Alles so wie er es verließ
LESACHTAL (nic). Wenn Hans Guggenberger seine schwarzen Haferlschuhe mit aus dem Schrank holt, dann denkt er sofort an Andreas Nigger. Der letzte Lesachtaler Schuhmachermeister starb 1995. Jetzt widmen ihm die Liesinger ein eigenes Museum.
Schon zu Lebzeiten hat Nigger seine kleine Werkstatt so hergerichtet, dass diese besondere Ausstellung möglich wurde. Sein Sohn, der in Graz lebt und immer wieder Ferien in dem ehrwürdigen Elternhaus verbringt, unterstützte das Projekt, das jetzt zeitgleich mit dem Lexer-Geigenmuseum (die WOCHE berichtete) eröffnet wurde. Im Rahmen eines Leader-Projektes wurde die Fassade renoviert.
Lexer und Nigger waren enge Freunde und Nachbarn, sahen sich fast täglich und waren im Trachtenverein Lesachtal aktiv. "Auf seinem Heimweg musste der Johann Lexer stets am Fenster des Schusters, der dort gern saß und arbeitete vorbei," erinnert sich Hans Guggenberger. "Da gab es immer ein Gespräch."
Betritt man das Holzhaus durch die wunderschöne Haustür, zeugt schon der Schriftzug über Tür davon, was einen erwartet. "Der Ledermann" steht dort und auch das Kastenfenster, das kurzerhand zum Mini-Schaufenster umfunktioniert wurde, sowie das alte Metallschild sind Zeitzeugen.
In der Werkstatt fallen sofort der Kachelofen, der von der benachbarten Küche aus beheizt wurde, und die fein geordneten Schuh- bzw. Leistenregale auf. Hier hatte der 1911 geborene Nigger, dessen Vater bereits Schuhmacher war, seinen Lebensmittelpunkt.
Im Glasschrank stehen die selbst gebauten Schuhe, auch ein Paar, das der Schuster für den heranwachsenden Sohn, baute. Die haben eine eckige Form und sehen fast neu aus. "Er hat sie wohl nicht gern getragen," weiß Hans Guggenberger. "Deshalb können wir sie ausstellen."
Zu sehen gibt es viel in dem Werkstattraum, der Zeitgeschichte widerspiegelt und deshalb zum Museum wurde. Der Arbeitstisch mit dem alten Schusterwerkzeug, der Stuhl, auf dem die Schuhe dank einer speziellen Halterung bearbeitet wurden, das Leistenbuch, Schablonen und immer wieder Schuhe erzählen wie es früher zuging.
Sonntags kamen die Lesachtaler in die Nigger-Werkstatt. Da herrschte nach dem Kirchgang reger Betrieb. Und auch im Sommer, wenn er seinen Urlaub auf der Alm verbrachte, war der Schuster dann immer vor Ort.
Sein Kittel und seine Kappe hängen noch an der Küchentür. An den Wänden erinnern Fotos und Urkunden an sein Leben. Das alte Leistenbuch liegt aufgeschlagen auf dem Tisch. "Fußabdrücke seiner Familie hat Nigger hier über 40 Jahre dokumentiert," Hans Guggenberger. "Meine ganze Familie habe ich hier gefunden."
Die Werkstatt war das Leben des Schuhmachers - bis zum Schluss und so wie er sich das gewünscht hat. Bereits geschwächt zog es den 84-Jährigen 1995 noch einmal an seine Wirkungsstätte, wo er dann starb und auch aufgebahrt wurde. Bis 2014 standen die Räume leer. Jetzt können Besucher mit dem Duftmix aus Leder, Klebstoff und Schleifstaub in die Vergangenheit und die kleine, aber interessante Welt des Andreas Nigger eintauchen. Für Juli und August gibt es feste Öffnungszeiten und Führungen.
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