Die Kreuzrunse von St. Valentin
ST. VALENTIN (eg). Die Kreuzrunse von St. Valentin nach Altenhofen war schon früher ein beliebter Fahrweg. Heute ist sie ein gern benützter Spazier- und Wanderweg – auch wenn sich wilden Sagen um sie ranken. Edith und Gerhard Hauser aus St. Valentin benützen die Kreuzrunse für ihre sportlichen Walking-Wanderungen und haben erst seit kurzem von der mystischen Vergangenheit dieses Weges gelesen. „Wir gehen gerne hier und jetzt wo wir die Bedeutung kennen sogar noch lieber“ sagen die Beiden, würden aber bei Dunkelheit und mit dem Wissen über die Sage alleine hier nicht gehen.
Unheimlicher Fremder
Einst befand sich an der Stelle der Kreuzrunse ein Fahrweg, der sich am Fuße des Rohrbach- und Windbergs von Gutenhofen nach Altenhofen hinzog. Damals gab es noch keine Eisenbahn, aller Warenverkehr wurde auf der Landstraße und mit Pferdewagen besorgt. Lustig knallten die Peitschen von früh bis spät, und in den Gasthöfen an der Straße ging es oft hoch her. Um mit schwerer Last die gefürchteten Strengberge befahren zu können, war damals ein Vorgespann nötig. Die großen Fuhrmannsherbergen, unter ihnen der heutige Gmeinerhof in Klein-Erla, verdankten ihr damaliges Aufblühen vielfach auch dem Vorspanndienst. Auf diese Weise verdiente so mancher Bauer einen guten Gulden. In jener Zeit sprengte täglich, aus der Haager Gegend kommend, ein fremdartig aussehender Mann mit zwei kohlschwarzen Rappen diesen Feldweg entlang, an St. Valentin vorbei, der Landstraße zu. Die hohe Gestalt mit der dunklen Haut und dem gespenstig flatternden Mantel machte auf die Einheimischen einen unheimlichen Eindruck. Die Leute bemerkten bald, dass der Fremde jedem Kreuzstöckl auswich und erkannten ihn als den Höllenfürsten. Man wusste auch, dass er jedem armen Fuhrmann gegen Verschreibung der Seele Vorspanndienste leistete, man erkannte, dass viele Unglücksfälle in der Nähe seiner Reitbahn seinem unheilvollem Einfluss zuzuschreiben waren.
Zwei mutige Burschen
So ging es jahrelang dahin, bis es endlich zwei Burschen aus Altenhofen fertigbrachten, ihn zu vertreiben. Sie zimmerten aus Balken ein wuchtiges Kreuz, gruben nachts an der Stelle wo heute die Altenhofener Straße die Kreuzrunse überbrückt, ein tiefes Loch und rammten das Kreuz hinein. Am Morgen legten sie sich sodann auf die Lauer, um den Teufel beobachten zu können. Sie wussten, dass er stets um die Zeit des Aveläutens diese Stelle erreichte. Da geschah es, das ein mauerdicker Nebel einfiel, so dicht und undurchsichtig, dass man kaum die ausgestreckte Hand vor sich erkennen konnte. Die Burschen mussten daher ganz nahe zum Kreuz. Das Gebetsläuten erklang, und alsbald wurde auch ein dumpfes Pferdegetrabe vernehmbar. Es kam näher und näher, und aus dem Nebel tauchten die verschwommenen Umrisse der Pferde auf. Da bekamen es die beiden mit der Angst zu tun, und sie nahmen Reißaus. Hinter ihnen entstand aber ein derartiger Höllenlärm, dass ihnen die Haare zu Berge standen. Da rannten sie, was die Beine nur hergaben.
Kreuz zerschmettert
Als es Tag geworden war, fand man das Kreuz durch einen furchtbaren Anprall zerschmettert, Blutflecken klebten an den Holztrümmern. In der Ebene ließ sich aber der gruselige Vorspannreiter nicht mehr sehen, doch droben in der Wolföd, auf den verwurzelten Holzwegen und entlang der schilfbewachsenen Gräben, von denen noch heute einer „Teufelsgraben“ genannt wird, da sah man ihn, von Lembach über Rittmansberg herkommend, noch des öfteren gegen die Strengberge hinsprengen. Aus seinem alten Reitweg war aber eine Runse geworden, die alle Quellen der umliegenden Hänge dem Erlabach zuführt. Zum Andenken an das grausige Erlebnis wurde sie „Kreuzrunse“ geheißen.
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