„Blockadesituation droht“

Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle | Foto: mediaconsult
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WOCHE: Welche Folgen hat Scheuchs Reaktion – also, dass er in allen Ämtern bleibt – für das Ansehen Kärntens?
Kathrin Stainer-Hämmerle: Abgesehen vom Imageschaden droht Kärnten wieder ein Inseldasein. Der Slogan „Jetzt erst recht“ war schon 1986 kurzfristig bei Wahlen erfolgreich, hat aber mit der Wahl Kurt Waldheims ganz Österreich international isoliert. Außerdem leidet der politische Dialog.
Peter Filzmaier: Es ist zum wiederholten Mal so, dass überall nur über einen politischen Skandalfall in Kärnten gesprochen wird, unabhängig vom Urteil in zweiter Instanz. Dabei wäre es für das Bundesland wichtig, dass möglichst viel über es als Wirtschaftsstandort oder auch über seine Bildungspolitik gesprochen wird.

Schadet die Situation den Freiheitlichen?
Stainer-Hämmerle: HC Strache trägt das größte Risiko. Sollte das Urteil bestätigt werden, hätte er im Vorwahlkampf zur Nationalratswahl jegliche Glaubwürdigkeit verloren. Die Strategie der FPK – Täter-Opfer-Umkehr sowie Justiz und Medien als Feindbilder – führt aber bei Kernwählern zur Solidarität und Mobilisierung. Die Reihen werden dicht geschlossen und Uwe Scheuch als Märtyrer inszeniert. Während die Politikverweigerer zunehmen, warten die Kernschichten der FPK schon auf die nächste Wahl.
Filzmaier: Innerhalb der Partei gibt es vermutlich sogar einen Schulterschluss, wenn nach altbekanntem Schema ein tatsächlicher oder erfundener Außenfeind da ist. Dasselbe gilt für Kernwählerschichten. Was der FPÖ jedoch droht, sind große Schwierigkeiten bei der Themensetzung sowie Verluste bei den Wechselwählern.

Wie beurteilen Sie die Stimmungslage im Land?
Stainer-Hämmerle: Österreichweit fordern 74 % den Rücktritt von Scheuch. 71 % glauben aber auch, dass Politiker korrupt seien und meinen damit alle. Somit ist der Imageschaden für die Politik ein enormer und führt zu einem Ansteigen der Unzufriedenheit und des Misstrauens. Mit ihrem Verhalten nach der Urteilsverkündung gefährden die Freiheitlichen aber vor allem den demokratischen Grundkonsens. Demokratie bedeutet nicht nur 50 Prozent plus eine Stimme, dazu gehört auch die Achtung der Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und Gewaltentrennung.
Filzmaier: Auch da ist zwischen Anhängern der FPK und anderen Parteien zu unterscheiden, was nur zu noch mehr Polarisierung führt. Die Bevölkerung als solche ist ohnedies zunehmend politikverdrossen, nicht umsonst haben sich am Höhepunkt des Hypo-Skandals 50 % als Nichtwähler bezeichnet.

Scheuch ist Bildungs- und Jugendreferent – hat er besondere Verantwortung, wenn es um Rechtsstaatlichkeit geht?
Stainer-Hämmerle: Jeder Mensch, der in der Öffentlichkeit steht – und das gilt nicht nur für Politiker –, sollte ein besonderes Vorbild sein. Dies ist eine moralische Verpflichtung.
Filzmaier: Für die Person Scheuch hat die Unschuldsvermutung zu gelten, und mit der Berufung übt er sein gutes Recht aus. Für den Politiker Scheuch stellt sich eine andere Frage: Im Fachhochschulwesen etwa müsste Scheuch sowohl bei der Bundesregierung als auch gegenüber der Wirtschaft Kärnten möglichst gut vertreten. Es glaubt niemand ernsthaft, dass ihm das möglich ist.

Wie können sich die anderen Parteien nun verhalten?
Stainer-Hämmerle: Deklariertes Ziel von SPÖ und den Grünen sind baldige Neuwahlen. Dafür verhält sich die SPÖ aber zu passiv. Nun wäre die Zeit ihres Schattenkabinetts gekommen: Seht her, liebe Wähler, dies könnte statt denen eure Regierung sein. In der Hand hat es aber allein die ÖVP. Nur wenn sie die FPK nicht mehr unterstützt, könnte der Weg zu Neuwahlen frei sein. Ob der dann zu erwartende Zugewinn an Stimmen für die ÖVP ein Mehr an politischem Einfluss bedeutet, ist allerdings fraglich. Die anderen Parteien müssen sich aktiv als glaubwürdige Alternative darstellen. Allein auf Fehler der FPK zu setzen, ist zu wenig.
Filzmaier: Wir haben keine Wahlkampfsituation, und verfassungsrechtlich sind die Möglichkeiten beschränkt.

Ist Kärnten bis zur Berufung schwerer regierbar?
Stainer-Hämmerle: Die Gefahr eines Dauerwahlkampfes ist sehr groß. Meine Befürchtung ist, dass so oder so in nächster Zeit viel Geld in aufwändige Werbekampagnen fließen wird, und dadurch der Unmut der Bevölkerung noch größer wird.
Filzmaier: Es droht eine Blockadesituation, weil die FPK in der Landesregierung die absolute Mehrheit hat, bei einem Abspringen der ÖVP jedoch im Landtag nicht. Politik kann kaum funktionieren, wenn Regierungsbeschlüsse und vom Landtag beschlossene Gesetze länger nicht akkordiert werden.

Die Koalition ist auf Eis gelegt – mit welchen Folgen?
Stainer-Hämmerle: Kommt es zu keiner Einigung über das Budget, sind Neuwahlen der einzige Ausweg. Aber auch danach könnte das Land stärker denn je in zwei Lager gespalten sein, die nicht in der Lage sind gemeinsam zu arbeiten.
Filzmaier: Noch ist die Position der ÖVP reichlich diffus. Wenn sie letztlich dem Budget zustimmt, ändert sich in der Regierung nicht viel, weil deren Arbeit in allen Ressorts ja darauf beruht. Gibt es kein Budget, so ist die Regierung irgendwann handlungsunfähig.

Autor: Gerd Leitner

Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle | Foto: mediaconsult
Politologe Peter Filzmaier | Foto: mediaconsult
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