„Ernst, aber kein Grund zur Panik“
Experte Gottfried Haber hält die Panik an den Börsen für überzogen, sieht aber Problem auch in Österreich.
Kommt mit den Turbulenzen der Börsen eine neue Krise?
„Es ist noch die alte Krise“, ist Experte Gottfried Haber überzeugt. Die Staatsfinanzen seien bereits seit 20 Jahren nicht in Ordnung. „Nun äußert sich das in einer Krise der Kreditwürdigkeit einzelner Staaten“, so Haber. „Es gibt kein Vertrauen.“
Sind jetzt weiter so starke Schwankungen zu erwarten?
„Ein großes Auf und Ab wird es vorerst weiterhin geben“, so Haber. Der Grund: Börsen spiegeln die globale Stimmung wider – „und die ist launisch“. Die Panik an den Börsen ist für den Volkswirt allerdings „unverständlich und überzogen, weil sie nicht die reale Wirtschaft widerspiegelt“. Seine mögliche Erklärung: „In den letzten Monaten sind die Börsen stark nach oben gegangen – das ist jetzt möglicherweise eine Kurskorrektur.“
Reaktion der Politiker hat keine Beruhigung zur Folge?
Haber: „Barack Obamas Reaktion war nicht ausreichend.“ Sie habe gezeigt, dass man das Problem nicht ernst nimmt. „Man wirft die Notenpressen an, um einen Teil der Schulden wegzuinflationieren.“
Wie können die USA das Problem jetzt lösen?
Habers Empfehlung: „Staaten sollten der derzeitigen Situation nicht mit Tricks und Intervention begegnen, sondern die Schuldenkrise mit strukturellen Maßnahmen bewältigen.“
Was passiert, wenn weitere Staaten abgewertet werden?
„Dann stürzen die Börsen weiter ab“, ist sich Haber sicher. Das sei die Charakteristik der aktuellen Schuldenkrise. „Die Märkte reagieren sehr sensibel auf Hiobsbotschaften.“ – Bei positiven Meldungen legen die Börsen dementsprechend auch stark zu.
Welche Auswirkungen hat die Lage auf Österreich?
Unmittelbar sind ausschließlich Menschen betroffen, die Geld in Aktien angelegt haben. „Indirekt trifft uns die Situation allerdings schon“, so Haber. „Die Entwicklungen zeigen, dass Märkte unmittelbar reagieren, und auch in Österreich ist die Dynamik der Schuldenentwicklung bedenklich.“ Man solle sich „schön langsam“ auf Maßnahmen einstellen.
Wie soll Österreich auf die Turbulenzen reagieren?
„Österreich ist derzeit noch in einer komfortablen Situation im Vergleich mit den USA“, so Haber. Aber auch hierzulande werde man den Gürtel enger schnallen müssen. „Das Problem ist ernsthaft, aber es besteht kein Grund zur Panik.“ Auch die derzeitigen Reaktionen an den Börsen hält Haber für „überzogen“. Klar allerdings ist: „Der Steuerzahler in Österreich muss mit zusätzlichen Belastungen rechnen.“ Damit würden die Österreicher über die nächsten Jahre mit weniger Geld in der Tasche auskommen müssen.
Autor: Gerd Leitner
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