Orgien-Mysterien-Theater in Prinzendorf.
Nitschs posthumes Fest der Menschheit
Drei Monate nach Hermann Nitschs Tod wurden die ersten beiden Tage seines großen Werks - des Orgien-Mysterien-Theaters - auf Schloss Prinzendorf aufgeführt.
PRINZENDORF. "Es ist Auferstehungsfest, sadomasochistische Ausschweifung und Katharsis, brutale Zerstückelung und und psychoanalytische Therapie." Das Orgien-Mysterien-Theater ist Hermann Nitschs zentrales Werk. Am Wochenende wurde die ersten zwei Tage seines 6-Tage-Spiels auf Schloss Prinzendorf aufgeführt, 24 Jahre nach der Erstaufführung. Die Neuaufführung war Nitschs größter Wunsch gewesen, erleben durfte er sie nicht mehr. Der Künstler, Mitbegründer des Wiener Aktionismus, verstarb im April dieses Jahres.
Literweise Blut, ausgeweidete Tiere und Gedärme, die vom zweiten Stock des Schlosses auf die Akteure im Schlosshof geschüttet wurden. Gekreuzigte Menschen und Akteure mit in Blut getränkter weißer Kleidung - jene Elemente, die 1998 für den größten Kunstskandal des Jahrzehnts gesorgt hatten, standen auch in der Neufassung im Zentrum der Handlung. Von Aufregung außerhalb des Schlossareals war im Jahr 2022 aber weit und breit nichts zu spüren. Weder demonstrierten Tierschützer vor den Toren, noch war ein riesiges Polizeiaufgebot vor Ort.
Die Stimmung im Schloss war friedlich, feierlich und emotional sinnlich. Zu den langen Tönen der von Nitsch komponierten Symphonie mischten sich der Anblick ausgeweideter Tiere und entrückter Akteure, der Geruch von Blut und der Geschmack von Paprikahendl und Wein.
Ein Fest für alle Sinne, wie es Hermann Nitsch konzipiert hatte, oder mit seinen Worten: "Es soll das größte Fest der Menschheit werden."
2 Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.