„Volksbefragung statt Aktionismus“
WOCHE-Interview mit Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK): Warum die „Urangst“ Vergangenheit ist und ein „Stau“ aufbrechen wird.
WOCHE: Ist die Volksbefragung eine Falle für SPÖ und ÖVP – die sind dagegen und müssen dennoch Anhängern empfehlen mit Ja zu stimmen?
Dörfler: Ich hoffe, dass die Parteien im Laufe der Woche erkennen, dass es nicht um eine Parteiabstimmung, sondern um eine Bürgerzustimmung geht.
Marjan Sturm ist in der „Kleinen Zeitung“ zitiert worden, dass 500.000 Euro für den Verzicht auf die Amtssprache Slowenisch in Eberndorf geboten wurden.
Ich bin erstaunt, dass Marjan Sturm Gespräche, die es auch gegeben hat, an die Öffentlichkeit trägt. Ich würde das nicht tun, weil sonst könnte ich erzählen, dass man 20 Mal hätte aufstehen können. Wir sind jetzt im Ziel und das zählt.
Gab es Enttäuschungen?
Enttäuschungen am Weg zum Ziel sah ich als Verirrungen mancher. Es war eine Teamleistung. Im Fußballvergleich: Es gab zwei Messis – Ostermayer und Dörfler –, eine gute Mannschaft und auch Fouls, das gehört dazu. Ostermayer und Dörfler haben die Tore geschossen, aber die ganze Mannschaft hat für Kärnten gespielt.
War es ein Vorteil, als Himmelberger unbelastet in Ortstafel-Gespräche zu gehen?
Wenn du nicht persönlich verstrickt bist, tust du dir leichter und diskutierst unverkrampft Lösungen. Meine Kommunikationsmittel sind dann letzte Woche zusammengebrochen.
Was heißt das?
Es gab überragende Zustimmung, einige Fragen und wenige Bösartigkeiten. – Es gab drei, vier Briefe von Menschen, die im Jahr 2011 noch nicht angekommen sind.
Ist die Urangst jetzt tot?
Ich bin 1969 oder 1970 das erste Mal zu einem Langlaufrennen nach Rosenbach gefahren. Bei mir im Dorf in Feldkirchen hieß es: „Der Tito wird dich mitnehmen.“ Ich war dann ziemlich aufgeregt. Diese Emotionen hat es damals gegeben. Die Urängste sind nie eingetroffen und daher sind sie längst Vergangenheit.
Ende Juni soll das Ergebnis der Volksbefragung vorliegen – geht sich das mit dem Ziel, noch vor der Sommerpause (7./8. Juli) das Verfassungsgesetz zu beschließen, aus?
Schlimmstenfalls wird das Parlament wegen so einer wichtigen Frage auch einmal eine Sondersitzung im Sommer machen. Spätestens am 30. 9. soll das Gesetz auch umgesetzt sein.
Wenn die Volksbefragung negativ ausgeht …
… damit beschäftige ich mich nicht! Es gibt kein Nein. Die Menschen wollen eine Lösung leidenschaftlich. Wir brauchen auch die Volksbefragung, weil ich kein 1972 mehr haben will.
Das heißt: Volksbefragung verhindert Ortstafelsturm?
Das Wort Ortstafelsturm nehme ich 2011 nicht in den Mund, aber die Volksbefragung verhindert Aktionismus.
Die drei neuen Themen, die Kärnten nach der Ortstafellösung bewegen werden?
Das eine ist der Alternativenergie-Standort. – Ein vitales, grünes Kärnten. Dann das Thema Bildung in allen Facetten. Und drittens die Alpen-Adria-Politik, die jetzt auf zweieinhalb Beinen steht. Es wird endlich völlig unverkrampft möglich sein, auch zu Laibach Kontakte und Chancen zu pflegen, die es bisher nur zu 50 Prozent gibt. Jetzt hat Laibach auch keine Ausreden mehr, die Rechte der deutschsprachigen Minderheit nicht mit der gleichen Qualität zu behandeln wie wir es bei unserer Volksgruppe tun.
Kärnten kann nun, mit der Ortstafel-Lösung in der Tasche, gegen Slowenien selbstbewusster auftreten?
Es ist ein Stau da, der jetzt aufgehen wird und da steckt enormes Potenzial drinnen.
Befragung:
Eine Befragung per Brief in ganz Kärnten will die FPK-Spitze – am Bild LH Gerhard Dörfler – durchsetzen und stößt damit auf massive Ablehnung bei den anderen Parteien. Von 6. bis 12. Juni sollen rund 440.000 Stimmzettel an alle Wahlberechtigten versandt werden, am 21. Juni sollen diese im Land eintreffen, bis Ende Juni soll das Ergebnis vorliegen. Die Kosten dafür würden, so FPK-Chef Uwe Scheuch, „deutlich unter 400.000 Euro“ liegen.
Autor: Uwe Sommersguter
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