Vorwurf gegen Pflegeltern im Südburgenland
Kind (6) an Baum gefesselt und eiskalt geduscht

- Die durch Anwalt Mag. Dr. Gerhard F. Ederer vertretenen Pflegeeltern bestritten sämtliche Vorwürfe.
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Schockierend, verstörend und erschreckend die Vorwürfe gegen Pflegeeltern aus dem Südburgenland. Das an ADHS leidende 6-jährige Kind soll nachts an einen Baum gefesselt und zwecks Züchtigung eiskalt geduscht worden sein. Angeklagt sind auch Essensrationierungen und Schläge sowie das Einsperren in den Keller. Auf „nicht schuldig“ plädierte das Ehepaar.
SÜDBURGENLAND. Mit knapp 5 Jahren kam ein Bub mit der Diagnose Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und posttraumatischer Störung zu einem damals kinderlosen Ehepaar im Südburgenland. Auf die Frage, warum sie den Jungen in Pflege aufgenommen haben, sagte der angeklagte Mann, (57), geschieden: „Es war ein gutes Zusatzeinkommen! Außerdem hatten wir Zeit. Meine Gattin war zu Hause und ich nach einem Schlaganfall in Pension!“ Die beschuldigte Frau, 46, arbeitslos, meinte: „Ich habe wenig gewusst über ADHS. Aber ich bin ein geduldiger Mensch. Ich war zufrieden!“
Bub im Keller eingesperrt
Als die Staatsanwältin ihr Eröffnungsplädoyer hielt, herrschte eisiges Schweigen und Fassungslosigkeit im Saal 7 des Landesgerichtes Eisenstadt. Im Zusammenhang mit Quälen und Vernachlässigen einer unmündigen Person sowie dem Verbrechen der fortgesetzten Gewaltausübung berichtete sie über rigorose Erziehungsmaßnahmen. Vom Einsperren des damals fünfjährigen Buben über Nacht in einem Stiegenkammerl bzw. im Keller. Als Bestrafung, wenn er sich nicht so benommen hat, wie von den Pflegeeltern eingefordert.
Schläge mit Hand und Faust
Im Schulalter sei es durch den Pflegevater wöchentlich mehrmals zu Schlägen, teils mit offener Hand, teils mit der Faust, gekommen. „Als Folge, wenn das Kind nicht brav in der Schule war. Deshalb kam es öfters zu Rötungen und Prellungen“, beschrieb die Anklägerin. Die dem Mann auch vorhielt, den Jungen unter die kalte Dusche gestellt zu haben, mit und ohne Kleidung. „Es wurde eine Eier-Uhr auf eine oder zwei Minuten gestellt. Erst wenn es läutete, durfte der Bub gehen!“ Der Mutter warf sie vor, all diese Züchtigungs-Handlungen akzeptiert, geduldet und unterstützt zu haben.

- Da gegen die Frau auch wegen schweren Betruges ermittelt wurde, vertrat Anwalt Mag. Florian Astl (Foto ganz links) das finanziell geschädigte Opfer eines Grundstücks-Deals.
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Weiters trug die Anklägerin vor, dass es keine Süßigkeiten gab und das normale Essen streng rationiert worden ist, obwohl der Knirps Hunger geäußert hatte. Wurde seitens des Volksschulkindes jedoch das kredenzte Schmalzbrot nicht gegessen, sei es „ihm in den Mund gestopft worden!“ Zudem referierte die Staatsanwältin, dass der Bub nach Schlägen ins Gesicht seitens des Pflegevaters starkes Nasenbluten bekommen hatte und er „in dem blutigen Bett schlafen musste!“
An Baum gefesselt
Um nach einer kurzen Pause auszuführen, dass der Junge Angst vor dem Wald hatte. Trotzdem vom Mann nächtens in den Wald gebracht und „dort an einen Baumstamm gefesselt worden ist!“ Als Strafe dafür, weil der Bub nicht zu weinen aufhören wollte. Außerdem habe der Pflegevater zu einem anderen Zeitpunkt dem Kind „die Hose runtergezogen und ihn nackt mit Schnee eingerieben, in Anwesenheit anderer Buben aus der Familie!“
Verteidiger: "Pflegeeltern nicht schuldig!"
Verteidiger Mag. Dr. Gerhard F. Ederer brachte vor, dass sich „die Eltern nicht schuldig bekennen werden, weil sich derartiges keinesfalls ereignet hat!“ Im Zeugenstand erklärten dann Pflegemutter und Pflegevater im Gleichklang, dass keiner der Vorwürfe stimme. „Denn es wurde nie geschlagen, nie eingesperrt und auch sonst gab es keine Sanktionen!“ Im Gegenteil, das Kind habe sich wohlgefühlt und man habe es geliebt, wie sein eigenes.
Sehr zum Erstaunen der Staatsanwältin, die dem Ehepaar vorhielt, dass die zuständige Bezirkshauptmannschaft nach einer Besichtigung im Haus der Pflegeeltern in einem Protokoll festgehalten hat, dass in dem engen, nicht kindergerechten Raum, die Fenstergriffe demontiert waren, es kein Spielzeug gab, Schreibtisch, Lampe und Sessel fehlten und neben einem alten Bett lediglich ein Metallspind als Kasten vorhanden waren. Zu dem amtlichen Vermerk kam es deshalb, weil die Sachverständige sinngemäß anmerkte: „...keine kinderfreundliche Atmosphäre. Zur Anschaffung nötiger Gegenstände und Möbel, inklusiver einer elektrischen Fensterrollo in dem kleinen Zimmer, haben die Pflegeeltern Geld von der BH bekommen. Diese bezahlten Gegenstände waren aber bei der Kontrolle nicht auffindbar!“
Kein Faschingskrapfen
Der Pflegevater, inzwischen von der angeklagten Pflegemutter geschieden, ergänzte: „Wir sind mit dem Bub relativ gut durchgekommen, trotz seiner ADHS-Erkrankung!“ Auf die Frage, warum das Pflegekind Jahre später, die Vorfälle passierten rund um 2010, solche Vorwürfe erheben sollte, wenn „es sich doch eh wohlgefühlt hat, wie sie beide hier erklären?“, fragte die Staatsanwältin. Antwort des Ehepaares: „Darauf kann sich niemand einen Reim machen!“ „Und was sagen sie dazu? Der Bub soll einmal im Pyjama in die Schule gebracht worden sein, mit der Aussage des Pflegevaters ‚Da habt ihr das Möbelstück!‘ Zudem durfte das Kind, laut Direktorin, an einem Faschingsdienstag keinen Krapfen essen, weil es von den Eltern verboten worden ist!“ Zurück kam: „Mit der Direktorin gab es öfters Diskrepanzen!“
Eine Sozialarbeiterin der Bezirkshauptmannschaft bestätigte dann die „eigenartigen“ Zustände in dem Haus der Pflegeeltern und merkte an, dass auch das Verhalten des Ehepaares alles andere als wohlgesonnen und freundlich war. Von solch massiven Übergriffen gegenüber dem Kind inklusive Gewalt habe sie jedoch zum damaligen Zeitpunkt nichts mitbekommen. Die als Zeugin befragte Direktorin führte an, dass einiges bei der Betreuung des Buben nicht in Ordnung gewesen ist und sie deshalb öfters eine Gefährdungsmeldung an die Behörden gemacht hat.
Weitere Zeugen und Akten angefordert
Da sowohl Verteidiger Mag. Dr. Gerhard F. Ederer als auch die Staatsanwältin weitere Zeugen beantragten und zusätzliche Akten seitens des Jugendamtes beschafft werden müssen, vertagte Richterin Mag. Karin Knöchl den Prozess auf unbestimmte Zeit. Es gilt die Unschuldsvermutung.


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