Nationalsozialismus
Erinnern heißt auch Gerechtigkeit

Bernhard Gitschtaler bei der Lesung in Weißbriach | Foto: Privat
4Bilder
  • Bernhard Gitschtaler bei der Lesung in Weißbriach
  • Foto: Privat
  • hochgeladen von Nicole Schauerte

Im WOCHE-Interview spricht Bernhard Gitschtaler über den Verein "Erinnern Gailtal".

WOCHE: Warum war Ihre Lesung in der Alten Schmiede in Weißbriach besonders?
Bernhard Gitschtaler: Es kamen viele interessierte Zuhörer. Der Raum war sehr voll und die Menschen überaus interessiert.

Wie viele Bücher haben Sie inzwischen herausgebracht?
Der Verein "Erinnern Gailtal" hat inzwischen vier Bücher veröffentlicht. Das Buch "Ausgelöschte Namen" erschien Ende 2015 und ist das Herzstück.

Worum geht es darin?
Wir, das sind insgesamt zwölf Autoren, haben uns durch jahrelange Forschung mit den Verbrechen des Naziregimes im Gailtal und in der Region beschäftigt, es geht um verschleppte, eingesperrte und getötete Menschen.

Wie hoch ist die Zahl?
Wir haben rund 200 Namen von Opfern gefunden und diese in dem Buch veröffentlicht. Am Ende jeder Lesung werden die Namen vorgelesen. Auch ein Symbol dafür, dass wir diese Menschen nicht vergessen wollen. Die Dunkelziffer dürfte aber noch höher sein.

Warum gerieten diese Menschen in den Fokus?
In deren Verständnis ging es unter anderem auch um Produktivität von Menschen und solche, die keinen Beitrag zum Allgemeinwohl leisten konnten. Das waren zum Beispiel Veteranen, Alkoholiker, Behinderte oder Leute, die irgendwie auffielen durch ihr Verhalten.

Was passierte mit ihnen?
Sie wurden häufig offiziell "auf Kur geschickt", stattdessen aber deportiert, eingesperrt und getötet. Die größte Gruppe waren mit 60 Personen Euthanasieopfer. Viele waren einfach arme Menschen ohne Lobby.

Fiel das nicht auf?
Sicher, aber es war auch so, dass kaum jemand Widerstand wagte und zum Beispiel die Geburt eines behinderten Kindes im katholischen Umfeld häufig als eine Art "Strafe Gottes" gesehen wurde.

Warum ist Ihnen dieses Buch so wichtig?
Erinnerung heißt, dass diese Menschen auch nach über 70 Jahren nicht vergessen sind und wenn man auf sie blickt, ist das eine Art, Gerechtigkeit herzustellen.

Wie reagieren die Zuhörer?
Überwiegend positiv. Viele haben nichts davon gewusst, andere sind familiär betroffen und froh darüber, Licht in ein dunkles Kapitel zu bringen.

Wie muss man sich Ihre Arbeit vorstellen?
Es ist oft nicht leicht, Kontakt zu betroffenen Familien herzustellen und Fakten zu sammeln. Wenn wir Kontakt haben, besteht ein Teil der Arbeit auch in der Trauerbewältigung. Wir sind weiter froh über jede Kontaktaufnahme von Angehörigen.

Gibt es ein neues Projekt?
Unter "75 Jahre danach" findet am 18. Juli in Dellach ein Vortrag mit Wanderung zum Platz der Ermordung von Zivilisten in der Karnischen Region statt.

Verein "Erinnern Gailtal" fühlt sich verpflichtet

• ... die nationalsozialistische Vergangenheit von Kärnten, insbesondere vom Gailtal und seiner Umgebung, wissenschaftlich und kritisch zu erforschen und aufzuarbeiten.
• Wahrung und Weitertragen des Vermächtnisses aller von den Nationalsozialisten Verfolgten und Getöteten.
• Engagement für ein Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus in der Bezirkshauptstadt Hermagor. Im gesamten Gailtal gibt es bisher kein solches Denkmal.
• Die Mitgestaltung und Mitarbeit bei der Etablierung einer anderen, kritischen Erinnerungskultur und Gedenkstättenpolitik im Gailtal und in Kärnten.

Was kann man mit Büchern erreichen?

Vier Bücher haben der Politikwissenschaftler und Sozialarbeiter Bernhard Gitschtaler und der Verein "Erinnern Gailtal" im Laufe der letzten Jahre herausgebracht. Alle befassen sich mit der Zeit des Nazi-Regimes und des Zweiten Weltkriegs in dieser Region. "Erinnern heißt für uns, dass wir die Menschen, die in dieser Zeit zu Opfern wurden, nicht vergessen," erklärt der 31-Jährige mit Nachdruck. "Für den Verein "Erinnern Gailtal" ist es wichtig, dass unsere Forschungsarbeit transparent und nachvollziehbar durchgeführt wird." Viele Texte sind auf der Homepage verfügbar. Die Buchtitel lauten: Das Gailtal unterm Hakenkreuz, Ausgelöschte Namen, Gailtaler Zeitpunkte und Geerbtes Schweigen. Wichtig ist ist es dem Verein auch, immer wieder eine Parallelen von Geschichte und aktuellem Zeitgeschehen hinzuweisen.

Anzeige
Ein Event für alle: THE LAKE ROCKS SUP FESTIVAL am Faaker See vom 9. -14. Mai.  | Foto: Andy Klotz Fotografie
24

THE LAKE ROCKS SUP Festival 2024
Paddelspaß für alle am Faaker See

Die Stand Up Paddel Welt blickt Anfang Mai wieder auf den Faaker See und macht das THE LAKE ROCKS Festival zu einem Event für jedermann: Es lädt zum Anfeuern, Ausprobieren und Mitpaddeln. FAAKER SEE. Villach wird einmal mehr seinem Ruf als DIE Paddelstadt im Alpen-Adria-Raum gerecht, wenn vom 9. bis 12. Mai 2024 das THE LAKE ROCKS SUP Festival zum dritten Mal in die Draustadt einlädt. Wettkämpfe, Rahmenprogramm und kostenlose Testmöglichkeiten bieten ein abwechslungsreiches Programm für...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.