„Das Gefühl, was man kann, fehlt!“

Ludwig Adamovich brachte seine Erinnungen und Erlebnisse in einem Buch zu Papier
  • Ludwig Adamovich brachte seine Erinnungen und Erlebnisse in einem Buch zu Papier
  • hochgeladen von Vanessa Pichler

Der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Ludwig Adamovich, veröffentlichte seine Biographie und sprach mit der WOCHE.

WOCHE: Genügen 207 Seiten in einem Buch, um Ihre Erlebnisse darzustellen?
ADAMOVICH: Nein, ganz bestimmt nicht. Man muss selektieren.

Unter welchen Kriterien haben Sie selektiert?
Man kann 700 Seiten schreiben mit lauter Dingen, die außer einem selber niemanden interessieren. Ich bin fortgeschrittenen Alters, ein Zeitzeuge. Da erlebt man nahezu zwangsläufig Verschiedenes, das von allgemeinem Interesse sein könnte.

Im Buch geht es um Macht. Wie definieren Sie Macht?
Macht gibt es auf verschiedensten Ebenen – in jeder Familie, in der Politik, überall gibt es Machtspiele. Das Entscheidende ist, in welcher Art und Weise Macht ausgeübt wird. Die Politik braucht Gestaltungsspielraum, sonst ist sie keine. Wenn sie nichts weiterbringt, wird sie zu Recht kritisiert. Eine wesentliche Grenze ist der Rechtsstaat mit der Kontrolle durch die Gerichte.

Wie sehen Sie das Image der Justiz?
Es schaut im Moment nicht sehr gut aus. Wobei gewisse Verfahren eine Rolle spielen, die sich in die Länge gezogen haben und auch spektakulär gewesen sind, weil auch ein gewisser politischer Touch dabei war. Da ist nicht immer sehr glücklich agiert worden. Es ist natürlich wahnsinnig schwer, in komplizierten Wirtschaftssachen eine tragfähige Beweislast herzustellen.

Geht es ausschließlich um straffrechtliche Relevanz?
Es entsteht der Eindruck, dass wenn etwas strafrechtlich nicht fassbar ist, ist eh alles ok – mitnichten. Ein Politiker darf halt nicht extrem seiltanzen – ein moralisches Problem. Moral ist in letzter Zeit häufig reklamiert worden, aber irgendwie hat’s da was. Da fehlt offenbar da und dort das Gefühl, was man kann und was nicht.

Nimmt dies zu?
Spektakuläre Geschichten, in die hohe Funktionäre verwickelt waren, hat es immer schon gegeben. Entweder ist die Öffentlichkeit sensibilisierter als früher, oder neigen Mächtige zunehmend dazu, sich auf diese Gratwanderung zu begeben. Der Eindruck ist, dass es mit der öffentlichen Moral nicht sehr gut ausschaut. Das ist unerfreulich.

Wäre die moralisch schiefe Optik durch eine andere Rücktrittskultur zu beheben?
Glaub ich schon. Wenn irgendjemand in ein schiefes Licht gerät, wird sofort nach Rücktritt geschrien, was zwangsläufig zur Konsequenz hat, dass die eigenen Leute ihn schützen. Damit gibt es eine Inflation von Rücktrittsforderungen. Tatsache ist, dass man sich in dem einen oder anderen Fall schon fragt, ob es nicht fällig gewesen wäre. Schüssel hat ja die Konsequenz gezogen.

Ist Schüssel ein Vorbild für andere Politiker?
Naja. Jedenfalls ist es beachtlich gewesen, nämlich ohne dass man ihm rechtlich etwas vorwerfen hätte können.

Viele wünschen sich Mutbürger – sollte es mehr geben?
Ja, in qualifizierter Weise. Das Wutbürgertum ist aber in Gefahr in Stänkerei auszuarten. Ein gewisses Maß an Aggressivität gehört natürlich dazu, aber irgendwo gibt es eine nicht mathematisch definierbare rote Linie. Man muss sich nur bewusst sein, dass es diese Linie gibt.

Zur Sache – Adamovich über Haider und Ortstafeln:
Das sagt Ludwig Adamovich zu seiner Auseinandersetzung mit Jörg Haider:
„Man muss da einen Unterschied machen zwischen der verfassungsrechtlichen Komponente und der persönlichen Auseinandersetzung. Dass die Entscheidung nicht auf Begeisterung stoßen wird, war vorauszusehen. Aber Haider hat das noch personalisiert: Ich hätte, statt mit der Kärntner Landesregierung zu reden, mich mit dem slowenischen Staatspräsidenten getroffen. Letzteres war richtig. Das Erstere ist ein starkes Stück gewesen. Denn Haider selber ist bei mir gewesen.“

Zur Lösung der Ortstafelfrage: „Ohne Kompromiss war das Ganze nicht zu lösen. Man muss in Betracht ziehen, dass es eine lange Vorgeschichte hat. Es hat auch eine Zeit lang ein bisschen ein Freund-Feind-Verhältnis vorgeherrscht. Allein, dass das – so Gott will – jetzt vom Tisch ist, ist Goldes wert.“

Autor: Gerd Leitner

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