eine einfache Antwort: Wir haben vier Tourismusschulen im Burgenland, die eine hervorragende Ausbildung anbieten. Warum haben wir dann im Gastgewerbe und im Tourismusbereich 40 Prozent Österreicher beschäftigt, 45 Prozent Ungarn und 15 Prozent von andere Nationen. Also wenn ich diese Freizügigkeit einschränke, muss ich kurz überlegen, in welchen Branchen. Ich kann eine Branche nämlich auch tot machen.
Das heißt, Sie lehnen eine Einschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit ab?
Ja. Wir verwehren uns auch nicht gegen Unternehmer, die bei uns tätig sind – solange sie sich an die Spielregeln halten. Das ist der normale Wettbewerb.
In den vergangen Wochen hat das neue Arbeitszeitgesetz für Aufregung gesorgt. Kritisiert wurde unter anderem, dass die Sozialpartner nicht eingebunden waren. Sehen Sie die Sozialpartnerschaft gefährdet?
Was wir brauchen, ist eine Zukunftspartnerschaft, wo man sich nicht über Demonstrationen mit einer grauslichen Wortwahl etwas ausrichtet.
Ist so etwas jetzt vermehrt aufgetreten?
(Nemeth zeigt ein Foto mit einem Transparent, auf dem zu lesen ist: „12 h + ÖVP/FPÖ = OASCH“).
Wenn Leute in Wien auf die Straße gehen, die eigentlich nicht in der Wirtschaft tätig sind, sondern im öffentlichen Bereich, und dann solche Dinge durch die Gegend tragen, dann wird es schon schwierig, sich wieder zusammenzusetzen..
Die Aufregung um das Arbeitszeitgesetz verstehen Sie also nicht?
Zum einen einmal sind die 12-Stunden-Tage in vielen Branchen bereits Realität. Es handelt sich also um eine Anpassung an die Wirtschaftswelten zum anderen an das Freizeitverhalten der Mitarbeiter, mit denen solche Arbeitszeiten immer vereinbart werden. Der Mitarbeiter ist das höchste Gut in einer Firma, und damit geht man sehr sorgfältig um, sonst verliert man es.
„Runter mit den Unternehmensbesteuerungen, runter mit den Lohnnebenkosten.“
Ich nehme an, Sie sind mit der Arbeit der Bundesregierung zufrieden?
Die Frage ist nicht so sehr, ob ich damit zufrieden bin, sondern wie können wir die österreichische Wirtschaft nach vorne bringen? Wir sind auf einem guten Weg, aber ein zentraler Punkt ist die steuerliche Entlastung der Unternehmer. Das heißt: runter mit den Unternehmensbesteuerungen, runter mit den Lohnnebenkosten. Wenn das nicht gelingt, dann kann man an vielen kleinen Schrauben drehen, aber es wird sich an der Gesamtsituation nichts ändern.
Der Staat wird dann aber Einnahmen verlieren?
Die Erfahrung hat gezeigt: Wenn der Staat die Steuern gesenkt hat, dann sind die Einnahmen gestiegen, weil die Unternehmer auch mehr investieren.
Kommentar von Chefredakteur Christian Uchann
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