Ärztemangel
Plötzlich ohne Kinderarzt - Zistersdorfer Kassenstelle wandert nach Engelhartstetten
Die Eltern im Norden des Bezirks Gänserndorf sind fassungslos. Der Zistersdorfer Kinderarzt geht in Pension, die Kassenstelle wird nachbesetzt. Allerdings 50 Kilometer entfernt in Engelhartstetten an der Donau.
ZISTERSDORF. Die Ordination im Ärztezentrum steht leer, der gesamte Norden Gänserndorfs und der Nordosten des Bezirks Mistelbach sind ohne Kinderarzt mit Kassenvertrag. Vor drei Wochen gab der bisherige Kinderarzt Alfred Klabuschnigg in Zistersdorf bekannt, seine Ordination zu schließen. Er leidet unter Long-Covid und ist nicht mehr einsatzfähig.
Binnen kürzester Zeit vergab die Krankenkasse einen neuen Kassenvertrag für einen Kinderarzt - allerdings in Engelhartstetten an der Donau, 50 Kilometer von Zistersdorf entfernt.
Bürgermeister Helmut Doschek ist verärgert: "Wir wurden nicht einmal über die Stelle in Engelhartstetten informiert, jetzt steht die modern eingerichtete Ordination im Ärztezentrum leer." Ohne Planstelle kein Arzt, weiß der Bürgermeister, sein Ziel ist daher eine zusätzliche Kassenstelle für den Bezirk Gänserndorf und damit für Zistersdorf zu schaffen. "Wir stehen unter Druck, denn viele Eltern haben sich schon gemeldet, sie wissen nicht, wohin und der Hauseigentümer wird die Ordi-Räume auch nicht ewig leerstehen lassen wollen."
SPÖ setzt sich für mehr Kassenärzte im Bezirk ein
„Das ist eine Stunde weit weg von Zistersdorf und für unsere Familien unzumutbar“, sagt der Zistersdorfer SPÖ-Stadtrat David Schramm.
Auch SPÖ-Bezirksvorsitzender und Spitzenkandidat für die Landtagswahl Rene Zonschits fordert eine zusätzliche Kassenstelle und hat bereits Zonschits die zuständigen Stellen im Land kontaktiert, um das Problem auch in St. Pölten bewusst zu machen. „Es kann nicht sein, dass eine Familie mit einem kranken Kind stundenlang durchs Weinviertel fahren muss, um zu einem Kinderarzt zu gelangen“, sagt Zonschits, der erst vor wenigen Wochen auf den aktuen Fachärztemangel im Bezirk, der nicht nur Kinderärzte betrifft, aufmerksam gemacht hatte.
„Unsere Gemeinderatsfraktion setzt sich ebenfalls dafür ein, dass die Kinderarzt-Stelle für Zistersdorf neu ausgeschrieben wird. Die Praxis gibt es ja in unserem Ärztezentrum", ergänzt SPÖ-Stadtrat David Schramm.
Baustelle Nummer 2: Gänserndorf ab 2023 ohne Kassenkinderarzt
Doch damit nicht genug - weitere unerfreuliche Neuigkeiten ereilten dieser Tage die Eltern kranker Kinder. Die beiden Gänserndorfer Kinderärztinnen Gabriele Eineder und Beate Böchzelt, die eine Gemeinschaftspraxis betreiben, legen mit 1.1.2023 ihren Kassenvertrag mit der ÖGK zurück. "Wir haben vier Jahre lang intensivst versucht, einen weiteren Kinderarzt zu gewinnen, um unser Ärzteteam zu verstärken. Leider gab es keine Interessenten", geben sie auf ihrer Webpage bekannt. Es sei ihnen nicht mehr möglich, im Alleingang den Bedarf im Raum Gänserndorf zu decken, argumentieren sie. Allerdings möchten die beiden die Verträge mit anderen Kassen wie BVA und SVS aufrechterhalten.
Bei der ÖGK reagiert man mit Unverständnis: "Rund um Wien stehen wir vor enormen Herausforderungen bei der Nachbesetzung von Planstellen für Kinder- und Jugendheilkunde. Große Probleme bereiten uns selektive Kündigungen von Kassenverträgen wie jene in Gänserndorf, die nur ÖGK-Versicherte treffen. Daher gibt es einen Vorschlag der sozialen Krankenversicherungsträger, diesen gesetzlich einen Riegel vorzuschieben. Wir hoffen, dass dieser Vorschlag rasch gesetzlich umgesetzt wird", sagt Pressesprecherin Viktoria Frieser. Über Voraussetzungen für eine vierte Planstelle für den Bezirk wollte man bei der ÖGK keine Auskunft geben.
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