Sommergespräch: „Regional ist die Chance“

„Der Bauernstand wird sich weiterentwickeln“, ist sich Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Hechenberger sicher.
  • „Der Bauernstand wird sich weiterentwickeln“, ist sich Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Hechenberger sicher.
  • hochgeladen von Sieghard Krabichler

BEZIRKSBLÄTTER: Das Vieh ist auf den Almen, das Wetter ist alles andere als gut. Wie geht es der Tiroler Almwirtschaft in diesem Sommer?
„Durch den vielen Schnee hat sich der Almauftrieb verspätet, die Natur hat im Juni aber rasch aufgeholt. Nun machen uns dafür Unwetter zu schaffen. Wir hoffen auf einen schönen August. Sonst sind die Almen gut bestoßen, die Almwirtschaft funktioniert.“
Aber auch im Tal sind die Wetterkapriolen heuer sehr groß. Können die Schäden schon beziffert werden?
„Ja, es sind mehrere Millionen Euro, die meisten im Unterland, aber auch im Außerfern und in Osttirol gibt es Schäden. Es hat heuer bereits viel mehr Unwetter im Vergleich zum Vorjahr gegeben. Die Intensität hat leider auch zugenommen.“
Wird in Tirol die Landwirtschaft zurzeit richtig betrieben oder muss ein Strukturwandel vollzogen werden?
„In Tirol geht der Strukturwandel bei den Bauern wesentlich langsamer als im Rest Öster­reichs vonstatten, bei uns hören weniger Bauern auf. Das liegt auch an der Verbundenheit mit Grund und Boden und der kleinstrukturierten Landwirtschaft. Aber natürlich muss alles daran gesetzt werden, dass die Einkommen der Bauern gesichert sind und die Höfe weitergeführt werden.“
Regionalität ist ein Schlagwort, das immer mehr zur Mode wird. Auch für die Bauern?
„Die Intervalle der Lebensmittelskandale werden immer kürzer. Das Vertrauen der Konsumenten in die regionalen Produkte ist größer geworden. Wir müssen noch an der Produktpalette arbeiten, die Hauptaugenmerke sind Milch und Milchprodukte sowie Rindfleisch und Gemüse. In der Regionalität liegt eine große Chance für die Bauern.“
Manche Preise für Produkte (Mais, Weizen) steigen, Milchprodukte werden wieder billiger. Sind die Tiroler Bauern darauf vorbereitet?
„Nicht wirklich, denn diese Entwicklung trifft die Bauern doppelt. Die Futtermittelpreise steigen, der Milchpreis sinkt. Wir brauchen einen angemessenen Milchpreis, um kostendeckend arbeiten zu können.“
Wo sehen Sie generell das größte Potential für die Tiroler Bauern in der Zukunft?
„Das wäre einmal die Akzeptanz in der Bevölkerung, dass wir eine funktionierende Berglandwirtschaft haben. Diese Sympathie muss sich auch in den Einkommen der Bergbauern niederschlagen. Die Regionalität und die Produktion von gesunden Lebensmitteln sowie die Kooperation zwischen Landwirtschaft und Tourismus, die sich langsam entwickelt, bergen große Potentiale.“
Themenwechsel: Die Jagdgesetznovelle ist gescheitert, ganz rein waren sich die Bauern und die Jäger ja nicht. Wie geht es hier weiter?
„Dieses Scheitern ist für mich schade, das wäre eine große Weiterentwicklung für die Grundbesitzer gewesen. Ich bin aber Realist genug, dass sich hier vor der Landtagswahl nichts mehr tut. Wir werden in den Bezirken aber unsere Vertreter in den Bezirksjagdbeiräten schulen, damit im Rahmen der bestehenden Gesetzeslage alles ausgenützt werden kann und der Wald geschützt wird.“
Die Causa Agrar zieht sich seit Jahren. Wird dadurch das Ansehen der Bauern als „Gesetzesmissachter“ nicht weiter beschädigt?
„Natürlich hat das dem Ansehen der Landwirtschaft nicht gut getan. Mit diesem Thema wird aber oft von der Opposition politisches Kleingeld gewechselt. Gerade die nun erhobenen Vorwürfe in Osttirol, die die Landwirtschaft mit der Naziideologie in Zusammenhang bringen, müssen durch eine Historikerkommission aufgearbeitet werden. Ich lasse mir die Bauern nicht derart verunglimpfen. Deshalb fordere ich die Aufarbeitung bis ins letzte Detail.“
Durch die Vorgänge um den Fohlenhof Ebbs ist die Landwirtschaftskammer in die Kritik geraten. Sind solche Einrichtungen wie Kammern noch modern?
„Gerade in Zeiten wie diesen ist eine gesetzliche Interessenvertretung noch wichtiger als in wirtschaftlich guten. Der Haflingerpferdezuchtverband ist eine eigenständige Organisation.“
Sie werden immer wieder für ein Regierungsamt genannt, sollte Toni Steixner wie angekündigt aus der Politik ausscheiden. Wären Sie bereit?
„Diese Frage stellt sich zurzeit gar nicht, da wir einen starken Agrarlandesrat haben. Es ehrt mich zwar, aber ich werde die Arbeit für die Bauern als Präsident in der Kammer weiterführen. Die Politik ist für mich derzeit kein Thema.“
Definieren Sie Ihr Verhältnis zu Bauernbundchef LHStv. Toni Steixner.
„Ein freundschaftliches, das von sehr guter und konstruktiver Gesprächsbasis gekennzeichnet ist.“

Zur Person
Josef Hechenberger ist Jahrgang 1974 und seit Mai 2007 Präsident der LK Tirol. Er ist verheiratet, hat drei Töchter und bewirtschaftet im Nebenerwerb seinen Bauernhof in Reith im Alpbachtal. Er ist Gemeindevorstand und Ortsparteiobmann in Reith i.A.

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