Fassaden in Wien
Diese Gründerzeithäuser treiben es zu bunt
Die Fassadenfarbe von Gründerzeithäusern muss dem örtlichen Stadtbild entsprechen.
OTTAKRING/HERNALS. Das "Schmuckstück der Woche" ist eine beliebte Rubrik bei den bz-Lesern. Das am 6. März abgedruckte blau-gelbe Gründerzeithaus (siehe linkes Bild) ist Architekt Georg Fuchs vom Büro "müller&fuchs" sofort ins Auge gestochen.
Eine E-Mail ließ nicht lange auf sich warten: "Ich finde es richtig, dass Sie den Geschmack der Leser veröffentlichen, aber ich befürchte, Sie hegen damit Fantasien bei Hausbesitzern, die die Stadt Wien so gar nicht teilt."
Fuchs spricht damit die außergewöhnliche Farbe des Gründerzeithauses an. Für eine derartige Farbwahl muss die Magistratsabteilung 19 für Architektur und Stadtgestaltung nämlich eine Bewilligung ausstellen. "Diese würde eine Fassade in diesen Farben so nicht bewilligen, weil die Farben und die Kombination historisch nicht richtig sind", meint Fuchs.
Farben nicht korrekt
Der Architekt hat recht. Auf Nachfrage teilt die MA 19 mit: "Die blaue Fassadenfärbelung weist keinen Bezug zu tradierter Farbgestaltung von Gründerzeithäusern auf. Außerdem ist kein Bezug zu einem örtlichen Farbkanon zu erkennen."
Ein weiteres Negativbeispiel hat die bz mit einem grünen Haus in Ottakring gefunden. Die Begründung der MA 19: "Es gibt weder einen baukulturellen oder historischen Bezug noch einem Bezug zur Farbgestaltung der Gebäude im Umfeld."
Welche Farbe ist die richtige?
Doch was ist erlaubt? Was ist genehmigungspflichtig? Die Gründerzeit beschränkt sich auf den Zeitraum von 1848 bis 1918. Aus baukultureller Sicht ist diese Periode zwischen Biedermeier und Moderne anzusiedeln.
Zur Farbgestaltung gibt es gesetzliche Grundlagen, welche in §85 der Bauordnung zu finden sind. Dieser besagt, dass die Einheitlichkeit des örtlichen Stadtbildes (auch im Bezug auf die Farbgebung) nicht gestört oder beeinträchtigt werden darf. Die Einhaltung der Gesetze obliegt dem Hausbesitzer. Ein neuer Farbanstrich wird dabei nicht als Baumaßnahme im eigentlichen Sinne gewertet.
"Erst im Falle einer Beschwerde wird die MA 37 (Baupolizei) tätig und holt sich zu einer umgefärbten Fassade ein Gutachten der MA 19 ein", klärt Robert Kniefacz von ebendieser auf.
Anders verhält es sich in genau definierten Schutzzonen. In Bereichen wie der gesamten Innenstadt oder in Grinzing schaut die Stadt genauer hin. "Hier ist jede farbliche Veränderung von Gebäuden anzeigepflichtig", hält Kniefacz fest.
Bleibt zu hinterfragen, wie viele Hausbesitzer sich tatsächlich an die Vorgaben der Stadt halten. Bei all den Richtlinien gilt scheinbar auch oft: "Wo kein Kläger, da kein Richter."
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
1 Kommentar
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.