Schneiderei eröffnet
Zauberei mit Nadel und Faden - Julia Köcher bringt jede Figur in Form
HOHENAU/HAUSBRUNN. Wer Julia Köcher gegenübersteht, muss damit rechnen, gescannt zu werden. Die 23-jährige Unternehmerin ist Schneidermeisterin, der Blick für die Figur ist quasi Berufs-Maxime. "Bei einem Talentecheck, den ich als Schülerin absolviert habe, wurde festgestellt, dass ich nicht nur kreative Fähigkeiten sondern auch einen guten Blick für zwei- und dreidimensionale Darstellungen habe." Perfekte Voraussetzungen für die Modeschule, die sie mit Matura abschloss und an die sie noch jeweils ein Jahr für die Ausbildung zur Damen- sowie zur Herrenschneiderei anhängte.
Vor einigen Monaten hat sich die Hausbrunnerin selbstständig gemacht und führt ihre Schneiderei in Hohenau. "Ich habe zwei Jahre in Wien gearbeitet und relativ rasch Verantwortung übernommen, auch Bestellungen und Kundengespräche durchgeführt", erzählt sie.
Die Pandemie brachte einen starken Geschäftseinbruch, nicht zuletzt, weil der Wiener Schneidermeister auf Events und Hochzeiten gesetzt hatte. "Mit meiner Berufserfahrung und dem Wunsch, nicht mehr täglich in die Stadt pendeln zu müssen, lag dann die Idee, mich selbstständig zu machen, rasch auf der Hand", sagt Köcher.
Nicht-Standard-Männer
Die Jungunternehmerin bietet neben klassischen Änderungsarbeiten Maßschneiderei für Damen und Herren an. "Viele Damen lassen sich maßgefertigte Abendmode oder Kleider für besondere Veranstaltungen wie Hochzeiten nähen, Herren sind noch zurückhaltender, aber nach und nach kommen immer mehr Männer wegen Maßanzügen zu mir", meint sie. Es seien vor allem Männer ohne "Standardfiguren", wie sie charmant formuliert. Egal ob großer Bauch, besonders lange Arme oder ausgeprägter Sportler-Bizeps - Julia Köcher setzt jeden Körper mit meisterlichen Schnitten perfekt in Szene. "Schnittanfertigen ist die Mathematik der Modeschule. Wenn der Schnitt passt, ist die halbe Arbeit getan", zitiert sie ihren Lehrer. Man arbeite mit der Figur der Menschen, betont sie. Manches Mal betätige sie sich auch als Stilberaterin, bleibe aber diplomatisch. "Ich sehe eben, welcher Schnitt idealerweise passt, aber letztendlich entscheidet der Kunde, was ihm gefällt und worin er sie wohlfühlt, denn das ist das Wichtigste." Ihre Entwürfe seien weniger Modedesign, sondern entstünden aus den Wünschen und Vorstellungen ihrer Kunden.
Unterschied zu Karl Lagerfeld
Ist kreatives Modemachen mit Modedesign gleichzusetzen? "Schneiderei und Design sind verschiedene Berufe, denn Designer entwickeln und zeichnen Modetrends, Schneider fertigen technische Zeichnungen an", erklärt die Fachfrau. "Karl Lagerfeld hat mit drei Strichen ein Kleid designt, aber die Schneiderinnen mussten dann mühsam herausfinden, wie die Idee in der Praxis umgesetzt werden kann."
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