Konstruktive Vorschläge: Neues vom Winterthurgebäude
Zwei neue Vorschläge zum heiß diskutierten Aufbau des Winterthurgebäudes: Geht es nach dem Bezirk, soll das Bürohaus bei einer Aufstockung von der Karlskirche abrücken. Geht es nach Wiens Bürgermeister Michael Häupl, soll das Gebäude als Erweiterung für das Wien Museum gekauft werden.
WIEN. Die Meinungen um den Ausbau des Winterthurgebäudes direkt neben der barocken Karlskirche gehen nach wie vor auseinander. Während auf der Info-Webseite www.karlsplatz9.at der Zürich Versicherung – Eigentümer des Gebäudes – von "frischer Optik für den Karlsplatz" die Rede ist, sorgt sich die Bürgerinitiative "Rettet die Karlskirche" weiterhin um den UNESCO-Status "Weltkulturerbe".
Spielten sich die Diskussionen bisher auf bezirkspolitischer Ebene ab, ergreift nun Bürgermeister Michael Häupl das Wort. Scheinbar ist der Stadtchef nicht sonderlich begeistert von einem nüchternen Glasklotz neben der barocken Karlskirche, da er den Vorschlag für einen Kauf des Gebäudes ins Spiel bringt.
Gebäude kaufen
In einem Interview mit der "Kronen Zeitung" sagte der SPÖ-Politiker, man sollte einen Kauf des Winterthurgebäudes zwecks Erweiterung des Wien Museum in Erwägung ziehen. Die Zürich Versicherung könnte sich im Falle eines Verkaufs an die Gemeinde Wien einen anderen Standort für ihr Bürogebäude suchen.
Bei den Gegnern der Aufstockung des Bürogebäudes - neben ÖVP und FPÖ sprechen sich auch Anrainer gegen den Zehn-Meter-Ausbau aus; die Online-Petition "Rettet die Karlskirche" haben bereits 6,473 Personen unterschrieben - zeigt man sich von Häupls worte positiv überrascht. Die grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou hingegen spricht "Wien heute" gegenüber von einem schlechten Timing ihres Koalitionspartners. Häupl hätte laut Vassilakou bereits zu Beginn des Vorhabens seinen Wunsch äußern sollen. Nun wären sowohl beim Kulturressort als auch bei der Zürich-Versicherung bereits "umfassende Kosten angefallen", nimmt Vassilakou auf die Finanzen des größten Versicherungskonzerns der Schweiz Rücksicht.
Wunsch nach Abrückung
Auch der SPÖ-Bezirksvorsteher der Wieden, auf deren Boden sich sowohl Karlskirche als auch Winterthurgebäude befinden, hat sich Gedanken gemacht und den Wunsch des Bezirks berits vor einer Woche dem schweizer Unternehmen mitgeteilt. "Ich habe der Zürich Versicherung mitgeteilt, dass das Gebäude im Falle einer Aufstockung von der Karlskirche abrücken soll", so Plasch zur bz. "Ich bemühe mich um eine passende Lösung für den Bezirk." Als passende Lösung dürfte die gewünschte Abrückung vom Gotteshaus bei der Zürich Versicherung allerdings nicht empfunden werden.
"Im Zuges des Architekturwettbewerbes für den Ausbau wurden von einer Fachjury, in der auch Vertreter der Stadt Wien Sitz und Stimme hatten, zahlreiche Entwürfe bewertet. Keiner davon hat einen verkürzten Seitenteil vorgesehen, um den Abstand zur Karlskirche zu verringern. Auch das Siegerprojekt nicht", nimmt das Unternehmen Stellung zu Plaschs Vorschlag.
Zürich von einem Abrücken nicht begeistert
Der größte Versicherungskonzern der Schweiz hält an seinem Siegerprojekt fest, das vom Architekturbüro Henke Schreieck stammt. Der Wunsch des Bezirks fällt für das Unternehmen zu turmartig aus. "Der vorliegende Lösungsvorschlag nimmt auf Proportionen und Symmetrie des Gebäudes und des Gesamtensembles Rücksicht. Durch Angleichung der Bauhöhen wird die Dachlandschaft beruhigt", so die Leiterin der Unternehmenskommunikation Daniela Sisa. "Wir sehen keine Veranlassung, die fachliche Tätigkeit bestens qualifizierter Architektenteams und des Preisgerichts des Wettbewerbs infrage zu stellen, zumal das Flächenwidmungsverfahren bereits im Laufen ist."
Kein Ende in Sicht
"Im Laufen" heißt jedoch nicht, dass die Pläne zur Aufstockung um zehn Meter fix umgesetzt werden. Erst muss der Plan im Fachbeirat für Stadtplanung und Stadtgestaltung – ein Gremium bestehend aus Experten – bestehen. Gänzlich neu dürften die Pläne dem Fachbeirat allerdings nicht sein, da der Vorsitzende des Beirats Rüdiger Lainer auch als Vorsitzender in der achtköpfigen Expertenjury des Architekturwettbewerbes der Zürich Versicherung saß.
Ein Ende der Verhandlungen rund um die umstrittene Aufstockung könnte mit dem lösungsorientierten Vorschlag des Bürgermeisters beschleunigt werden. Bezirkschef Plasch plant für Ende März/Anfang April eine weitere Bürgerversammlung, um die Bezirksbewohner über den neuesten Stand der Dinge zu informieren.
Hintergrund
Bericht:Karlskirche droht 1970er-Flair
Karlskirche vs. Winterthurgebäude
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